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Management – HR

Abberufung von Vorstandsmitgliedern wegen Vertrauensentzug

Frankfurt, den 05.07.2014 von Oliver Krautscheid


Das Aktiengesetz von 1937 verteilte die Aufgaben zwischen den Organen der AG neu. Dem Vorstand kam danach eine Leitungsfunktion und dem Aufsichtsrat eine Überwachungsfunktion zu. Die Hauptversammlung konnte aus eigener Initiative keinen Einfluss mehr auf die Geschäftsführung nehmen. Die ausschließliche Zuständigkeit für die Abberufung und Bestellung von Vorstandsmitgliedern liegt von dort an beim Aufsichtsrat.

Durch die Reform 1937 wurde bewusst eine unabhängige Stellung des Vorstandes eingeführt. Die  Abberufung von Vorstandsmitgliedern soll nicht frei möglich sein, sondern setzt das Vorliegen eines wichtigen Grundes voraus. Dies soll eine unabhängige Position des Vorstandes stärken und ihn nicht einer Drucksituation aussetzen, willkürlich einer Abberufung ausgesetzt zu sein, was sich wiederum auf die Vornahme von Geschäftsführungsmaßnahmen auswirken würde.

Ein Abberufungsgrund kann gemäß § 84 Absatz 3 Satz 2 AktG der Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung sein.  Entgegen der Aufgabenverteilung nach der Reform 1937 ist damit nun doch eine Einflussmöglichkeit der Hauptversammlung bei Personalentscheidungen auf Vorstandsebene gegeben.

Problematisch ist auch, dass es sich bei dem Begriff Vertrauensentzug, um ein kaum justiziables psychologisches Tatbestandsmerkmal handelt, welches die Gefahr mit sich bringt nur vorgeschoben zu werden um unliebsame Vorstandsmitglieder los zu werden. § 84 Absatz 2 Satz 3 AktG bestimmt allerdings, dass dann kein wichtiger Grund vorliegt, wenn das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist. Für die Tatsache, dass der Vertrauensentzug aus offenbar unsachlichen Gründen erfolgte, ist das Vorstandsmitglied bei gerichtlicher Geltendmachung beweispflichtig.

Bei einem größeren Aktionärskreis ohne Mehrheitsaktionär wird dies auch für sachgerecht gehalten, da dort der Beschluss der Hauptversammlung über den Vertrauensentzug grundsätzlich seine Richtigkeitsgewähr in sich trägt.

Problematischer ist es bei einer Aktiengesellschaft mit einem Aktionär, der die Hauptversammlungsmehrheit besitzt und möglicherweise selbst im Aufsichtsrat sitzt. In dieser Konstellation besteht die Gefahr, dass der Mehrheitsaktionär das Mittel des Vertrauensentzugs benutzt, um ihm nicht genehme Vorstandsmitglieder abzuberufen. Dies kann vor allem dann der Fall sein, wenn eine Geschäftsführungsmaßnahme nicht dem Willen des Mehrheitsaktionärs entspricht. Den Hauptversammlungsbeschluss könnte der Mehrheitsaktionär allein herbeiführen. Dieses Missbrauchsverhalten würde der Wertung des § 117 AktG widersprechen und einen offenbar unsachlichen Grund i.S.d. § 84 Absatz 2 Satz 3 AktG darstellen. Wenn hier dem Vorstandsmitglied die Beweislast aufzuerlegen wäre, hätte dieser wohl kaum eine Chance dem willkürlichen Vertrauensentzug entgegenzuwirken. Daher wird es als sachgerecht erachtet, die Regeln der sekundären Darlegungs- und Beweislast anzuwenden. Das heißt, wenn das Vorstandsmitglied substantiiert darlegt, dass die Abberufung aus anderen Gründen als einem Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung erfolgte, muss die Gesellschaft im Rahmen ihrer sekundären Darlegungs- und Beweispflicht sachliche Gründe darlegen, aufgrund derer die Hauptversammlung dem Vorstandsmitglied das Vertrauen entzogen hat.

Die Beschlussfassung über den Vertrauensentzug kann nur auf Antrag von Aktionären zum Gegenstand der Tagesordnung einer Hauptversammlung gemacht werden, nicht hingegen durch die Verwaltung.

 

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Oliver Krautscheid

Abberufung eines Vorstandsmitgliedes auf Verdacht – § 84 Absatz 3 AktG

Frankfurt am Main, den 28.06.2014 von Oliver Krautscheid


Besteht ein unsicherer Umstand sprich ein Verdacht, dass ein Vorstandsmitglied eine Straftat oder eine Pflichtverletzung begangen hat, so ist es für den Aufsichtsrat von Interesse, ob dies bereits zum Widerruf der Bestellung eines Vorstandsmitgliedes gemäß § 84 Absatz 3 AktG berechtigt. § 84 Absatz 3 Satz 1 AktG bestimmt, dass der Aufsichtsrat zur Abberufung eines Vorstandsmitglieds nur berechtigt ist, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Als solch einen wichtigen Grund nennt § 84 Absatz 3 Satz 2 AktG grobe Pflichtverletzungen, die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung oder Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung. Somit ist fraglich, ob bereits der Verdacht eines Fehlverhaltens einen wichtigen Grund darstellen kann. Zieht man eine Parallele zur arbeitsrechtlichen Verdachtskündigung als etabliertes Parallelinstitut, so kann nach dem BAG, der auf objektive Tatsachen gegründete, dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung einen wichtigen Grund zur Kündigung i.S.v. § 626 Absatz 1 BGB darstellen. Nach dem BGH lassen sich die Grundsätze zur arbeitsvertraglichen Verdachtskündigung auf sämtliche personenbezogene Dauerschuldverhältnisse übertragen, so zum einen beim Geschäftsführer einer GmbH und zum anderen konsequenterweise beim Anstellungsvertrag des Vorstandmitglieds bei der AG. Dies ergibt sich ferner aus § 84 Absatz 3 Satz 5 AktG, der auf die allgemeinen Vorschriften und damit eben auch auf § 626 BGB für den Anstellungsvertrag Bezug nimmt.

Festgehalten werden kann damit, dass bei Verdacht eines grob pflichtwidrigen Verhaltens des Vorstandsmitglieds, der Aufsichtsrat die Bestellung aus wichtigem Grund gemäß § 84 Absatz 3 Satz 1 AktG wiederrufen kann. Ebenso wenn ein Verdacht besteht, der die Fortsetzung des Organverhältnisses bis zum Ende der Amtszeit unzumutbar macht. Der Verlust des Vertrauens durch die Hauptversammlung kann aufgrund der durch die organrechtlichen Beziehung zwischen Organwalter und Gesellschaft geschaffene Vertrauensstellung, den Fortbestand des Mandats unzumutbar machen.

Ob der in Frage stehende Verdacht bereits einen wichtigen Grund darstellt, bemisst sich einzig an den Interessen der Gesellschaft. Aufgrund der Doppelstellung des Vorstandes als treuhänderische Vertrauensperson und imageprägender Repräsentant der Aktiengesellschaft, kann schon die Öffentlichkeitswirkung der Gesellschaft einen Verdacht begründen, der zum wichtigen Grund für die Abberufung führt. Durch diesen Maßstab kann auch ein Unschuldiger von einer Verdachtsabberufung betroffen sein. Die Grenze ist daher bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten zu ziehen.

Zu beachten ist allerdings, dass die Abberufung nur auf einen Verdacht gestützt werden kann, wenn dieser auf objektiv nachprüfbare Tatsachen beruht. Dies ist einem effektiven Rechtsschutz des betroffenen Organwalters geschuldet. Ferner ist es eine prozessuale Wirksamkeitsvoraussetzung, dass das Vorstandsmitglied vor der Abberufung angehört wird. Hierin liegt ebenfalls eine Parallele zur arbeitsrechtlichen Verdachtskündigung, denn der Arbeitgeber ist verpflichtet alles ihm zumutbare zu unternehmen um den Sachverhalt aufzuklären. Die Verdachtsabberufung unterliegt keiner Frist, lediglich den Grundsätzen der Verwirkung und ist grundsätzlich formlos und ohne Begründung möglich.

Abschließend sei noch erwähnt, dass sollte sich der Verdacht nach Abschluss des Wiedereinstellungsverfahrens als unbegründet herausstellen, dem Vorstandsmitglied kein Wiedereinstellungsanspruch gegen die AG zusteht. Hingegen sind solche  Umstände, die nach der Abberufung bekannt werden und das Vorstandsmitglied entlasten im Wiedereinstellungsprozess zu berücksichtigen.

Im Verhältnis zur Suspendierung, stellt letztere noch nicht eine Verdichtung der Verdachtsmomente dar, welche für eine Verdachtsabberufung zu fordern ist. Die Suspendierung wird als Verbot der Amtsausübung bei gleichzeitig fortbestehendem Mandat verstanden. Die Dauer einer Suspendierung unterliegt engen zeitlichen Grenzen und kommt allenfalls für die Zeit der Sachverhaltsaufklärung durch die Gesellschaft in Betracht.

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Oliver Krautscheid

Vorstandsvergütung- Der Aufsichtsrat und das Bonus-Malus-System mit Rückforderungsvorbehalt

Frankfurt am Main, den 17.05.2014 von Oliver Krautscheid


Mit dem Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) vom 31.7.2009 wurden rechtliche Vorgaben an die Vorstandsvergütung reformiert. Durch die Einfügung der Sätze 2 und 3 in § 87 Abs. 1 AktG wurde festgelegt, dass die Vorstandsvergütungsstruktur bei börsennotierten Aktiengesellschaften auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung auszurichten ist und damit einhergehend variable Vergütungsbestandteile auf einer mehrjährigen Bemessungsgrundlage fußen müssen. Die konkrete Ausgestaltung des Systems, also die Art und Weise, wie die geforderte Nachhaltigkeit der Verhaltensanreize geschaffen wird, überlässt das Gesetz dem Aufsichtsrat. Vorgegeben ist lediglich die mehrjährige Bemessungsgrundlage.

Bonus- Malus- System als denkbare Vertragsgestaltung

Nach einer Ausgestaltung als Bonus-Malus-System würde für das jeweilige Geschäftsjahr ein Teil der Vergütung einbehalten und erst mit nachhaltigem Erfolg ausgezahlt werden. Diese Konstellation ist für ein Vorstandsmitglied wenig attraktiv, da er im ersten Jahr seiner Tätigkeit einem Abzug in der Vergütung ausgesetzt ist. Aus Sicht des Vorstandsmitgliedes erscheint es vorzugwürdig, die volle verdiente variable Vergütung im jeweiligen Geschäftsjahr, unter einem Rückforderungsvorbehalt bei negativer Entwicklung, zu erhalten. Es gibt Stimmen, die diese Konstellation für nicht zulässig erachten, denn so trage die Gesellschaft das Risiko einer späteren Durchsetzung der Rücktrittsforderung. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass dies allenfalls eine Gefahr dieser Konstellation darstellt, aber nicht gleich zu dessen Unzulässigkeit führt. Darüber  hinaus bleibt der Gesellschaft immer noch die Möglichkeit zur Aufrechnung gegen Ansprüche des Vorstandsmitgliedes.

Bonus-Malus System mit Rückforderungsvorbehalt – die konkreten rechtliche Vorgaben sowie Grenzen der Ausgestaltung

Die Gestaltung als Bonus-Malus-System erfüllt die Anforderungen des § 87 Absatz 2 Sätze 2 und 3 AktG in Hinblick auf  Mehrjährigkeit und Langfristigkeit. Die variable Vergütung ist dabei nicht als Abschlagszahlung, sondern als Teil der dem Vorstandsmitglied zustehenden, festgesetzten Vorstandsbezüge anzusehen. Damit fehlt es bei der Auszahlung an einer Entnahme i.S.d. § 89 Abs. 4 AktG und es müssen demnach nicht die Voraussetzungen des Abs. 1 eingehalten werden. Bei dem Modell Bonus-Malus mit Rückforderungsvorbehalt ergibt sich beim Ausscheiden des Vorstandsmitgliedes ein Nachlauf der Vergütung. Daher sollte der Aufsichtsrat eine abschließende Regelung, zu der noch unter dem Vorbehalt der Rückforderung stehenden variablen Vergütungsteile treffen. Bei dieser Entscheidung ist das Aufsichtsratsmitglied nicht völlig frei. Es hat im ersten Schritt eine grobe Prognose über die Zielerreichung zu erfolgen und in einem zweiten Schritt kann dann nach einer Regelung, sowohl für die reguläre als auch für die vorzeitige Beendigung des Anstellungsvertrages, getroffen werden. Eine Abrechnung im Zeitpunkt des Ausscheidens ohne Berücksichtigung des Bonus-Malus-Systems würde dazu führen, dass die Vorstandsmitglieder in den letzten Jahren ihrer Amtszeit ganz überwiegende variable Vergütungskomponenten mit nur kurzfristiger Anreizwirkung erhielten. Für den Abschluss und die Verlängerung von Anstellungsverträgen ist hinsichtlich der darin enthaltenen Vergütungsbestimmungen der Aufsichtsratsplenum zuständig. Konkrete Vergütungsentscheidungen resultierend aus dem Anstellungsvertrag sind ebenfalls vom Aufsichtsratsplenum zu beschließen, soweit es nicht um das Ergebnis einer rechnerischen Ermittlung geht, sondern als Entscheidung basierend auf ihren Ermessensspielraum. Gleiches gilt für die Festlegung der Zielvereinbarung. Die Ziele für eine variable Vergütungskomponente können vorab im Anstellungsvertrag oder in einer separaten Vereinbarung separat vertraglich geregelt werden. Dabei kann die Festlegung der Zielvereinbarung, als Vorschlag, also rechtlich unverbindlich,  allein vom Aufsichtsratsvorsitzenden getroffen werden. Die Zielvereinbarung ist aber erst mit Beschluss des Aufsichtsratsplenums am Ende des Geschäftsjahres rechtlich verbindlich. Erst dann entsteht der Anspruch des Vorstandsmitglieds auf Auszahlung. Darauf sollte das Vorstandsmitglied hingewiesen werden um eventuelle Schadensersatzansprüche zu vermeiden. Eine von einem Aufsichtsratsausschuss getroffener Beschluss über eine Vergütungsentscheidung ist wegen des Delegationsverbotes nach § 107 Abs.3 Satz 3 AktG nichtig. Der Verstoß gegen das Delegationsverbot begründet für die Aufsichtsratsmitglieder eine Schadensersatzpflicht gegenüber der Gesellschaft. Allerdings kann es aufgrund einer zulässigen nachträglichen Genehmigung an einem ersatzfähigen Schaden der Gesellschaft fehlen.

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Oliver Krautscheid

Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrates

Frankfurt am Main, den 10.05.2014 von Oliver Krautscheid


Die Überwachung der Geschäftsführung ist gemäß § 111 Absatz 1 AktG Aufgabe des Aufsichtsrates. Am 26. Juli 2002 ist das Transparenz- und Publizitätsgesetz (TransPuG) mit dem Ziel, die Transparenz der Unternehmensführung und -überwachung zu erhöhen in Kraft getreten. Im Zuge dessen verpflichtet der Gesetzgeber den Aufsichtsrat mit § 111 Absatz 4 Satz 2 AktG zu einer aktiveren Rolle. Neben einer ex-post Überwachung tritt mit dem Erlass von Zustimmungsvorbehalte eine ex-ante Kontrolle. Das mit den Zustimmungsvorbehalten einhergehende Vetorecht ist ein zentrales Kontrollinstrument der Corperate Governance.

Zustimmungsvorbehalte können in der Geschäftsordnung für den Vorstand aufgenommen werden. Nach der Regierungsbegründung zum TransPuG sind die Zustimmungsvorbehalte obligatorisch. Soweit die Hauptversammlung keine Zustimmungsvorbehalte in die Satzung aufnimmt, ist der Aufsichtsrat gefragt. Dabei ist zu beachten, dass die Zustimmungsvorbehalte für bestimmte Arten von Geschäften festgelegt werden. Die Vorbehalte müssen hinreichend bestimmt sein. Allgemein gehaltene, generalartige Klauseln wie etwa alle „bedeutenden Geschäfte“ sind unzulässig, weil sie zu unbestimmt sind. Gesetzliche Regelungen welche Geschäfte dem Zustimmungsvorbehalt unterliegen gibt es nicht. Nach geltendem Recht darf die Satzung den Aufsichtsrat jedenfalls nicht zum Geschäftsführungsorgan aufwerten. Allerdings muss der Aufsichtsrat um seine Aufgabe ordnungsgemäß nachzukommen vorhersehen, welche Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstands der Gesellschaft zum Verhängnis werden können. Dies kann er nur, wenn er seine Befugnisse auf die Verhältnisse der Gesellschaft zuschneiden darf. Das Kontrollinstrument hat aber dort seine Grenzen auf, wo der Vorstand im Routinegeschäft in seiner ihm nach § 76 AktG eingeräumten Befugnis zur selbstverantwortlichen Leitung der Gesellschaft eingeschränkt werden soll. Zustimmungsvorbehalte dürfen daher nur für bedeutende Angelegenheiten angeordnet werden, insbesondere bei fundamentalen Veränderungen der Vermögens-, Finanz-, und Ertragslage. Geschäfte des täglichen Lebens scheiden somit aus.

Zustimmungsvorbehalte werden nach ihrer rechtlichen Innen- und Außenwirkung unterschieden. Der Vorstand darf vor Erteilung der Zustimmung das zustimmungspflichtige Geschäft nicht vornehmen, aber er kann. Das Rechtsgeschäft entfaltet, mit Ausnahme der Fallgruppen zu § 242 BGB, Außenwirkung, denn die Versagung der Zustimmung durch den Aufsichtsrat betrifft nur das Innenverhältnis und stellt folglich eine Pflichtverletzung des Vorstandes gemäß § 82 Abs.2 AktG dar. Diese Pflichtverletzung ist ein wichtiger Grund zum Widerruf der Bestellung darstellt und berechtigt zur fristlosen Kündigung des Dienstvertrages. Dies gilt auch in Eilfällen, da gerade in Hinblick auf die Zulässigkeit fernmündlicher Beschlussfassungen und schriftlicher Stimmabgabe im Aufsichtsrat, eine Unzumutbarkeit der Einholung nicht gegeben sein wird. Nur wenn die Entscheidung keinen Aufschub duldet und die fernmündliche oder schriftliche Beschlussfassung zu spät käme, kann der Vorstand ausnahmsweise ohne Zustimmungsvorbehalt handeln. Dann ist er aber verpflichtet, den Aufsichtsrat umgehend zu informieren und nachträglich eine Genehmigung einzuholen. Liegen die Voraussetzungen der Ausnahmekonstellation vor, darf der Aufsichtsrat diese nicht verweigern. Die Satzung sollte entsprechende Regelungen für den Eilfall aufnehmen.

§  111 Absatz 4 Satz 3 AktG regelt den Fall, wie bei Konflikten zwischen Aufsichtsrat und Vorstand mit dem Zustimmungvorbehalt hinsichtlich Anwendung und Reichweite, vorzugehen ist. Verweigert der Aufsichtsrat seine Zustimmung zu einer Geschäftsführungsmaßnahme, so der Vorstand verlangen, dass die Hauptversammlung über die Zustimmung beschließt. Der Vorstand muss dann die Zustimmung zum Tagesordnungspunkt auf der Hauptversammlung machen.

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Oliver Krautscheid

Unabhängigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern

Frankfurt am Main, den 26.04.2014 von Oliver Krautscheid


Aufsichtsratsmitglieder sind für die Überwachung der Führung des Unternehmens durch den Vorstand verantwortlich. Dabei sind sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zur Wahrung der Unternehmensinteressen und damit dem Interesse aller Aktionäre verpflichtet. Eine unabhängige Amtsführung ist daher ein zentrales Element einer guten Corperate Governance. Die Unabhängigkeit zielt auf die Gewährleistung einer objektiven, unvoreingenommenen sowie unbefangenen Prüfung und Verfolgung des Unternehmensinteresses ab. Es soll verhindert werden, dass Aufsichtsratmitglieder in zwiespaltige Situationen geraten, wodurch die Gefahr geschaffen wird durch eine Drucksituation oder aus unangemessener Rücksichtnahme auf eigene oder fremde Interessen, das Unternehmenswohl aus den Augen zu verlieren oder zu verletzen. In diesem Zusammenhang stellen Vorstandsabhängigkeit und Interessenabhängigkeit, aufgrund von Beeinträchtigungen, die sich durch eventuelle Loyalitäts- oder Rollenkonflikte ergeben können, zwei Quellen für die potenzielle Gefährdung der Unabhängigkeit dar.

In Bezug auf die Vorstandsabhängigkeit ergeben sich Abhängigkeiten aus engen privaten Beziehungen von Aufsichtsratsmitgliedern zum Vorstand oder einzelnen seiner Mitglieder und insbesondere zum Vorstandsvorsitzenden. Dabei können familiäre oder vergleichbare Verbindungen vorliegen. Eine generelle Vorstandsunabhängigkeit soll Loyalitätskonflikte von vorneherein ausschließen. Daneben steht die Interessenabhängigkeit. Wenn über die Aufsichtsratstätigkeit hinaus, weitere Funktionen im Unternehmen wahrgenommen werden, bekleidet eine Personen verschiedene Rollen, die nicht unbedingt mit dem Unternehmensinteresse konform laufen, bzw. auch sich gegenüber gegenläufig sein können. Mit der Interessenunabhängigkeit soll daher verhindert werden das Partikularinteressen dem Unternehmensinteresse übergeordnet werden.

Unabhängigkeit und ihre Beurteilung

Einen Katalog mit Kriterien, wann ein Aufsichtsratsmitglied als abhängig gilt wurde nicht in den Deutschen Corperate Governance Kodex (DCGK) aufgenommen. Anhaltspunkte zur Präzisierung des unbestimmten Unabhängigkeitsbegriffs bieten aber unter anderem das Vorliegen von persönlichen sowie geschäftlichen Beziehungen. Bei persönlichen Beziehungen besteht die Gefahr, dass ein professionelles Kontrollverhältnis überlagert wird und sodann zum Beispiel bei entsprechenden Investitionsvorhaben keine kritische Hinterfragung mehr stattfindet, was zu einer Einbuße der Überwachungseffizienz führt. Geschäftliche Beziehungen umfassen dabei alle Arten ökonomischer Austauschverhältnisse. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um direkte oder indirekte Beziehungen handelt.

Daneben kann die Unabhängigkeit auch durch qualifizierte Interessenskonflikte entfallen. Bei einem qualifizierten Interessenskonflikt ist ein tatsächlicher Interessenskonflikt aufgrund der geschäftlichen Beziehung gar nicht erforderlich. Nach dem Kodex ist es ausreichend, wenn die entsprechende Geschäftsbeziehung einen Interessenskonflikt begründen kann. Es soll folglich der potentielle Interessenskonflikt bereits eine Unabhängigkeit entfallen lassen. Voraussetzung für den Wegfall der Unabhängigkeit ist allerdings zum einen, dass die geschäftliche Beziehung dauerhaft und nicht nur vorübergehend zu einem Interessenskonflikt führt und zum anderen muss es sich um einen wesentlichen Interessenskonflikt handeln. Wann ein Interessenskonflikt als wesentlich zu erachten ist, ist anhand einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln. Fraglich ist nur anhand welches Kriteriums die Betrachtung vorzunehmen ist. Der reinen Umsatz- oder Einkommensrelation zwischen Aufsitzratsmitglied und Gesellschaft soll dabei keine maßgebliche Bedeutung zukommen. Dem kann nur eine Indizwirkung zugesprochen werden. Vorzugsweise ist eine risikoorientierte Betrachtung vorzunehmen.

  •   „Welche Bedeutung hat die Geschäftsbeziehung für den Geschäftserfolg des Aufsichtsratsmitglieds bzw. eines ihm zuzurechnenden Unternehmens?
  •   Liegt in der Geschäftsbeziehung ein Klumpen- Risiko?
  •   Sind Gegenstände der Geschäftsbeziehung „erfolgskritische Komponenten“?
  •   Mit welcher Marktmacht ist die jeweilige Gegenseite ausgestattet?“ (AG 9/2013 S.345)

Beurteilungsperspektive für die Wesentlichkeit der Geschäftsbeziehung ist dabei sowohl die Sicht des Aufsichtsrates als auch der Gesellschaft, bei der die Aufsichtsratstätigkeit wahrgenommen wird. Als Zeitraum für die Betrachtung möglicherweise unabhängigkeitsgefährdender Beziehungen werden in etwa drei Jahre erachtet.

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Oliver Krautscheid

Der unabhängige Finanzexperte

Frankfurt am Main, den 26.04.2014 von Oliver Krautscheid


Die Finanzkrise hat in Aufsichtsräten als Kontrollinstanz Schwachstellen aufgedeckt. Infolge der sich daraus ergebenen Erfahrungen haben sich seit dem Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) am 29. Mai 2009, die Anforderungen an die Zusammensetzung eines Aufsichtsrates erhöht. Mit § 100 Abs. 5 AktG sieht das Gesetz nun für kapitalmarktorientierte Gesellschaften im Sinne des § 264d HGB, ihn als festen Bestandteil des Aufsichtsrates vor. Den unabhängigen Finanzexperten. Damit soll die hohe Qualität der Aufsichtsratsarbeit, als wesentliche Voraussetzung für die Früherkennung unternehmerischer Irrwege, sichergestellt werden.

Rolle / Funktion

Er wird nicht als „Ober Finanzvorstand“ angesehen, sondern erfüllt seine Überwachungsaufgabe auf der persönlichen. Er muss nicht die Funktion des Vorstandes oder des Abschlussprüfers übernehmen. Er soll lediglich in der Lage sein, deren Angaben auf Plausibilität überprüfen. Es gehört zu seinen Aufgaben, die in § 107 Abs.3 Satz 2 AktG genannten Aufgaben und Prozesse aktiv zu verfolgen und die eigene Expertise zur Qualitätssteigerung einzubringen. Dazu ist ein sachverständiger Austausch mit dem Management unabdingbar. Bei seiner zugedachten Rolle kommt ihm allerdings organisationsrechtlich eine Sonderstellung zu. Der Finanzexperte ist die Schnittstelle zwischen dem Abschlussprüfer, der für den Aufsichtsrat wichtigster vorstandsunabhängiger Informant ist und dem Finanzvorstand. Bei der Abschlussprüfung hat der Finanzexperte zweckmäßigerweise den Vorsitz im Prüfungsausschuss inne. Neben der Überwachungspflicht des Prüfungsabschlusses zählt auch die kritische Bewertung des Einzel- und der Konzernabschlusses zu seinem Tätigkeitsfeld. Aus Sicht eines externen Abschlussprüfers ist der Finanzexperte ein besonders fachkundiger Gesprächspartner. Und auch gegenüber dem Finanzvorstand sollen sich mit ihm Gesprächspartner auf Augenhöhe begegnen.

Qualifikation/ Anforderungen

Anforderungen an den unabhängigen Finanzexperten sind fachlich und persönlich nicht gesetzlich geregelt. Gefordert sind jedenfalls Unabhängigkeit und Sachverstand. Da es sich hierbei um unbestimmte Rechtsbegriffe handelt ist eine Auslegung erforderlich. Grundlage hierzu sind die Empfehlung der EU-Kommission vom 15. Februar 2005 und die Regierungsbegründung zum BilMoG. Über die Mindestanforderungen eines jeden Aufsichtsratsmitgliedes soll der Finanzexperte die Fachkenntnisse aufweisen, die für die Beurteilung komplexer Problemstellungen oder Geschäftsvorfälle ohne fremde Hilfe notwendig sind, sowie die die Fähigkeit, die vom Vorstand gegebenen Informationen kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls weitere Auskünfte einzuholen. [OLG München vom 28.04.2010 (23 U 5517/09)]

Mit der Unabhängigkeit des Finanzexperten ist eine geistige Unabhängigkeit gemeint, die sich durch eine innere Bereitschaft auszeichnet, Jahresabschlüsse und anderen Finanzinformationen nach bestem Wissen und Gewissen ausschließlich im Interesse der Gesellschaft frei von anderen Interessen zu kontrollieren. Aus Sicht der Praxis ist zudem eine finanzielle und zeitliche Unabhängigkeit erforderlich. Im Wesentlichen steht die Unabhängigkeit des Finanzexperten der Unabhängigkeit eines jeden anderen Aufsichtsratsmitglieds gleich, sodass er folglich in keiner geschäftlichen, familiären oder sonstigen Beziehung zu der Gesellschaft stehen darf, die ein Interessenskonflikt begründet, welche sein Urteilsvermögen beeinflussen könnte. Der Unabhängigkeit steht zum Beispiel entgegen, wenn ein ehemaliger Finanzvorstand, Vorsitzender des Prüfungsausschusses ist und seinerseits als Finanzexperte fungieren soll.

Kann jeder ein Financial Expert sein?

Mit Unabhängigkeit im Urteil und Integrität der Person als Grundvoraussetzung, sind grundsätzlich solche Personen geeignet, die sich beruflich intensiv mit der Rechnungslegung und/ oder der Abschlussprüfung befasst haben und befassen. Eindeutig entscheidend sind die Qualifikation und das Persönlichkeitsprofil, mithin erforderlich, dass ein breiter Erfahrungs- und Wissenshintergrund zur optimalen Bewältigung komplexer Sachverhalte vorhanden ist.

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Oliver Krautscheid

Best Practice des Aufsichtsrates einer Aktiengesellschaft

Frankfurt am Main, den 27.06.2013 von Oliver Krautscheid


Der Arbeitskreis Externe und Interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach- Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V (AKEIÜ) trägt folgende Vorschläge zur Verbesserung der Effektivität und Effizienz der Aufsichtsratstätigkeit in einer börsennotierten Aktiengesellschaft im Sinne einer best practice. DIE AKEIÜ gibt Empfehlungen in Bezug auf die Erreichung eines ausgewogenen Verhältnisses von Unabhängigkeit und Qualifikation sämtlicher Aufsichtsratsmitglieder. Darüber hinaus wird die Auswahl der Aufsichtsratsmitglieder, deren Arbeitsweise und die Beendigung der Aufsichtsratstätigkeit beleuchtet.

  • Eine Ressortbildung im Aufsichtsrat zur Sicherstellung einer höheren fachlichen Kompetenz. Es wird eine Ressortbildung analog zu den Vorstandsressort als zielführend erachtet.
  • Unabhängigkeit von Aufsichtsratsmitglieder; Sicherstellung der Einsatzbereitschaft. Da die Anforderungen an die Unabhängigkeit  von Aufsichtsratsmitgliedern nicht explizit geregelt sind, sollten sich diese an den Anforderungen für den Abschlussprüfer gemäß § § 319, 319 a HGB orientieren.
  • Einzelwahl der jeweiligen Aufsichtsratsmitglieder auf Vorschlag des Gesamtaufsichtsrates
  • Reformierung der Vergütungspraxis für Aufsichtsräte. Vorgeschlagen wird eine  erfolgsunabhängige Vergütung. Da variable Vergütungszahlungen eine Anreizfunktion haben, die mit bei der Aufsichtsratstätigkeit unangebracht ist. Eine leistungsorientierte Vergütung wird als sachgerecht bewertet.
  • Extern moderierte Selbstevaluierung alle 2 oder 3 Jahre
  • Unzureichende Erfüllung des Anforderungsprofil an  Aufsichtsratsmitglieder soll zu einer freiwilligen Beendigung des Mandats führen

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Oliver Krautscheid
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