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Strategie

(Vorab-)information an den Aufsichtsratsvorsitzenden – bei Unternehmenszusammenschlüsse und Akquisitionsvorhaben

Frankfurt am Main, den 30.08.2015 von Oliver Krautscheid


Unternehmenszusammenschlüsse und Akquisitionsvorhaben sind ein besonders sensibles Feld, in dem die Beteiligten auf ein besonderes Maß an Vertraulichkeit angewiesen sind. Werden Vorhaben wie ein Zusammenschluss oder eine Übernahme vorzeitig bekannt, kann dies erhebliche Auswirkungen auf den Aktienkurs haben.

Aufsichtsrat und Vorstand börsennotierter Gesellschaften unterliegen neben der allgemeinen (§§ 93 Absatz 1 Satz 3, 116 AktG) auch der kapitalmarktrechtlichen Verschwiegenheitspflicht nach § 14 Absatz 1 Nr. 2 WpHG. Eine Befreiung von der Pflicht zur Ad-hoc Publizität gemäß § 15 Absatz 1 WpHG kommt nur in Betracht, wenn der Emittent die Vertraulichkeit der Insiderinformationen gewährleisten kann, § 15 Absatz 3 WpHG.

Infolgedessen ergeben sich Fragen, hinsichtlich der Informationspflichten des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat. Konkreter, welche Auswirkung hat die möglichst vertraulichen Behandlung von Unternehmenszusammenschlüsse und Akquisitionsvorhaben auf den gesellschaftsinternen Informationsfluss von Aufsichtsrat und Vorstand. Zu welcher Zeit hat der Vorstand welche Informationen und in welcher Form an den Aufsichtsrat zu leiten, dass ist die Frage, welche sich bei jedem Verfahrensschritt einer  Akquisition stellt.

Das OLG Frankfurt beschäftigte sich mit der Frage, ob eine Vorabinformation des Vorstands an den Aufsichtsratsvorsitzenden im frühen Stadium der Transaktionsvorbereitung zulässig ist. Der Vorstand hat zum einen die Verpflichtung den Kreis der Eingeweihten so klein wie möglich zu halten, zum anderen hat er aber auch ein Interesse daran, beim Aufsichtsrat vorzufühlen, ob eine Zustimmung für die Durchführung des Akquisitionsvorhabens erteilt wird. Dies könnte jedoch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichheit aller Aufsichtsratsmitglieder verstoßen. Allerdings hat der Aufsichtsratsvorsitzende im Aufsichtsrat eine hervorgehobene Stellung. Auch ist er in der Regel mit den Verhältnissen der Gesellschaft besser vertraut als die übrigen Aufsichtsratsmitglieder. Die Auswahl die Informationen mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden vorab zu besprechen, erfolgt demnach aus sachlichen Erwägungen. Gesetzlich ist es folglich zulässig, dass der Vorstand nur den Aufsichtsratsvorsitzenden im frühzeitigen Stadium der Akquisition, zu der gesetzlich noch keine Berichtspflicht besteht,  in seine Überlegung einweiht. Der Aufsichtsratsvorsitzende ist seinerseits, solange noch keine Berichtspflicht besteht, nicht verpflichtet die erhaltenen Informationen an den Gesamtaufsichtsrat weiterzugeben.

Die gesetzliche Grundlage der Berichtspflicht des Vorstands an den Aufsichtsrat ist § 90 Absatz 1 AktG. Handelt es sich bei der Akquisition um ein Geschäft, das für die Rentabilität und Liquidität der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung ist, so besteht die Pflicht den Aufsichtsrat zu informieren aus § 90 Absatz 1 Nr. 4 AktG. Der Zeitpunkt für die Berichterstattung lässt sich § 90 Absatz 2 und 4 AktG entnehmen. Nach Absatz 2 Nr. 1 sind periodische Berichte mindestens einmal jährlich vorzunehmen, wenn nicht Änderungen der Lage oder neue Fragen eine unverzügliche Berichterstattung gebieten. Anlassbezogene Berichte sind rechtzeitig zu erstatten, sodass der Aufsichtsrat Gelegenheit hat, zu ihnen Stellung zu nehmen. Sonderberichte sind demgegenüber unverzüglich zu erstatten. Für alle Berichte gemeinsam gilt, dass diese rechtzeitig dem Aufsichtsrat zu erstatten sind. Die Rechtsprechung vertritt, dass das Erfordernis sicherstellen soll, dass der Aufsichtsrat die Berichte jedenfalls vor der Sitzung zu übermitteln sind, sodass dieser Gelegenheit hat diese zu lesen. Je umfangreicher die Unterlagen, desto mehr Zeit muss dafür eingeplant werden.

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Oliver Krautscheid

Delisting- Änderung der Rechtsprechung bietet Unternehmen erleichterten Segmentswechsel oder Rückzug von der Börse an

Frankfurt am Main, den 09.04.2014 von Oliver Krautscheid


Die neuste Rechtssprechungsänderung durch die Frosta- Entscheidung des BGH vom 8.10.2013, II ZB 26/12 bringt zwei grundlegende Änderungen mit sich. Zum einen braucht reguläres Delisting, sowie Downgrading fortan keinen Hauptversammlungsbeschluss mehr und zum anderen fällt die Pflicht eines angemessenen im Spruchverfahren nachprüfbaren Abfindungsangebotes an die Aktionäre im Zuge eines regulären Delistings weg.

Der Emittent kann somit ohne Hauptversammlungsbeschluss die Zulassung der Aktien zum Handel an der Börse widerrufen. Ein Anspruch der Aktionäre auf eine im Spruchverfahren nachprüfbare Barabfindung in Höhe des Verkehrswertes gibt es nicht mehr. Damit wurden die Grundsätze der alten Macrotron- Rechtsprechung des BGH vom 25.11.2002 zum Delisting, die beides vorsahen aufgegeben. Die Entscheidung eines Delistings oder Downgradings ist nur eine reine Geschäftsführungsmaßnahme, wie sich actus contrarius mangels Aufnahme in den Katalog der Hauptversammlungskompetenzen in § 119 Abs.1 AktG ergibt. Ferner geht mit der Delisting-Entscheidung auch kein Mediatisierungseffekt einher, der eine ungeschriebene Alleinzuständigkeit der Hauptversammlung begründen würde. Als Geschäftsführungsmaßnahmen können Delisting und Downgrading allerding ggfs. der Zustimmung des Aufsichtsrates gemäß § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG unterliegen, deren Voraussetzungen allein durch die BörsG und die Börsenordnungen bestimmt werden.

Folglich hat der Emittent in Zukunft lediglich die kapitalmarktrechtlichen Vorgaben aus § 39 Abs.2 BörsG (potenzielles Risiko) zu beachten, wonach der Widerruf der Zulassung zum Handel im regulierten Markt nicht dem Schutz der Aktionäre widersprechen darf. Einzelheiten der Voraussetzungen und Ausnahmen sind in der jeweils geltenden regionalen Börsenordnung geregelt.

Früher wurde mit der Macrotron- Rechtsprechung des BGH vom 25.11.2002 vertreten, dass der Wert einer Aktie durch die Möglichkeit sie zu handeln geprägt ist.

Der Verkehrswert und die jederzeitige Möglichkeit seiner Realisierung seien Eigenschaften des Aktieneigentums, die wie dieses selbst verfassungsrechtlichen Schutz genössen. Daher war nach alter Rechtsprechung zum hinreichenden Schutz der Aktionäre durch Art. 14 Abs.1 GG, ein Hauptversammlungsbeschluss mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich und den Aktionären sollte ein Pflichtangebot durch die Gesellschaft oder Großaktionär gemacht werden, dass dem vollen Wert des Aktieneigentums entspricht und darüber hinaus in einem Spruchverfahren der gerichtlichen Kontrolle unterworfen ist.

Diese für Unternehmen erhebliche Hürde zur Durchführung eines Delisting, die aber zugleich auch dem Schutz des Aktieneigentums der Minderheitsaktionäre diente, wurde mit der neuen Rechtsprechung abgebaut. Der Wechsel eines Unternehmens in ein niedrigeres Börsensegment, wie den „Entry Standard“ (Frankfurt), den m:access (München), „Freiverkehr Plus“ (Stuttgart) oder in den regulären Freiverkehr, als auch die Realisierung eines Börsenrückzugs wurden infolgedessen unter formellen, zeitlichen und finanziellen Aufwand erheblich erleichtert.

Der Widerruf der Börsenzulassung ohne Hauptversammlungsbeschluss und Barabfindungszahlung stellt auch in beiden Konstellationen kein Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG dar. Denn zu dem geschützten Bestand von Art. 14 Abs.1 GG zählt nur die rechtliche Verkehrsfähigkeit, während die tatsächliche Handelbarkeit, also tatsächliche  Verkehrsfähigkeit eine schlichte Ertrags- und Handelschance ist, die nicht vom Schutzbereich erfasst ist.

Als Schutz verbleibt den betroffenen Aktionären lediglich sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mit Widerspruch oder Anfechtungsklage gegen den Widerruf der Zulassung zu wehren.

Das derzeit bekannteste vom Delisting betroffene Unternehmen ist die Air Berlin AG, daneben stehen weitere Unternehmen, wie Solarpraxis AG, EPG AG, Schuler AG, Swarco Traffic Holding AG.

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Oliver Krautscheid
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