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Tag Archives: Abberufung

Abberufung von Vorstandsmitgliedern wegen Vertrauensentzug

Frankfurt, den 05.07.2014 von Oliver Krautscheid


Das Aktiengesetz von 1937 verteilte die Aufgaben zwischen den Organen der AG neu. Dem Vorstand kam danach eine Leitungsfunktion und dem Aufsichtsrat eine Überwachungsfunktion zu. Die Hauptversammlung konnte aus eigener Initiative keinen Einfluss mehr auf die Geschäftsführung nehmen. Die ausschließliche Zuständigkeit für die Abberufung und Bestellung von Vorstandsmitgliedern liegt von dort an beim Aufsichtsrat.

Durch die Reform 1937 wurde bewusst eine unabhängige Stellung des Vorstandes eingeführt. Die  Abberufung von Vorstandsmitgliedern soll nicht frei möglich sein, sondern setzt das Vorliegen eines wichtigen Grundes voraus. Dies soll eine unabhängige Position des Vorstandes stärken und ihn nicht einer Drucksituation aussetzen, willkürlich einer Abberufung ausgesetzt zu sein, was sich wiederum auf die Vornahme von Geschäftsführungsmaßnahmen auswirken würde.

Ein Abberufungsgrund kann gemäß § 84 Absatz 3 Satz 2 AktG der Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung sein.  Entgegen der Aufgabenverteilung nach der Reform 1937 ist damit nun doch eine Einflussmöglichkeit der Hauptversammlung bei Personalentscheidungen auf Vorstandsebene gegeben.

Problematisch ist auch, dass es sich bei dem Begriff Vertrauensentzug, um ein kaum justiziables psychologisches Tatbestandsmerkmal handelt, welches die Gefahr mit sich bringt nur vorgeschoben zu werden um unliebsame Vorstandsmitglieder los zu werden. § 84 Absatz 2 Satz 3 AktG bestimmt allerdings, dass dann kein wichtiger Grund vorliegt, wenn das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist. Für die Tatsache, dass der Vertrauensentzug aus offenbar unsachlichen Gründen erfolgte, ist das Vorstandsmitglied bei gerichtlicher Geltendmachung beweispflichtig.

Bei einem größeren Aktionärskreis ohne Mehrheitsaktionär wird dies auch für sachgerecht gehalten, da dort der Beschluss der Hauptversammlung über den Vertrauensentzug grundsätzlich seine Richtigkeitsgewähr in sich trägt.

Problematischer ist es bei einer Aktiengesellschaft mit einem Aktionär, der die Hauptversammlungsmehrheit besitzt und möglicherweise selbst im Aufsichtsrat sitzt. In dieser Konstellation besteht die Gefahr, dass der Mehrheitsaktionär das Mittel des Vertrauensentzugs benutzt, um ihm nicht genehme Vorstandsmitglieder abzuberufen. Dies kann vor allem dann der Fall sein, wenn eine Geschäftsführungsmaßnahme nicht dem Willen des Mehrheitsaktionärs entspricht. Den Hauptversammlungsbeschluss könnte der Mehrheitsaktionär allein herbeiführen. Dieses Missbrauchsverhalten würde der Wertung des § 117 AktG widersprechen und einen offenbar unsachlichen Grund i.S.d. § 84 Absatz 2 Satz 3 AktG darstellen. Wenn hier dem Vorstandsmitglied die Beweislast aufzuerlegen wäre, hätte dieser wohl kaum eine Chance dem willkürlichen Vertrauensentzug entgegenzuwirken. Daher wird es als sachgerecht erachtet, die Regeln der sekundären Darlegungs- und Beweislast anzuwenden. Das heißt, wenn das Vorstandsmitglied substantiiert darlegt, dass die Abberufung aus anderen Gründen als einem Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung erfolgte, muss die Gesellschaft im Rahmen ihrer sekundären Darlegungs- und Beweispflicht sachliche Gründe darlegen, aufgrund derer die Hauptversammlung dem Vorstandsmitglied das Vertrauen entzogen hat.

Die Beschlussfassung über den Vertrauensentzug kann nur auf Antrag von Aktionären zum Gegenstand der Tagesordnung einer Hauptversammlung gemacht werden, nicht hingegen durch die Verwaltung.

 

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Oliver Krautscheid

Abberufung eines Vorstandsmitgliedes auf Verdacht – § 84 Absatz 3 AktG

Frankfurt am Main, den 28.06.2014 von Oliver Krautscheid


Besteht ein unsicherer Umstand sprich ein Verdacht, dass ein Vorstandsmitglied eine Straftat oder eine Pflichtverletzung begangen hat, so ist es für den Aufsichtsrat von Interesse, ob dies bereits zum Widerruf der Bestellung eines Vorstandsmitgliedes gemäß § 84 Absatz 3 AktG berechtigt. § 84 Absatz 3 Satz 1 AktG bestimmt, dass der Aufsichtsrat zur Abberufung eines Vorstandsmitglieds nur berechtigt ist, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Als solch einen wichtigen Grund nennt § 84 Absatz 3 Satz 2 AktG grobe Pflichtverletzungen, die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung oder Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung. Somit ist fraglich, ob bereits der Verdacht eines Fehlverhaltens einen wichtigen Grund darstellen kann. Zieht man eine Parallele zur arbeitsrechtlichen Verdachtskündigung als etabliertes Parallelinstitut, so kann nach dem BAG, der auf objektive Tatsachen gegründete, dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung einen wichtigen Grund zur Kündigung i.S.v. § 626 Absatz 1 BGB darstellen. Nach dem BGH lassen sich die Grundsätze zur arbeitsvertraglichen Verdachtskündigung auf sämtliche personenbezogene Dauerschuldverhältnisse übertragen, so zum einen beim Geschäftsführer einer GmbH und zum anderen konsequenterweise beim Anstellungsvertrag des Vorstandmitglieds bei der AG. Dies ergibt sich ferner aus § 84 Absatz 3 Satz 5 AktG, der auf die allgemeinen Vorschriften und damit eben auch auf § 626 BGB für den Anstellungsvertrag Bezug nimmt.

Festgehalten werden kann damit, dass bei Verdacht eines grob pflichtwidrigen Verhaltens des Vorstandsmitglieds, der Aufsichtsrat die Bestellung aus wichtigem Grund gemäß § 84 Absatz 3 Satz 1 AktG wiederrufen kann. Ebenso wenn ein Verdacht besteht, der die Fortsetzung des Organverhältnisses bis zum Ende der Amtszeit unzumutbar macht. Der Verlust des Vertrauens durch die Hauptversammlung kann aufgrund der durch die organrechtlichen Beziehung zwischen Organwalter und Gesellschaft geschaffene Vertrauensstellung, den Fortbestand des Mandats unzumutbar machen.

Ob der in Frage stehende Verdacht bereits einen wichtigen Grund darstellt, bemisst sich einzig an den Interessen der Gesellschaft. Aufgrund der Doppelstellung des Vorstandes als treuhänderische Vertrauensperson und imageprägender Repräsentant der Aktiengesellschaft, kann schon die Öffentlichkeitswirkung der Gesellschaft einen Verdacht begründen, der zum wichtigen Grund für die Abberufung führt. Durch diesen Maßstab kann auch ein Unschuldiger von einer Verdachtsabberufung betroffen sein. Die Grenze ist daher bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten zu ziehen.

Zu beachten ist allerdings, dass die Abberufung nur auf einen Verdacht gestützt werden kann, wenn dieser auf objektiv nachprüfbare Tatsachen beruht. Dies ist einem effektiven Rechtsschutz des betroffenen Organwalters geschuldet. Ferner ist es eine prozessuale Wirksamkeitsvoraussetzung, dass das Vorstandsmitglied vor der Abberufung angehört wird. Hierin liegt ebenfalls eine Parallele zur arbeitsrechtlichen Verdachtskündigung, denn der Arbeitgeber ist verpflichtet alles ihm zumutbare zu unternehmen um den Sachverhalt aufzuklären. Die Verdachtsabberufung unterliegt keiner Frist, lediglich den Grundsätzen der Verwirkung und ist grundsätzlich formlos und ohne Begründung möglich.

Abschließend sei noch erwähnt, dass sollte sich der Verdacht nach Abschluss des Wiedereinstellungsverfahrens als unbegründet herausstellen, dem Vorstandsmitglied kein Wiedereinstellungsanspruch gegen die AG zusteht. Hingegen sind solche  Umstände, die nach der Abberufung bekannt werden und das Vorstandsmitglied entlasten im Wiedereinstellungsprozess zu berücksichtigen.

Im Verhältnis zur Suspendierung, stellt letztere noch nicht eine Verdichtung der Verdachtsmomente dar, welche für eine Verdachtsabberufung zu fordern ist. Die Suspendierung wird als Verbot der Amtsausübung bei gleichzeitig fortbestehendem Mandat verstanden. Die Dauer einer Suspendierung unterliegt engen zeitlichen Grenzen und kommt allenfalls für die Zeit der Sachverhaltsaufklärung durch die Gesellschaft in Betracht.

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Oliver Krautscheid
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