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Delisting- Änderung der Rechtsprechung bietet Unternehmen erleichterten Segmentswechsel oder Rückzug von der Börse an

Frankfurt am Main, den 09.04.2014 von Oliver Krautscheid


Die neuste Rechtssprechungsänderung durch die Frosta- Entscheidung des BGH vom 8.10.2013, II ZB 26/12 bringt zwei grundlegende Änderungen mit sich. Zum einen braucht reguläres Delisting, sowie Downgrading fortan keinen Hauptversammlungsbeschluss mehr und zum anderen fällt die Pflicht eines angemessenen im Spruchverfahren nachprüfbaren Abfindungsangebotes an die Aktionäre im Zuge eines regulären Delistings weg.

Der Emittent kann somit ohne Hauptversammlungsbeschluss die Zulassung der Aktien zum Handel an der Börse widerrufen. Ein Anspruch der Aktionäre auf eine im Spruchverfahren nachprüfbare Barabfindung in Höhe des Verkehrswertes gibt es nicht mehr. Damit wurden die Grundsätze der alten Macrotron- Rechtsprechung des BGH vom 25.11.2002 zum Delisting, die beides vorsahen aufgegeben. Die Entscheidung eines Delistings oder Downgradings ist nur eine reine Geschäftsführungsmaßnahme, wie sich actus contrarius mangels Aufnahme in den Katalog der Hauptversammlungskompetenzen in § 119 Abs.1 AktG ergibt. Ferner geht mit der Delisting-Entscheidung auch kein Mediatisierungseffekt einher, der eine ungeschriebene Alleinzuständigkeit der Hauptversammlung begründen würde. Als Geschäftsführungsmaßnahmen können Delisting und Downgrading allerding ggfs. der Zustimmung des Aufsichtsrates gemäß § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG unterliegen, deren Voraussetzungen allein durch die BörsG und die Börsenordnungen bestimmt werden.

Folglich hat der Emittent in Zukunft lediglich die kapitalmarktrechtlichen Vorgaben aus § 39 Abs.2 BörsG (potenzielles Risiko) zu beachten, wonach der Widerruf der Zulassung zum Handel im regulierten Markt nicht dem Schutz der Aktionäre widersprechen darf. Einzelheiten der Voraussetzungen und Ausnahmen sind in der jeweils geltenden regionalen Börsenordnung geregelt.

Früher wurde mit der Macrotron- Rechtsprechung des BGH vom 25.11.2002 vertreten, dass der Wert einer Aktie durch die Möglichkeit sie zu handeln geprägt ist.

Der Verkehrswert und die jederzeitige Möglichkeit seiner Realisierung seien Eigenschaften des Aktieneigentums, die wie dieses selbst verfassungsrechtlichen Schutz genössen. Daher war nach alter Rechtsprechung zum hinreichenden Schutz der Aktionäre durch Art. 14 Abs.1 GG, ein Hauptversammlungsbeschluss mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich und den Aktionären sollte ein Pflichtangebot durch die Gesellschaft oder Großaktionär gemacht werden, dass dem vollen Wert des Aktieneigentums entspricht und darüber hinaus in einem Spruchverfahren der gerichtlichen Kontrolle unterworfen ist.

Diese für Unternehmen erhebliche Hürde zur Durchführung eines Delisting, die aber zugleich auch dem Schutz des Aktieneigentums der Minderheitsaktionäre diente, wurde mit der neuen Rechtsprechung abgebaut. Der Wechsel eines Unternehmens in ein niedrigeres Börsensegment, wie den „Entry Standard“ (Frankfurt), den m:access (München), „Freiverkehr Plus“ (Stuttgart) oder in den regulären Freiverkehr, als auch die Realisierung eines Börsenrückzugs wurden infolgedessen unter formellen, zeitlichen und finanziellen Aufwand erheblich erleichtert.

Der Widerruf der Börsenzulassung ohne Hauptversammlungsbeschluss und Barabfindungszahlung stellt auch in beiden Konstellationen kein Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG dar. Denn zu dem geschützten Bestand von Art. 14 Abs.1 GG zählt nur die rechtliche Verkehrsfähigkeit, während die tatsächliche Handelbarkeit, also tatsächliche  Verkehrsfähigkeit eine schlichte Ertrags- und Handelschance ist, die nicht vom Schutzbereich erfasst ist.

Als Schutz verbleibt den betroffenen Aktionären lediglich sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mit Widerspruch oder Anfechtungsklage gegen den Widerruf der Zulassung zu wehren.

Das derzeit bekannteste vom Delisting betroffene Unternehmen ist die Air Berlin AG, daneben stehen weitere Unternehmen, wie Solarpraxis AG, EPG AG, Schuler AG, Swarco Traffic Holding AG.

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Oliver Krautscheid
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