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Abberufung eines Vorstandsmitgliedes auf Verdacht – § 84 Absatz 3 AktG

Abberufung eines Vorstandsmitgliedes auf Verdacht – § 84 Absatz 3 AktG

Frankfurt am Main, den 28.06.2014 von Oliver Krautscheid


Besteht ein unsicherer Umstand sprich ein Verdacht, dass ein Vorstandsmitglied eine Straftat oder eine Pflichtverletzung begangen hat, so ist es für den Aufsichtsrat von Interesse, ob dies bereits zum Widerruf der Bestellung eines Vorstandsmitgliedes gemäß § 84 Absatz 3 AktG berechtigt. § 84 Absatz 3 Satz 1 AktG bestimmt, dass der Aufsichtsrat zur Abberufung eines Vorstandsmitglieds nur berechtigt ist, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Als solch einen wichtigen Grund nennt § 84 Absatz 3 Satz 2 AktG grobe Pflichtverletzungen, die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung oder Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung. Somit ist fraglich, ob bereits der Verdacht eines Fehlverhaltens einen wichtigen Grund darstellen kann. Zieht man eine Parallele zur arbeitsrechtlichen Verdachtskündigung als etabliertes Parallelinstitut, so kann nach dem BAG, der auf objektive Tatsachen gegründete, dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung einen wichtigen Grund zur Kündigung i.S.v. § 626 Absatz 1 BGB darstellen. Nach dem BGH lassen sich die Grundsätze zur arbeitsvertraglichen Verdachtskündigung auf sämtliche personenbezogene Dauerschuldverhältnisse übertragen, so zum einen beim Geschäftsführer einer GmbH und zum anderen konsequenterweise beim Anstellungsvertrag des Vorstandmitglieds bei der AG. Dies ergibt sich ferner aus § 84 Absatz 3 Satz 5 AktG, der auf die allgemeinen Vorschriften und damit eben auch auf § 626 BGB für den Anstellungsvertrag Bezug nimmt.

Festgehalten werden kann damit, dass bei Verdacht eines grob pflichtwidrigen Verhaltens des Vorstandsmitglieds, der Aufsichtsrat die Bestellung aus wichtigem Grund gemäß § 84 Absatz 3 Satz 1 AktG wiederrufen kann. Ebenso wenn ein Verdacht besteht, der die Fortsetzung des Organverhältnisses bis zum Ende der Amtszeit unzumutbar macht. Der Verlust des Vertrauens durch die Hauptversammlung kann aufgrund der durch die organrechtlichen Beziehung zwischen Organwalter und Gesellschaft geschaffene Vertrauensstellung, den Fortbestand des Mandats unzumutbar machen.

Ob der in Frage stehende Verdacht bereits einen wichtigen Grund darstellt, bemisst sich einzig an den Interessen der Gesellschaft. Aufgrund der Doppelstellung des Vorstandes als treuhänderische Vertrauensperson und imageprägender Repräsentant der Aktiengesellschaft, kann schon die Öffentlichkeitswirkung der Gesellschaft einen Verdacht begründen, der zum wichtigen Grund für die Abberufung führt. Durch diesen Maßstab kann auch ein Unschuldiger von einer Verdachtsabberufung betroffen sein. Die Grenze ist daher bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten zu ziehen.

Zu beachten ist allerdings, dass die Abberufung nur auf einen Verdacht gestützt werden kann, wenn dieser auf objektiv nachprüfbare Tatsachen beruht. Dies ist einem effektiven Rechtsschutz des betroffenen Organwalters geschuldet. Ferner ist es eine prozessuale Wirksamkeitsvoraussetzung, dass das Vorstandsmitglied vor der Abberufung angehört wird. Hierin liegt ebenfalls eine Parallele zur arbeitsrechtlichen Verdachtskündigung, denn der Arbeitgeber ist verpflichtet alles ihm zumutbare zu unternehmen um den Sachverhalt aufzuklären. Die Verdachtsabberufung unterliegt keiner Frist, lediglich den Grundsätzen der Verwirkung und ist grundsätzlich formlos und ohne Begründung möglich.

Abschließend sei noch erwähnt, dass sollte sich der Verdacht nach Abschluss des Wiedereinstellungsverfahrens als unbegründet herausstellen, dem Vorstandsmitglied kein Wiedereinstellungsanspruch gegen die AG zusteht. Hingegen sind solche  Umstände, die nach der Abberufung bekannt werden und das Vorstandsmitglied entlasten im Wiedereinstellungsprozess zu berücksichtigen.

Im Verhältnis zur Suspendierung, stellt letztere noch nicht eine Verdichtung der Verdachtsmomente dar, welche für eine Verdachtsabberufung zu fordern ist. Die Suspendierung wird als Verbot der Amtsausübung bei gleichzeitig fortbestehendem Mandat verstanden. Die Dauer einer Suspendierung unterliegt engen zeitlichen Grenzen und kommt allenfalls für die Zeit der Sachverhaltsaufklärung durch die Gesellschaft in Betracht.

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Oliver Krautscheid
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