Frankfurt am Main, den 11.10.2015 von Oliver Krautscheid
Wollen Aufsichtsratsmitglieder die Aktiengesellschaft beraten, benötigen sie einen Beratervertrag. Ein solches unterliegt zur Vermeidung sachwidriger Beeinflussung des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds durch nicht gerechtfertigte Sonderzuwendungen seitens des Vorstands, der Zustimmungspflicht des Aufsichtsrates. Diese muss vor Abschluss des Beratervertrages eingeholt werden.
In der Entscheidung des OLG Frankfurt am Main vom 21.9.2005 (- 1 U 14/05) setzte sich mit der Forderung des Insolvenzverwalters einer AG gegen eine GmbH, deren Aufsichtsratsvorsitzenden 50 % der insolventen AG gehalten hat, auseinander. Der Insolvenzverwalter forderte die Rückzahlung der Honorarzahlung i. H. v. 126000 € aufgrund der Unwirksamkeit des zugrundeliegenden Beratungsvertrages wegen fehlender Zustimmung. Die Klage des Insolvenzverwalters hatte Erfolg.
Die Entscheidung gibt Aufschluss über den Anwendungsbereich des § 114 AktG sowie die Rechtsfolgen der Nichterteilung einer solchen erforderlichen vorherigen Zustimmung.
Anwendungsbereich des § 114 AktG
Wie sich aus dem Wortlaut des § 114 AktG ergibt, ist die Vorschrift grundsätzlich nur auf Aktiengesellschaften anwendbar. Die Norm ist darüber hinaus aber auch auf mitbestimmte GmbHs sowie solche, deren Satzung die Bildung eines Aufsichtsrats vorsehen anwendbar. Im Genossenschaftsrecht wird die Norm analog angewendet.
§ 114 AktG ist von § 113 AktG abzugrenzen, der die Kompetenz zur Festsetzung der Vergütung des Aufsichtsrates den Aktionären zuweist, um zu vermeiden, dass der Vorstand über die Vergütung des Aufsichtsrates zu entscheiden hat.
Eine Ansicht in der Literatur vertritt die Abgrenzung hat nach der Intensität der vom Aufsichtsrat zu entfaltenden Beratungstätigkeit zu erfolgen.
Der BGH vertritt dagegen, dass auf die Art des betroffenen Fachgebietes abzustellen ist. Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob die geforderte Beratung einen Bereich betrifft dessen Beherrschung über das Maß dessen hinausgeht, was üblicherweise von einem Aufsichtsrat erwartet werden kann. Jedes Aufsichtsratsmitglied ist bereits aufgrund seiner Organstellung verpflichtet besondere Fachkenntnisse dem Unternehmen gegenüber unentgeltlich zu erbringen. Die Abgrenzung erfolgt daher dadurch, dass zu Fragen ist, ob die geforderte Beratung über allgemeine grundsätzliche Fragen der Unternehmenspolitik hinausgeht.
Voraussetzungen des Beratervertrages
Über diese zuvor genannte Abgrenzungsproblematik hinaus ist auch die Frage von Bedeutung, wie ein Beratervertrag gestaltet sein muss, damit er vom Aufsichtsrat auf seine gesetzliche Zulässigkeit und Angemessenheit überprüft und genehmigt werden kann.
Voraussetzung ist, zunächst, dass der Beratervertrag eine konkrete Beschreibung der Beratungsleistung enthält. Nun so, kann der Aufsichtsrat beurteilen, ob die Beratungsleistung über die allgemeine Beratungspflicht hinausgeht. Ein allgemein gehaltener Rahmenvertrag genügt nicht diesem Erfordernis.
Darüber hinaus muss der Vertrag konkret die dem Aufsichtsratsmitglied für seine Beratungsleistung zustehende Vergütung konkret beziffert werden. Dem Aufsichtsrat wird dadurch ermöglicht zu beurteilen, ob das Äquivalent zwischen Leistung und Gegenleistung gewahrt wird.
Ob lediglich mündlich geschlossene Beraterverträge den genannten Anforderungen genügen wird sowohl im Grundsatzurteil aus dem Jahr 1994 als auch dem OLG Frankfurt bezweifelt.
Form des Aufsichtsratsbeschlusses
Kommt der Aufsichtsrat zu dem Entschluss seine Zustimmung für den Beratervertrag zu erteilen, so ist dies grundsätzlich ausdrücklich durch einen Beschluss festzuhalten. Der wesentliche Inhalt des Vertrages, namentlich die Art der Tätigkeit des Beraters und die Höhe seiner Vergütung müssen dabei zum Inhalt der Beschlussfassung gemacht werden. Eine mündliche oder konkludente Billigung ist unzulässig.
Rechtsfolgen einer Nichterteilung der Genehmigung
Ist der Beratervertrag nichtig, hat die AG einen Anspruch auf Rückgewähr der Honorarzahlung aus Bereicherungsrecht. Vorstandsmitglieder haften nach § 93 Abs. 3 Nr. 7 AktG gegenüber der Gesellschaft für die Geltendmachung dieser Forderung. Das betroffene Aufsichtsratsmitglied kann von der Aktiengesellschaft keine Freistellung von der Verbindlichkeit wegen Nichterteilung der Zustimmung fordern. Eine solche Ansicht würde dem Schutzzweck des § 114 Abs. 2 Satz 1 AktG zuwiderlaufen.
Frankfurt am Main, den 10.10.2015 von Oliver Krautscheid
Die Prüfung des Jahresabschlusses ist eine gesetzliche Pflicht des Aufsichtsrates gemäß § 171 Abs. 1 Satz 1 AktG. Diese Pflicht stellt hohe Anforderungen an jedes Aufsichtsratsmitglied. Die Prüfungspflicht ist nicht an den Prüfungsausschuss delegierbar. Der Aufsichtsrat muss sich selbst davon überzeugen, dass der Vorstand bei der Erstellung der Jahresabschlüsse die Gesetze und die ergänzenden Satzungsbestimmungen eingehalten sowie die Zweckmäßigkeit beachtet hat. Wird die Prüfungs- und Berichterstattungspflicht missachtet drohen als Rechtsfolgen, die Nichtigkeit des Jahresabschlusses und des darauf basierenden Ausschüttungsvorschlags und auch die persönliche Schadensersatzpflicht des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds wegen Pflichtverletzung. Wie jedes Aufsichtsratsmitglied diese Pflicht effizient und sachgerecht erfüllen kann, ist Gegenstand dieses Berichts.
Die Prüfung des Jahresabschlusses durch den Aufsichtsrat ist eine vorbereitende Maßnahme für den Beschluss über die Billigung des Abschlusses. Ziel der Prüfung ist es, die Recht- und Zweckmäßigkeit der erhaltenden Unterlagen zu beurteilen und über das abschließende Urteil der Hauptversammlung zu berichten.
Die unterschiedlichen Kenntnisse und Fähigkeiten der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder können durch die Bildung eines Prüfungsausschusses gemäß § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG effizient genutzt werden. Eine vollständige Übertragung der Prüfungsaufgabe an den Prüfungsausschuss ist aufgrund der Pflicht zur persönlichen Aufgabenerfüllung ausgeschlossen. Dennoch können vorbereitende Aufgaben delegiert werden. Über die Tätigkeit und die Ergebnisse der delegierten Aufgaben müssen alle Aufsichtsratsmitglieder informiert werden, damit diese ein abschließendes Urteil fällen können.
Neben der erforderlichen Fachkenntnis zu Prüfung des Abschussberichtes ist das Zeitmanagement bei der Prüfung von erheblicher Bedeutung. Die Unterlagen sollten eine angemessene Zeit vor der Sitzung vorliegen. Es empfiehlt sich bereits bei der Abstimmung der Sitzungstermine, die Termine zur Vorlage der Unterlagen mit dem Vorstand und dem Abschlussprüfer verbindlich festzuhalten. Damit der Aufsichtsrat ein umfassendes Bild von der Qualität des vom Vorstand erstellten Abschlusses bekommt empfiehlt sich hinsichtlich der Vorlagereihenfolge, dass der Abschluss dem Aufsichtsrat vor Prüfung durch den Abschlussprüfer vorgelegt wird.
Bei der praktischen Jahresabschlussprüfung empfiehlt es sich zunächst, dass der Aufsichtsrat sich einen groben Überblick über die verfügbaren Unterlagen und deren Umfang verschafft. Dabei sollten Prüfungsschwerpunkte nach Kenntnisse verteilt werden. Die Intensität der Prüfung durch den Aufsichtsrat entspricht nicht der nach § 317 HGB. Dennoch müssen die notwendigen Maßnahmen ergriffen werden, um den Jahres- und Konzernabschluss nach der Prüfung zu beurteilen. Der Aufsichtsrat ist verpflichtet, den Abschluss unter Zugrundelegung aller ihm bekannten Informationen auf Plausibilität hin zu untersuchen, ihn eine betriebswirtschaftliche Analyse zu unterziehen und das vermittelte Unternehmensbild zu würdigen.
Im Rahmen eines offenen Dialogs mit dem Vorstand sind sodann insbesondere Fragen der Zweckmäßigkeit des Abschlusses, des Lageberichts und des Gewinnverwendungsbeschlusses zu diskutieren. Dabei sollte der Aufsichtsrat das Vieraugenprinzip sicherstellen. Neben dem Studium der Unterlagen kann der Aufsichtsrat auch sein umfangreiches Einsichts- und Prüfungsrecht sowie die Berichterstattung gemäß § 90 Abs. 3 AktG geltend machen.
Eine Einbindung des Abschlussprüfers wird zur Vorbereitung der eigenen Prüfungstätigkeit des Aufsichtsrates empfohlen, da dieser besondere Unternehmenskenntnisse hat.
Bei dem abschließenden Gesamturteil des Aufsichtsrats bei der Berichterstattung an die Hauptversammlung, wird entweder die Billigung erklärt oder Erläuterungen zu den Einwendungen dargelegt. Ein Beschluss des Aufsichtsrats über die Abschlüsse ist notwendig.
Frankfurt am Main, den 11.09.2015 von Oliver Krautscheid
Das Urteil des OLG Frankfurt vom 1.10.2013- 5 U 214/12 könnte die Aufsichtsrats- und Beratungsfunktion aushöhlen. Das Gericht stellte zutreffend fest, dass nur eindeutige und schwerwiegende Verstöße gegen Gesetz oder Satzung eine Anfechtung des Entlastungsbeschlusses rechtfertigen. Problematisch ist allerdings, dass es die Voraussetzungen für einen eindeutigen Verstoß nicht definiert. Vielmehr vertritt es, dass wenn weder das Gesetz noch die Satzung eindeutige Bestimmungen enthielten, auch keine eindeutigen Gesetzes- oder Satzungsverstöße vorlägen. Das heißt, dass Gericht stellt einzig und allein darauf ab, das der Wortlaut einer Norm verletzt wurde. Sinn und Zweck der Regelung, zu deren Ermittlung die Norm auszulegen ist, wird außer Acht gelassen. Die Ermittlung, ob ein Verstoß schwerwiegend ist, beurteilt sich nach einer wertenden Betrachtung. Bagatellverstöße sollen jedenfalls nicht zur Anfechtbarkeit des Entlastungsbeschlusses führen.
Fraglich ist, ob die vom Vorstand und Aufsichtsrat abzugebenden Entsprechungserklärung des § 161 AktG zur Anfechtbarkeit des Entlastungsbeschlusses führt, wenn die Unrichtigkeit einen wesentlichen Punkt betrifft und die Organmitglieder die Unrichtigkeit kannten oder kennen mussten.
Die Berichtspflicht des Vorstandes gegenüber dem Aufsichtsrat ergeben sich aus § 90 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 AktG sowie aus § 90 Absatz 1 Satz 3 AktG. Nach § 90 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 AktG hat der Vorstand dem Aufsichtsrat über die beabsichtigte Geschäftspolitik und andere grundsätzliche Fragen der Unternehmensplanung zu berichten. Der Zeitpunkt der Berichtserstattung diesbezüglich ist einmal jährlich zu erfüllen, es sei denn es ergeben sich Änderungen der Lage oder neue Fragen, welche eine unverzügliche Berichtserstattung gebieten. Ob dies der Fall ist, entscheidet der Vorstand nach pflichtgemäßem Ermessen.
Die Berichtspflicht nach § 90 Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 AktG besteht, wenn es um ein Geschäft geht, bei dem die Rentabilität oder Liquidität der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sein könnte. Diese Berichtspflichten sind möglichst rechtzeitig dem Aufsichtsrat zur Verfügung zu stellen und zwar so dass dieser Gelegenheit hat zu ihnen Stellung zu nehmen.
Kommt der Vorstand seiner Pflicht nur unzureichend oder viel zu spät nach wird das Recht und die Pflicht des Aufsichtsrates, den Vorstand bei der Entscheidungsfindung zu beraten, abgeschnitten. Eine ordnungsgemäße Meinungsbildung und Entscheidungsfindung wird somit verhindert.
Fraglich ist weiter, ob das Zurückhalten von entscheidungserheblichen Informationen durch das Geheimhaltungsinteresse gerechtfertigt werden kann. Nach allgemeiner Meinung ist dies nicht der Fall. Vielmehr muss der Aufsichtsrat, um seine Überwachungs- und Beratungsaufgabe ordnungsgemäß wahrnehmen zu können alles wissen, was auch den Vorstand weiß. Dies ist auch nicht unbillig, da der Aufsichtsrat seinerseits zur vertraulichen Behandlung der Berichte wegen der Verschwiegenheitspflicht (§§ 116 Satz 2, 404 AktG) verpflichtet ist. Vertraut der Vorstand nicht auf die Verschwiegenheitserklärung, so kann er zunächst die Informationen mündlich in der Aufsichtsratssitzung vortragen, sodann die Mitglieder bei einer zweiten Sitzung zur Beschlussfassung nochmals auf ihre Verschwiegenheitspflicht hinweisen.
Eine Vorabinformation durch den Vorstand an den Aufsichtsrat ist zulässig. Dem steht auch nicht der Gleichbehandlungsgrundsatz aller Aufsichtsratsmitglieder entgegen. Sind die Informationen noch nicht berichtspflichtig, können die anderen Mitglieder keine Auskunft verlangen.
Hat der Aufsichtsrat erkennbare Informationsmängel, so darf er keine Entscheidung treffen, anderenfalls handelt er nicht mit der geschuldeten Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Aufsichtsratsmitglieds (§§ 116 Satz 1 i.V.m. 93 Absatz 1 Satz 1 AktG) und haftet daher für diese schuldhafte Pflichtverletzung. Eine Berufung auf die Business Judgement Rule (§ 116 Satz 1 i.V.m. § 93 Absatz 1 Satz 2 AktG) scheidet aus, wenn das betreffende Aufsichtsratsmitglied nicht annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zu entscheiden.
Frankfurt am Main, den 12.08.2015 von Oliver Krautscheid
Im Jahr 2012 wurde Ziffer 5.4.1 Absatz 4 bis 6 in den Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) neu eingefügt. Die Regelung ist geprägt von zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffen und anderen Unklarheiten. Zusammen mit der Rechtsprechung zur Anfechtbarkeit von Wahlbeschlüssen der Hauptversammlung führt dies zur erheblichen neuen Anfechtungsrisiken.
Es stellen sich insbesondere die Fragen, nach dem Ort und dem Zeitpunkt sowie der Art und Weise der Offenlegung. Die Empfehlung zur Offenlegung von persönlichen und geschäftlichen Beziehungen der zur Wahl in den Aufsichtsrat vorgeschlagenen Kandidaten wurde mit Veröffentlichung im Bundesanzeiger am 15.6.2012 wirksam. Dabei stellt sie Rechtsanwender aufgrund der Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe vor eine besondere Herausforderung. Die Rechtsunsicherheit in Folge der Empfehlung muss mittels Auslegung und Konkretisierung geschlossen werden. Werden Kodexempfehlungen, welche die Wahl der Mitglieder des Aufsichtsrates durch die Hauptversammlung betreffen, nicht eingehalten und wird dadurch die Entsprechungserklärung unrichtig, so sollen nach zwei instanzgerichtlichen Entscheidungen die Wahlbeschlüsse zum Aufsichtsrat anfechtbar sein. Die Angelegenheit wird erdrückender, wenn man sich die Rechtsprechung des BGH zu den Rechtswirkungen der Anfechtung einer Aufsichtsratswahl der Hauptversammlung vor Augen hält. Danach ist nämlich ein Aufsichtsratsmitglied, dessen Wahl erfolgreich angefochten worden ist, für die Zwecke der Stimmabgabe und der Beschlussfassung im Aufsichtsrat von vorneherein (ex tunc) wie ein Nichtmitglied zu behandeln. Aufgrund dieser gravierenden Folgen wird zum Teil diskutiert, ob pauschal eine Abweichung erklärt werden sollte.
Zunächst ist zu erörtern, wann die Offenlegung zu erfolgen hat. Der Wortlaut von Ziffer 5.4.1 Absatz 4 DCGK gibt den Hinweis, dass die Offenlegung „bei seinen Wahlvorschlägen an die Hauptversammlung“ erfolgen soll. Dies kann sowohl zeitlich als auch örtlich zu verstehen sein. Der DCGK enthält diesbezüglich keine Vorgaben. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass die Offenlegung weder in der Hauptversammlungseinladung noch in der Mitteilung gemäß § 125 Absatz 1 AktG erfolgen muss. Es reicht aus, wenn eine Veröffentlichung auf der Internetseite der Gesellschaft nach der Einberufung der Hauptversammlung erfolgt. Damit wird an die Vorschrift § 124a AktG angelehnt.
Hinsichtlich der Offenlegung persönlicher Beziehungen sollten nach herrschender Meinung Verwandtschaftsverhältnisse, Lebenspartner etc. sowie nicht unerhebliche geschäftliche Verflechtungen zu Organen und Großaktionären bekannt gegeben werden. Freundschaften bzw. Clubmitgliedschaften mit Aktionären sind hingegen nicht offenlegungspflichtig.
Diskutiert wird auch, ob mittelbare persönliche und geschäftliche Beziehungen auf Seiten des Kandidaten sind ebenfalls erfasst werden. Dies hätte zur Folge, dass auch Beziehungen von Dritten zum Unternehmen, den Organen der Gesellschaft oder einem wesentlich an der Gesellschaft beteiligten Aktionär, soweit der Kandidat in einem Näheverhältnis zu diesen Dritten steht, offenzulegen sind. Die überwiegenden Argumente, darunter auch die Systematik der neu eingefügten Ziffer 5.4.1 Absatz 4 bis 6 DCGK, sprechen dagegen. Diese mittelbaren Beziehungen sind nicht offenzulegen.
Der Zeitpunkt für die Beurteilung, ob eine Beziehung offenzulegen ist, ist der Tag der Wahl. Der Wortlaut Ziffer 5.4.1 Absatz 4 DCGK gibt diese Stichtagslösung her. Der Sinn und Zweck der Offenlegungsempfehlung ist es, die Aktionäre darüber zu informieren, welche möglichen Interessenskonflikte Aufsichtsratskandidaten sie unterlägen, würden sie in der Aufsichtsrat gewählt werden. Dieser Ansatz bringt die Verpflichtung des Aufsichtsratskandidaten mit sich, notfalls mündlich Änderungen der Angaben in der Hauptversammlung offen zu legen.
Aktienbesitz des Aufsichtsratskandidaten von mehr als 1% sollte als geschäftliche Beziehung vorsorglich ebenfalls offengelegt werden.
Hinsichtlich des Umfangs der Offenlegung ist anzumerken, dass diese in der gebotenen Kürze, aber so informativ, dass es für die Wahlentscheidung eines objektiv urteilenden Aktionärs ausreicht, zu erfolgen hat. Bei persönlichen Beziehungen sind daher nur knappe Angaben erforderlich, bei geschäftlichen zumindest die wesentlichen Vertragsbestandteile (essentialia negotii), davon vor allem aber Leistung und Gegenleistung. Der Umfang richtet sich nicht nach objektiven Kriterien, sondern ist maßgeblich von der Einschätzung des Aufsichtsrates abhängig. Das heißt nicht, dass die Ermessensentscheidung des Aufsichtsrates vollständig der gerichtlichen Überprüfung entzogen wird, sondern vielmehr dass sich die Überprüfbarkeit von Beurteilungsspielräumen darauf beschränkt, ob von einem ordnungsgemäß ermittelten Sachverhalt ausgegangen, Verfahrensvorschriften eingehalten und keine sachfremden Erwägungen herangezogen wurden.
Gelangt der Aufsichtsrat zu der Entscheidung, dass keine Offenlegung erforderlich ist, muss er keine Negativerklärung abgeben. Hat er hingegen Zweifel , ob und wie viel offenzulegen ist, so sollte er vorsorglich die Abweichung von dieser Empfehlung erklären.
Frankfurt am Main, den 04.04.2015 von Oliver Krautscheid
Das Aktiengesetz und der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) enthalten Regelungen zur Verhinderung und zum Umgang mit Interessenkonflikten. Der DCGK enthält für börsennotierte Aktiengesellschaften Empfehlungen zum organinternen Umgang mit Interessenkonflikten. Das Aktiengesetz regelt mit zahlreichen Einzelnormen einen typisierten Umgang mit Interessenskonflikten, wobei Konflikte grundsätzlich zum Wohle des Unternehmens gelöst werden. Darunter ist das Wettbewerbsverbot (§ 88 AktG), die Inkompabilitätsregeln des §§ 100 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 und Nr.3, 105 AktG und der Stimmrechtsausschluss nach § 136 AktG. Aufgrund der Treuebindung der Organe gegenüber der Gesellschaft sind Vorstand und Aufsichtsrat beim Umgang mit Interessenskonflikten grundsätzlich verpflichtet im Unternehmensinteresse zu handeln. Dies gilt für alle Mitglieder.
Maßstab ist dabei, das Handeln eines Aufsichtsrats- oder Geschäftsführungsorgans, das nicht mit eigenen Mitteln wirtschaftet, sondern wie ein treuhänderischer Verwalter fremden Vermögensinteressen verpflichtet ist. Die Treuepflicht verlangt das Vorliegen von Interessenskonflikten zu erkennen und diese zugunsten der Gesellschaft aufzulösen. Auch Aktionäre haben eine Treuepflicht, allerdings ist diese anders ausgestaltet als die von Aufsichtsrat und Vorstand.
Begriff und Voraussetzungen
Interessenkonflikte können in unterschiedlichen Erscheinungsformen und mit unterschiedlicher Intensitätsstufe vorliegen. Der DCGK enthält, obwohl er zahlreiche Vorgaben zum Umgang mit Interessenkonflikten aufweist, keine Vorgaben zum Begriff des Interessenkonflikts. In Ziffer 5.5.1 Satz 2 DCGK wird empfohlen, dass Interessenskonflikte gegenüber dem Aufsichtsrat offenzulegen sind, die auf Grund einer Beratung oder Organfunktion bei Kunden, Lieferanten, Kreditgebern oder sonstigen Dritten entstehen können.
Voraussetzung für das Bestehen eines Interessenskonflikts ist neben der Organbeziehung, das Bestehen einer weiteren direkten oder indirekten Interessensbeziehung zwischen Organmitglied und Gesellschaft.
Anders als bei der Unabhängigkeit muss für einen relevanten Interessenkonflikt eine konkrete Kollision bestehender Interessen vorliegen. Potentielle Interessenskonflikte reichen nicht aus.
Weiter muss für das Vorliegen eines Interessenkonflikts, das Organmitglied im Rahmen seiner Tätigkeit, dem Unternehmensinteresse gegenläufige (Eigen- oder Dritt-)Interessen verfolgen, die im Einzelfall aufgrund Dauer und Intensität eine Gefährdung oder Beeinträchtigung des Unternehmensinteresses befürchten lassen.
Verhältnis zur Unabhängigkeit
Die Vermeidung von Interessenskonflikten sowie die Gewährleistung von Unabhängigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern wird als zentrale Voraussetzung effizienter Überwachung erachtet. Seit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz im Jahr 2009 ist gemäß § 100 Absatz 5 AktG in kapitalmarktorientierten Aktiengesellschaften Voraussetzung, dass mindestens ein unabhängiges Mitglied des Aufsichtsrates über den Sachverstand auf den Gebieten der Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügt. Wird ein Prüfungsausschuss nach § 107 Absatz 4 eingerichtet muss dieser diese Voraussetzung ebenfalls erfüllen. Zu dem Begriff der Unabhängigkeit ist im Aktiengesetz nichts zu finden. Der DCGK definiert seit dem Jahr 2012 in Ziffer 5.4.2. Satz 2, dass ein Aufsichtsratsmitglied insbesondere dann nicht als unabhängig anzusehen ist, wenn es in einer persönlichen oder einer geschäftlichen Beziehung zu der Gesellschaft, deren Organen, einem kontrollierenden Aktionär oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen steht, die einen wesentlichen und nicht nur vorübergehenden Interessenkonflikt begründen kann. Mit dieser Definition hat der DCGK sich weitgehend, der Empfehlung der EU- Kommission aus dem Jahr 2005 angeschlossen. Dies geschah entgegen einer Vielzahl von Stimmen, da nun die Beziehung zum kontrollierenden Aktionär die Unabhängigkeit ausschließen sollte. Zentrales Gegenargument gegen diese Auffassung ist, dass diese Einordnung dem deutschen Konzernrecht widerspricht. Die Unabhängigkeitsdefinition erfasst bereits potentielle Interessenkonflikte. Damit kann die Unabhängigkeit schon dann entfallen, wenn ein Interessenskonflikt noch gar nicht vorliegt.
Umgang mit Interessenkonflikten
Die Pflicht Interessenskonflikte zugunsten der Gesellschaft aufzulösen, liegt in der Gesamtverantwortung des Aufsichtsrats. Dies wirft die Frage auf, wie ein Aufsichtsratsmitglied dieser Gesamtverantwortung nachkommen kann, wenn es aufgrund von Interessenkonflikten an der Entscheidungsfindung ggfs. Nicht oder nur eingeschränkt teilnehmen kann. Die Kollision der Gesamtverantwortung mit dem Interesse einer zumindest eingeschränkten Beteiligung der Betroffenen wird dahingehend gelöst, das zunächst ein Sitzungs- und Stimmrechtsausschluss möglich ist. Wird dem Interessenkonflikt dadurch nicht genüge getan muss eine Mandatsbeendigung erfolgen.
Folgen einer unterbliebenen Offenlegung
Unterlässt ein Mitglied des Aufsichtsrats die Offenlegung eines Interessenkonflikts, so ist eine Treuepflichtverletzung, aus welcher im Einzelfall eine Organhaftung resultieren kann. Die Treuepflichtverletzung kann ebenfalls Auswirkungen auf die Anwendbarkeit der Business Judgement Rule haben. Sofern einzelne Mitglieder des Aufsichtsrats keine Kenntnis hatten, bleibt ihnen das Haftungsprivileg des Business Judgement Rule erhalten.
Der Verstoß gegen ein Stimmverbot nach § 34 BGB oder das Verbot des Richtens in eigener Sache bei Vorliegen eines Interessenkonflikts führt zudem zur Nichtigkeit der Stimmabgabe. Für den Beschluss hat dies jedenfalls dann Auswirkungen, wenn die betroffene Stimmabgabe eine Relevanz für das Stimmergebnis hat.
Wenn von der nicht ordnungsgemäßen Offenlegung in der Entsprechungserklärung nicht ordnungsgemäß berichtet wird, stellt dies ein Verstoß gegen § 161 AktG dar und führt zur Anfechtbarkeit der gefasster Entlastungsbeschlüsse.
Frankfurt am Main, den 18.03.2015 von Oliver Krautscheid
In der Entscheidung vom 19.2.2013- II ZR 56/12 befasste sich der BGH mit der Frage, ob dass Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungsklage gegen Aufsichtsratswahlen entfällt, wenn die Aufsichtsratsmitglieder ihre Mandate niederlegen.
Jede Klage und so auch die Anfechtungsklage hat das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses als Voraussetzung. Das Rechtsschutzbedürfnis ist regelmäßig gegeben. Es ist ausnahmsweise zu verneinen, wenn der angefochtene Beschluss aufgehoben wurde oder das mit der Klage angestrebte Ziel auf andere Weise erreicht ist.
Laut BGH ist in Bezug auf die Frage des Rechtsschutzbedürfnisses maßgebend, ob die angestrebte Nichtigkeitserklärung der Wahlbeschlüsse noch eine relevante Änderung der Rechtslage bewirken könnte. Damit geht die praxisrelevante Frage, welche Auswirkungen die erfolgreiche Anfechtung von Aufsichtsratswahlen auf zwischenzeitlich gefasste Aufsichtsratsbeschlüsse hat einher.
Die Antwort darauf ist umstritten.
Eine Auffassung vertritt, dass das nichtig gewählte Aufsichtsratsmitglied, wie ein Dritter zu behandeln ist, mit der Folge, dass dieses sich nicht wirksam an den Beschlüssen beteiligen kann.
Eine andere Auffassung will parallel zu nichtig gewählten Vorstandsmitgliedern, die Lehre vom fehlerhaften Bestellverhältnis anwenden. Dies würde bedeuten, dass das fehlerhaft bestellte Organmitglied, wie ein wirksam bestelltes Organmitglied behandelt wird, wenn es die Bestellung angenommen und das Mandatsverhältnis tatsächlich ausgeübt hat.
Rechtsprechung wendet die Lehre vom fehlerhaften Bestellungsverhältnis nur für Pflichten und Haftung der Aufsichtsratsmitglieder an. Die Erweiterung des Anwendungsbereichs auf die Beschlussfassung lehnt der BGH ausdrücklich ab.
In der Entscheidung trägt der BGH vor, dass die Mandatsbeendigung der Aufsichtsratsmitglieder das Rechtsschutzinteresse für eine gegen den Wahlbeschluss gerichtete Anfechtungsklage entfallen lasse, wenn die Nichtigkeitserklärung keinen Einfluss auf die Rechtsbeziehungen der Gesellschaft, der Aktionäre sowie der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats mehr haben könne.
Von einer Auswirkung der Nichtigkeitserklärung ist auszugehen, wenn die Mitwirkung des betroffenen Aufsichtsratsmitglieds für das Zustandekommen eines Aufsichtsratsbeschlusses oder die Beschlussfähigkeit ursächlich war.
Die Gesellschaft ist nach den Grundsätzen der sekundären Beweislast diesbezüglich darlegungspflichtig.
Der BGH geht davon aus, dass die Nichtigkeitserklärung der Wahlbeschlüsse Auswirkungen auf die Wirksamkeit zwischenzeitlich gefasster Aufsichtsratsbeschlüsse haben könnte.
Er führt weiter aus, dass Nichtmitglied nicht nur das nichtig gewählte Aufsichtsratsmitglied sei, sondern auch das Mitglied, dessen Wahl erfolgreich angefochten wurde.
Ab wann Organmitglieder die Nichtigkeit kennen müssen, lässt der BGH offen. Die bloße Kenntnis der Wahlanfechtung soll hierfür nicht ausreichen.
In der Praxis führt die Aufdeckung eines Bestellungsmangels häufig zu einer erneuten Bestellung des zuvor fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds.
Zu dem bisher gesagten, macht der BGH eine wichtige praxisrelevante Ausnahme und zwar in Bezug auf die Beschlussvorschläge an die Hauptversammlung. Fehle ein nach § 124 Absatz 3 Satz 1 AktG notwendiger Beschlussvorschlag, so liege ein Verfahrensfehler vor, der zur Anfechtung führen könne, wenn er relevant sei. Der Beschlussvorschlag eines nicht ordnungsgemäß besetzen Organs hat Relevanz. Im Zeitpunkt der Beschlussfassung, so der BGH, sei ein Aufsichtsrat mit einem anfechtbar gewählten Mitglied aber ordnungsgemäß besetzt, weil der Wahlbeschluss bis zur Nichtigerklärung wirksam sei und erst rückwirkend unwirksam werde.
Frankfurt am Main, den 15.02.2015 von Oliver Krautscheid
Manchmal ist es anders wie man meinen könnte. Nicht der Verzicht auf eine Wiederbestellung ist häufigste Ursache für ein Ausscheiden aus dem Aufsichtsrat, sondern die Amtsniederlegung. Diese vorzeitige Beendigung der regulären Bestellzeit ist nach überwiegender Auffassung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässig, sofern die Satzung nichts anderes bestimmt. Allerdings sollte eine Mandatsniederlegung nicht zur Unzeit erfolgen. Zwar wäre diese wirksam, könnte aber zu Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegen das Aufsichtsratsmitglied führen.
Die Motive dazu sind recht unterschiedlich. Ein vorzeitiger Verzicht kann krankheits- oder altersbedingt erfolgen. Aber auch die Übernahme eines Mandats bei einem Wettbewerber oder Überlastung sind Beweggründe. Ferner soll es nach Ziffer 5.5.3 Satz 2 DCGK, bei Vorliegen eines wesentlichen und nicht nur vorrübergehenden Interessenkonflikts in der Person des Aufsichtsratsmitglieds, zur Beendigung des Mandats führen.
In deutschen Aktiengesellschaften ist die Amtsniederlegung nichts besonderes, im Gegenteil ist sie eher gängig. Regelmäßig ist in Hauptversammlungseinladungen von der Notwendigkeit der Neuwahl eines Aufsichtsratsmitglieds aufgrund einer Amtsniederlegung zu lesen. Eine Begründung muss mit der Amtsniederlegung nicht einhergehen.
Bestimmung von Nachfolgern
Amtsniederlegungen erfolgen meist nicht mit sofortiger Wirkung, sondern regelmäßig erst zum Ablauf der nächsten ordentlichen Hauptversammlung oder zum späteren Zeitpunkt. Dadurch wird vermieden, dass es infolge der vorzeitigen Amtsniederlegung zu unvollständig besetzten- oder gar beschlussunfähigen Aufsichtsgremien kommt. Eine andere Möglichkeit eine Unterbesetzung zu verhindern gibt es, indem man gleichzeitig mit der Bestellung des jeweiligen ordentlich Aufsichtsratsmitglieds Ersatzmitglieder bestellt, welche im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens nachrücken soll. Auch kann ein Antrag auf gerichtliche Notbesetzung gestellt werden (§ 104 Absatz 1 Satz 2 AktG), wenn ein Aufsichtsrat die zur Beschlussfähigkeit nötige Zahl von Mitgliedern nicht mehr aufweist. Ist der Aufsichtsrat zwar beschlussfähig, dennoch aber unterbesetzt und hält dieser Zustand länger als drei Monate an, so ist ebenfalls eine Notbestellung möglich (§ 104 Absatz 2 Satz 1 AktG).
Frankfurt am Main, den 20.09.2014 von Oliver Krautscheid
Folgende Vorschläge haben zum Ziel, die Schaffung einer best practice für die Geschäftsleitung zur Planung und Durchführung einer Unternehmenszusammenführung (Post Merger Integration). Hintergrund der Vorschläge ist das Scheitern von 60 – 70 % aller Post Merger Integrationen oft aufgrund von unternehmerischem Missmanagement bei der Planung, Vorbereitung und Umsetzung der Unternehmensintegration. Das Missmanagement wurde nur selten durch Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen geahndet, sondern vielmehr erfolgte die Abberufung des betreffenden Organmitgliedes.
Organpflichten der Geschäftsleitung bei unternehmerischen Entscheidungen
Unternehmerische Entscheidungen sind haftungsrechtlich privilegiert. Das gilt auch für die Vorbereitung und Umsetzung einer Post Merger Integration. Unternehmerische Entscheidungen fallen unter die sogenannte Business Judgement Rule. Diese ist in § 93 Absatz 1 Satz 2 AktG verankert. Der Vorstand haftet danach nicht, wenn er vernünftigerweise annehmen durfte, auf Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Dass die Voraussetzungen dafür vorliegen, fällt grundsätzlich gemäß § 76 AktG in die Gesamtverantwortung des Vorstandes.
Nach § 116 AktG gelten die Grundsätze der Organhaftung des § 93 AktG für Aufsichtsratsmitglieder entsprechend. Während der Vorstand die Geschäftsleitungsbefugnis innehat, hat der Aufsichtsrat die Überwachungsfunktion, § 111 Absatz 1 AktG. Die Haftung des Aufsichtsrates in Post Merger Integrations-Fällen kann sich daher nur aus Überwachungsfehlern in Bezug auf die Geschäftsführung ergeben. Eine Haftung kommt ebenfalls bei Nichtgeltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen Vorstandsmitglieder in Betracht. In diesem Zusammenhang können für den Aufsichtsratsvorsitzenden dabei höhere Anforderungen gelten.
Anwendung der Grundsätze der Organhaftung auf die Post Merger Integration
Um die Haftungsrisiken einer Post Merger Integration so gering wie möglich zu halten, bietet sich an zwischen zwei Zeitphasen mit korrespondierenden Handlungspflichten zu unterscheiden.
Folgende Vorstandspflichten ergeben sich:
Phase 1: Vor Abschluss der Transaktion
Zu Beginn stehen die Vorbereitung der Transaktion im Hinblick auf die Analyse der relevanten Post Merger Risiken im Fokus sowie der Entwurf eines Integrationsplans. Neben der Erstellung von Feasibility Studien erfolgen eine Absicherung von Erfolgsparametern und die Erarbeitung alternativer Umsetzungspläne. Auf dieser Stufe erfolgt weiter eine Minimierung der Risiken durch entsprechende Verhandlungen des Kaufvertrages. Phase 1 ist zeitlich vor dem signing einzuordnen.
Phase 2: Nach Abschluss der Transaktion
Im darauf folgenden Schritt geht es um die Umsetzung und Überwachung des Integrationsplans. Dies umfasst: personelle Integration, Vereinheitlichung von Prozessen und Strukturen, Implementierung einer gemeinsamen Unternehmensstruktur und die Verschmelzung der Unternehmenskulturen. Es erfolgt gegebenenfalls eine Anpassung des Integrationsplans an geänderte Rahmenbedingungen. Empfehlenswert ist darüber hinaus ein Nachsteuern bei erkennbaren Defiziten. Diese Phase beginnt mit dem signing.
Haftung des Aufsichtsrates
Wie bereits erwähnt ergeben sich die Haftungsrisiken des Aufsichtsrates in erster Linie aus einer Verletzung der Überwachungspflichten. Besteht für den Unternehmenserwerb ein zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrates nach § 111 Absatz 4 AktG, so muss dieser nicht nur das ihm zur Zustimmung vorgelegene Rechtsgeschäft prüfen, sondern darüber hinaus trifft ihn eine über den Vertragsabschluss nachwirkende Beobachtungspflicht. In Hinblick auf die Informationspolitik zwischen Aufsichtsrat und Vorstand ergibt sich in Hinblick auf die Post Merger Integration nichts anderes wie die anerkannte „Bringschuld“ des Vorstandes und die „Holschuld“ des Aufsichtsrates. Aufsichtsräten ist diesbezüglich zu empfehlen Soll- Ist Analysen von den Erfolgen der Post Merger Integration zu erstellen und sodann Handlungsempfehlungen auszusprechen.
Frankfurt am Main, den 06.07.2014 von Oliver Krautscheid
Der Vorstand hat die Möglichkeit, nach genehmigtem Kapital ohne nochmalige Befassung der Hauptversammlung, das Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen und kann dadurch die mindestens zweiwöchige Ausübungsfrist nach § 186 Absatz 1 Satz 2 AktG vermeiden. Dadurch kann die Gesellschaft flexibel und schnell von günstigen Kapitalmarktbedingungen profitieren. Der Bezugsrechtsausschluss kann auf verschiedenen Wegen erfolgen. Möglich ist ein Direktausschluss durch die Aktionäre (§§ 203 Absatz 1 Satz 1 AktG, 186 Absatz 3 AktG) oder die Ausschlussermächtigung zugunsten des Vorstands durch die Aktionäre (§§ 203 Absatz 2 Satz 1 AktG, 186 Absatz 3 AktG), jeweils entweder durch die Gründer (§ 202 Absatz 1 AktG) oder durch satzungsändernden Beschluss der Hauptversammlung (§ 202 Absatz2 Satz 1 AktG). In der Praxis wird jedenfalls am häufigsten der Weg über die Ausschlussermächtigung gewählt.
Entgegen der Kali + Salz Rechtsprechung muss, mit der neuen Siemens/ Nold Rechtsprechung des BGH, der Bezugsrechtsausschluss nicht im Zeitpunkt der Schaffung des genehmigten Kapitals durch die Hauptversammlung materiell gerechtfertigt sein. Es genügt zu diesem Zeitpunkt im Vorfeld der Hauptversammlung, dass die Kapitalmaßnahme allgemein im Vorstandsbericht umschrieben wird und im Interesse der Gesellschaft liegt.
Nutzt der Vorstand jedoch ein genehmigtes Kapital bezugsrechtsfrei aus, hat er die Pflicht die konkreten Umstände auf der zeitlich nächsten, auf die Ausnutzung der Ermächtigung folgenden ordentlichen Hauptversammlung, mündlich und aktiv in seinem Bericht darzulegen und insbesondere auch, inwieweit er sich dabei im Rahmen der Ermächtigung der Hauptversammlung gehalten hat und der Bezugsrechtsausschluss sachlich gerechtfertigt ist.
Dies ist die sogenannte Nachberichtserstattung, welche dahin begründet wird, dass ein Bezugsrechtsausschluss in Art. 14 GG eingreift und daher immer rechtfertigungsbedürftig ist. An einer gesetzlichen Rechtsgrundlage fehlt er indes. § 186 Absatz 4 AktG betrifft einzig die beschlussfassende Hauptversammlung, wie schon der BGH in seinem Urteil Mangusta/ Commerzbank I feststellte. Eine analoge Anwendung dieser Norm scheidet mangels Vergleichbarkeit der Interessenslage ebenfalls aus. Denn bei § 186 Absatz 4 Satz2 AktG soll primär eine ausreichende Information der Aktionäre bei der Beschlussfassung sicherstellen und ihnen eine sachgerechte Entscheidung über den Ausschluss des Bezugsrechts ermöglichen. Hingegen ist der Sinn und Zweck der Pflicht zur Nachberichtserstattung die Absicherung des Rechtsschutzes und die Kontrolle des Vorstandes. Da nach der Siemens/ Nold Rechtsprechung des BGH im Vorstandsbericht vor der Beschlussfassung der Hauptversammlung nur noch allgemeine Angaben gemacht werden müssen, folgt aus gerade diesem Umstand, nämlich dass zu diesem Zeitpunkt noch keine Aussage über die Ausnutzung des genehmigten Kapitals gemacht werden kann, eine nachgelagerte Berichtspflicht.
Rechtsfolgen von Mängeln der Berichtserstattung
Unstreitig sind die Konsequenzen, wenn der Vorstand seiner Berichtserstattungspflicht im Zusammenhang mit dem Hauptversammlungsbeschluss zur Schaffung genehmigter Kapitalerhöhungen gar nicht, inhaltlich unvollständig oder nicht formgerecht nachkommt bzw. dieser Bericht nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht wird. In diesen Fällen ist der Hauptversammlungsbeschluss über das genehmigte Kapital anfechtbar. Das OLG Frankfurt hat sich zu der Frage geäußert, welche Rechtsfolgen drohen, wenn die Nachberichtspflicht nach der bezugsrechtsfreien Ausnutzung des genehmigten Kapitals nicht oder mangelhaft erfolgt. Nach Auffassung des OLG Frankfurt ist eine ordnungsgemäße Abwicklung früherer Kapitalerhöhungen Voraussetzung für die rechtmäßige Schaffung neuer genehmigter Kapitalerhöhungen. Das OLG Frankfurt vertritt, dass Mängel in der Berichtserstattung nach der bezugsfreien Ausnutzung des genehmigten Kapitals, auf eine neue Kapitalerhöhung durchschlägt bzw. diese „infiziert“. Diese Auffassung könnte sich daher erklären, dass lediglich Hauptversammlungsbeschlüsse Gegenstand einer Anfechtungsklage sein können, § 243 Absatz 1 AktG, nicht jedoch die spätere Entscheidung der Verwaltung zur Ausnutzung der durch den Beschluss genehmigten Kapitalerhöhung. Begründet wird dies damit, dass eine ordnungsgemäße Abwicklung vergangener Kapitalerhöhungen für die Entscheidung der Aktionäre über die Genehmigung neuer Kapitalmaßnahmen entscheidend sei.
Dieser Auffassung werden allerdings viele ablehnende Argumente entgegen gebracht. So spricht vor allem gegen ein „Durchschlagen“, dass dies zur erheblichen Unsicherheiten für die solide Eigenkapitalfinanzierung der Aktiengesellschaft führt. Ferner kann den Urteilen des BGH auch keine Grundlage für dieses Vorgehen entnommen werden. Auch spricht dagegen, dass bei Mangelhaftigkeit des Nachberichtes, dem Vorstand die Entlastung verweigert werden oder seine Entlastung anfechtbar sein kann. Weiteres Rechtschutzmittel ist eine Feststellungsklage bzw. wenn der Vorstand die konkreten Voraussetzungen für den Bezugsrechtsausschluss missachtet und eine Vermeidung dieses Verhaltes noch möglich ist, die Unterlassungsklage. Darüber hinaus sind ggfs. Schadensersatzansprüche der Aktionäre gegen die Gesellschaft und auch die verantwortlichen Organmitglieder denkbar.
Festgehalten werden kann daher, dass Berichtsmängeln in abgeschlossenen Kapitalerhöhungen, sich nicht auf neue genehmigte Kapitalia durchschlagen und diese folglich nicht anfechtbar machen.
Frankfurt, den 05.07.2014 von Oliver Krautscheid
Das Aktiengesetz von 1937 verteilte die Aufgaben zwischen den Organen der AG neu. Dem Vorstand kam danach eine Leitungsfunktion und dem Aufsichtsrat eine Überwachungsfunktion zu. Die Hauptversammlung konnte aus eigener Initiative keinen Einfluss mehr auf die Geschäftsführung nehmen. Die ausschließliche Zuständigkeit für die Abberufung und Bestellung von Vorstandsmitgliedern liegt von dort an beim Aufsichtsrat.
Durch die Reform 1937 wurde bewusst eine unabhängige Stellung des Vorstandes eingeführt. Die Abberufung von Vorstandsmitgliedern soll nicht frei möglich sein, sondern setzt das Vorliegen eines wichtigen Grundes voraus. Dies soll eine unabhängige Position des Vorstandes stärken und ihn nicht einer Drucksituation aussetzen, willkürlich einer Abberufung ausgesetzt zu sein, was sich wiederum auf die Vornahme von Geschäftsführungsmaßnahmen auswirken würde.
Ein Abberufungsgrund kann gemäß § 84 Absatz 3 Satz 2 AktG der Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung sein. Entgegen der Aufgabenverteilung nach der Reform 1937 ist damit nun doch eine Einflussmöglichkeit der Hauptversammlung bei Personalentscheidungen auf Vorstandsebene gegeben.
Problematisch ist auch, dass es sich bei dem Begriff Vertrauensentzug, um ein kaum justiziables psychologisches Tatbestandsmerkmal handelt, welches die Gefahr mit sich bringt nur vorgeschoben zu werden um unliebsame Vorstandsmitglieder los zu werden. § 84 Absatz 2 Satz 3 AktG bestimmt allerdings, dass dann kein wichtiger Grund vorliegt, wenn das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist. Für die Tatsache, dass der Vertrauensentzug aus offenbar unsachlichen Gründen erfolgte, ist das Vorstandsmitglied bei gerichtlicher Geltendmachung beweispflichtig.
Bei einem größeren Aktionärskreis ohne Mehrheitsaktionär wird dies auch für sachgerecht gehalten, da dort der Beschluss der Hauptversammlung über den Vertrauensentzug grundsätzlich seine Richtigkeitsgewähr in sich trägt.
Problematischer ist es bei einer Aktiengesellschaft mit einem Aktionär, der die Hauptversammlungsmehrheit besitzt und möglicherweise selbst im Aufsichtsrat sitzt. In dieser Konstellation besteht die Gefahr, dass der Mehrheitsaktionär das Mittel des Vertrauensentzugs benutzt, um ihm nicht genehme Vorstandsmitglieder abzuberufen. Dies kann vor allem dann der Fall sein, wenn eine Geschäftsführungsmaßnahme nicht dem Willen des Mehrheitsaktionärs entspricht. Den Hauptversammlungsbeschluss könnte der Mehrheitsaktionär allein herbeiführen. Dieses Missbrauchsverhalten würde der Wertung des § 117 AktG widersprechen und einen offenbar unsachlichen Grund i.S.d. § 84 Absatz 2 Satz 3 AktG darstellen. Wenn hier dem Vorstandsmitglied die Beweislast aufzuerlegen wäre, hätte dieser wohl kaum eine Chance dem willkürlichen Vertrauensentzug entgegenzuwirken. Daher wird es als sachgerecht erachtet, die Regeln der sekundären Darlegungs- und Beweislast anzuwenden. Das heißt, wenn das Vorstandsmitglied substantiiert darlegt, dass die Abberufung aus anderen Gründen als einem Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung erfolgte, muss die Gesellschaft im Rahmen ihrer sekundären Darlegungs- und Beweispflicht sachliche Gründe darlegen, aufgrund derer die Hauptversammlung dem Vorstandsmitglied das Vertrauen entzogen hat.
Die Beschlussfassung über den Vertrauensentzug kann nur auf Antrag von Aktionären zum Gegenstand der Tagesordnung einer Hauptversammlung gemacht werden, nicht hingegen durch die Verwaltung.
Frankfurt am Main, den 28.06.2014 von Oliver Krautscheid
Besteht ein unsicherer Umstand sprich ein Verdacht, dass ein Vorstandsmitglied eine Straftat oder eine Pflichtverletzung begangen hat, so ist es für den Aufsichtsrat von Interesse, ob dies bereits zum Widerruf der Bestellung eines Vorstandsmitgliedes gemäß § 84 Absatz 3 AktG berechtigt. § 84 Absatz 3 Satz 1 AktG bestimmt, dass der Aufsichtsrat zur Abberufung eines Vorstandsmitglieds nur berechtigt ist, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Als solch einen wichtigen Grund nennt § 84 Absatz 3 Satz 2 AktG grobe Pflichtverletzungen, die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung oder Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung. Somit ist fraglich, ob bereits der Verdacht eines Fehlverhaltens einen wichtigen Grund darstellen kann. Zieht man eine Parallele zur arbeitsrechtlichen Verdachtskündigung als etabliertes Parallelinstitut, so kann nach dem BAG, der auf objektive Tatsachen gegründete, dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung einen wichtigen Grund zur Kündigung i.S.v. § 626 Absatz 1 BGB darstellen. Nach dem BGH lassen sich die Grundsätze zur arbeitsvertraglichen Verdachtskündigung auf sämtliche personenbezogene Dauerschuldverhältnisse übertragen, so zum einen beim Geschäftsführer einer GmbH und zum anderen konsequenterweise beim Anstellungsvertrag des Vorstandmitglieds bei der AG. Dies ergibt sich ferner aus § 84 Absatz 3 Satz 5 AktG, der auf die allgemeinen Vorschriften und damit eben auch auf § 626 BGB für den Anstellungsvertrag Bezug nimmt.
Festgehalten werden kann damit, dass bei Verdacht eines grob pflichtwidrigen Verhaltens des Vorstandsmitglieds, der Aufsichtsrat die Bestellung aus wichtigem Grund gemäß § 84 Absatz 3 Satz 1 AktG wiederrufen kann. Ebenso wenn ein Verdacht besteht, der die Fortsetzung des Organverhältnisses bis zum Ende der Amtszeit unzumutbar macht. Der Verlust des Vertrauens durch die Hauptversammlung kann aufgrund der durch die organrechtlichen Beziehung zwischen Organwalter und Gesellschaft geschaffene Vertrauensstellung, den Fortbestand des Mandats unzumutbar machen.
Ob der in Frage stehende Verdacht bereits einen wichtigen Grund darstellt, bemisst sich einzig an den Interessen der Gesellschaft. Aufgrund der Doppelstellung des Vorstandes als treuhänderische Vertrauensperson und imageprägender Repräsentant der Aktiengesellschaft, kann schon die Öffentlichkeitswirkung der Gesellschaft einen Verdacht begründen, der zum wichtigen Grund für die Abberufung führt. Durch diesen Maßstab kann auch ein Unschuldiger von einer Verdachtsabberufung betroffen sein. Die Grenze ist daher bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten zu ziehen.
Zu beachten ist allerdings, dass die Abberufung nur auf einen Verdacht gestützt werden kann, wenn dieser auf objektiv nachprüfbare Tatsachen beruht. Dies ist einem effektiven Rechtsschutz des betroffenen Organwalters geschuldet. Ferner ist es eine prozessuale Wirksamkeitsvoraussetzung, dass das Vorstandsmitglied vor der Abberufung angehört wird. Hierin liegt ebenfalls eine Parallele zur arbeitsrechtlichen Verdachtskündigung, denn der Arbeitgeber ist verpflichtet alles ihm zumutbare zu unternehmen um den Sachverhalt aufzuklären. Die Verdachtsabberufung unterliegt keiner Frist, lediglich den Grundsätzen der Verwirkung und ist grundsätzlich formlos und ohne Begründung möglich.
Abschließend sei noch erwähnt, dass sollte sich der Verdacht nach Abschluss des Wiedereinstellungsverfahrens als unbegründet herausstellen, dem Vorstandsmitglied kein Wiedereinstellungsanspruch gegen die AG zusteht. Hingegen sind solche Umstände, die nach der Abberufung bekannt werden und das Vorstandsmitglied entlasten im Wiedereinstellungsprozess zu berücksichtigen.
Im Verhältnis zur Suspendierung, stellt letztere noch nicht eine Verdichtung der Verdachtsmomente dar, welche für eine Verdachtsabberufung zu fordern ist. Die Suspendierung wird als Verbot der Amtsausübung bei gleichzeitig fortbestehendem Mandat verstanden. Die Dauer einer Suspendierung unterliegt engen zeitlichen Grenzen und kommt allenfalls für die Zeit der Sachverhaltsaufklärung durch die Gesellschaft in Betracht.
Frankfurt am Main, den 21.06.2014 von Oliver Krautscheid
Primärer Adressat bei Handlungspflichten der Gesellschaft ist der Vorstand gemäß §§ 76, 111 Absatz 4 Satz 1 AktG- auch in der Krise. An der regulär geltenden Aufgabenverteilung ändert sich in der Krise nichts. Kernpflicht des Vorstandes ist gemäß § 15a Absatz 1 InsO die Antragspflicht auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei zahlungsunfähig oder Überschuldung ohne Fortführungsmöglichkeit der Gesellschaft. Der Antrag ist vom Vorstand ohne schuldhaftes Zögern, spätestens jedoch drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu stellen. Die drei Wochen Frist ist dabei als Höchstfrist zu verstehen und darf nur in Anspruch genommen werden, wenn aussichtsreiche Sanierungsbemühungen laufen. So ist es Pflicht des Vorstandes in Krisenzeiten der Gesellschaft ständig zu prüfen, ob Zahlungsunfähigkeit oder ggfs. eine rechtlich relevante Überschuldung gemäß § 19 InsO vorliegt. Bei der Beurteilung hat er neben der kurzfristigen Liquidität auch die mittelfristige Liquidität in seine Prüfung mit einzubeziehen.
Ab Eintritt von Zahlungsunfähigkeit oder rechtlich relevanter Überschuldung existiert ein absolutes Auszahlungsverbot gemäß § 92 Absatz 2 Satz 1 AktG. Dies gilt nach § 92 Absatz 2 Satz 2 nicht für Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind, das heißt für solche Zahlungen, die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Vermögen der Gesellschaft bringen oder Zahlungen, die erforderlich sind um Sanierungsbemühungen nicht von vorneherein auszuschließen. Beweis- und Darlegungspflichtig in diesem Zusammenhang ist der Vorstand.
Verstößt der Vorstand gegen § 92 Absatz 2 Satz 1 AktG, so ist er zur Erstattung der Auszahlungen verpflichtet. Zwar ist bei Zahlung bestehender Verbindlichkeiten der Gesellschaft kein Schaden zugefügt worden, aber Sinn und Zweck des absoluten Auszahlungsverbotes ist der Schutz der zukünftigen Insolvenzgläubiger.
Neben der Schadensersatzpflicht stellt die verspätete Stellung eines Insolvenzantrages gemäß § 15a Absatz 4, 5 InsO auch ein strafrechtlich relevantes Verhalten dar. Selbst die fahrlässige Verkennung der Lage, sog. „ignorierte Insolvenzantragspflicht“ führt zur Strafbarkeit. Bei dessen Vorliegen kommt es in der Praxis nach § 153a StPO häufig – unter Zahlung einer hohen Geldauflage- zur Einstelllung des Strafverfahrens.
Neben der Insolvenzantragspflicht hat die allgemeine Sorgfaltspflicht des Vorstandes nach § 93 Ansatz 1 AktG ebenfalls besondere Bedeutung. Bei seinen Entscheidungen hat er einen erheblichen Beurteilungsspielraum, ist jedoch angehalten seine Entscheidungen aufgrund von hinreichenden Informationen zu treffen und kein übergroßes Risiko einzugehen. (sog. „Business Jugement Rule“)
Im Falle eines Schadensersatzprozesses hat die Gesellschaft den entstandenen Schaden zu beweisen. Den in Anspruch genommenen trifft dahingehend die Darlegungs- und Beweislast, dass er nicht pflichtwidrig gehandelt hat bzw. der Schaden bei pflichtgemäßen Verhalten ebenso eingetreten wäre und daher nicht kausal ist. Daher sollte der Vorstand auf eine umfassende qualifizierte Dokumentation achten, bei der sowohl der zugrundeliegende Sachverhalt, als auch die darauf aufbauenden Erwägungen ggfs. ergänzt durch Sachverständigen Gutachten enthalten sind.
Neben der Haftung und Verantwortlichkeit des Vorstandes tritt die Verantwortlichkeit des Aufsichtsrates. Ihn trifft die allgemein anerkannte Überwachungspflicht über den Vorstand, allerdings in der Krise mit erhöhten Anforderungen. So reicht es nicht aus, dass er sich mit unplausiblen Auskünften des Vorstandes zufrieden gibt, sondern er muss ggf. nachfragen. Aus dem Fragerecht gemäß § 90 Absatz 3 AktG, welches sich gerade auch auf die zukünftigen Geschäftsentwicklung und –planung richtet, erwächst in der Krise die Pflicht, diese Auskünfte auch tatsächlich einzufordern. Darüber hinaus hat der Aufsichtsrat bezüglichen den Entscheidungen die der Vorstand in einer Sanierung treffen muss, diesen besonders zu beraten sowie die Pflicht ihn darauf aufmerksam zu machen, dass er seine Entscheidungen auf Basis ausreichender Information und unter sorgfältiger Abwägung der absehbaren Chancen und Risiken trifft.
Kommt der Vorstand in Krisenzeiten der Gesellschaft, welche eine Zahlungsfähigkeit begründen, seiner Antragspflicht zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht nach, so wandelt sich die Überwachungspflicht des Aufsichtsrates in eine Handlungspflicht um. Der Aufsichtsrat hat in diesem Fall dann darauf hinzuwirken, dass der Vorstand seine Verpflichtung erfüllt und es unterlässt unzulässige Zahlungen zu leisten. Führt dies zu keinem Erfolg ist der Aufsichtsrat verpflichtet den Vorstand abzulösen. Denn in der Nichtbeachtung begründeter Einwendungen des Aufsichtsrates ist regelmäßig ein wichtiger Grund zur Abberufung zu sehen.
Eine eigene insolvenzantragspflicht trifft den Aufsichtsrat nur, wenn die Gesellschaft führungslos ist. Dies kann durch Tod oder Amtsniederlegung des Vorstandes eintreten. Die Führungslosigkeit der Gesellschaft stellt einen gesetzlich normierten Sonderfall nach § 15a Absatz 3 InsO dar. Zu beachten ist, dass die rein faktische Unerreichbarkeit des Vorstandes keine Führungslosigkeit der Gesellschaft darstellt. Da der Aufsichtsrat im Falle eines Schadens ebenfalls ersatzpflichtig ist und ihm bei gerichtlicher Inanspruchnahme der Gesellschaft, im Prozess die Beweis- und Darlegungspflicht trifft ist die Tätigkeit bei der Überwachung des Vorstandes zu dokumentieren. Dafür reicht nicht eine bloße Ergebnisprotokolierung aus. Vielmehr sollte der Aufsichtsrat die wesentlichen Gründe seiner Entscheidung und vor allem seine Bemühungen um ausreichende Informationen festhalten.
Die Haftung von Vorstand und Aufsichtsrat erfolgt im Außenverhältnis gegenüber der Gesellschaft als Gesamtschuldner. Im Innenverhältnis haften sie jedoch nach dem Maß der Verursachung und dem Grad des Verschuldens. Dabei kann im Falle einfacher Fahrlässigkeit, die Haftung auf eine D & O- Versicherung abgewälzt werden.
Frankfurt am Main, den 21.06.2014 von Oliver Krautscheid
Mit wachsender Krise der Gesellschaft erhöht sich die Intensität der Überwachungs-, Kontroll- und Beratungspflicht des Aufsichtsrates nach § 111 Absatz 1 AktG über den Vorstand. Der Aufsichtsrat hat die Pflicht sich ein genaues Bild von der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft zu machen. Dazu stehen ihm insbesondere alle nach §§ 90 Absatz 3, 111 Absatz 2 AktG genannten Erkenntnisquellen zur Verfügung. Daraus können verstärkte Berichtsanforderungen, eine Erhöhung der Anzahl der Aufsichtsratssitzungen, eine zunehmende Anforderung der Abgaben von den Vorstand verpflichtenden Stellungnahmen sowie häufigere Einberufung der Hauptversammlung resultieren.
Verstößt der Aufsichtsrat gegen seine Pflichten aus § 111 AktG, so kann die Gesellschaft Schadensersatzansprüche gegen ihn geltend machen. Darüber hinaus kann sich eine deliktische Haftung aus § 823 Absatz 1, § 823 Absatz 2 BGB in Verbindung mit einem Schutzgesetz ergeben.
Neben der zivilrechtlichen Haftung, kann sich zusätzlich eine Strafbarkeit aus dem Insolvenzstrafrecht ergeben. Insolvenzstraftaten umfassen diejenigen Vorschriften, die mit Mitteln des Strafrechts die Gesamtvollstreckung sämtlicher gläubiger im Insolvenzverfahren sichern. Darunter fallen im engeren Sinn die §§ 283- 283d StGB (Bankrott, Verletzung der Buchführungspflicht, Gläubiger- und Schuldnerbegünstigung) sowie die Insolvenzverschleppung nach § 15a InsO. Im weiteren Sinn die §§ 263 (Betrug), 265 b (Kreditbetrug), 266 (Untreue), 266 a (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt) , 156 StGB (falsche Versicherung an Eides statt) sowie die Steuerhinterziehung nach § 370 AO.
Eine Insolvenzantragspflicht besteht für den Aufsichtsrat bei Führungslosigkeit der Gesellschaft sowie bei faktischer Unternehmensbeherrschung. In diesem Zusammenhang kann sich der faktische Unternehmensleiter nach allen Insolvenzdelikten strafbar machen.
Bei Jahresabschlüssen ist es eine der wichtigsten Aufgaben des Aufsichtsrates, den Rechnungslegungsprozess zu überwachen und zu prüfen, in rechtlicher sowie zweckmäßiger Hinsicht. Bilanzstrafrechtliche Konsequenzen ergeben sich nach § 400 AktG für den Aufsichtsrat, wenn er unter anderem Übersichten über den Vermögensstand unrichtig wiedergibt oder verschleiert. Für die Verletzung von Buchführungspflichten ergibt sich die Strafbarkeit aus §§ 283 Absatz 1 Nr. 5 bis 7 und 283 b StGB.
Darüber hinaus kann für den Aufsichtsrat eine Strafbarkeit als Teilnehmer an der Strafbarkeit des Vorstandes in Betracht kommen. Diese Konstellation meint die Situation, wenn der Vorstand die Insolvenzanzeigepflicht trägt. Denkbar ist dabei, sowohl Beihilfe in Form psychischer Beihilfe als auch eine Anstiftung, bei Einwirken des Aufsichtsrates auf den Vorstand, die Antragstellung zu unterlassen. Ohne ein Hinwirken des Aufsichtsrates, den Vorstand dazu zu bewegen seine Antragspflicht zu erfüllen, kann daneben auch eine strafrechtliche Beihilfe zur Insolvenzverschleppung treten.
Im gesamten kann damit festgehalten werden, dass Aufsichtsratsmitglieder in Zeiten einer wirtschaftlichen Krise einer Gesellschaft rechtlichen Beistand ersuchen, um mögliche strafrechtliche Risiken zu vermeiden.
Frankfurt am Main, den 10.05.2014 von Oliver Krautscheid
Die Effizienzprüfung ist weit verbreitet als Kontrollinstrument der Aufsichtsratsarbeit. Es soll die Arbeit des Aufsichtsratsgremiums intensiv untersucht werden und konkret die Arbeitsweise des Gremiums und seiner Ausschüsse durchleuchtet werden. Empfohlen wird regelmäßig alle zwei Jahre eine solche Prüfung durchzuführen. Initiator für die Durchführung einer Effizienzprüfung ist bei 75 % aller Unternehmen der Aufsichtsratsvorsitzende. Alle Aufsichtsratsmitglieder können sich aktiv am Prozess beteiligen und so den inhaltlichen Schwerpunkt beeinflussen. Häufigstes verwendetes Format bei der Durchführung einer Effizienzprüfung ist der Fragebogen mit 81 %, dahinter liegt mit 71 % die offene Diskussion über die Aufsichtsratsarbeit im Gesamtgremium. Bei der inhaltlichen Ausgestaltung sind zahlreiche Themen denkbar. Dabei kann zunächst nach Ebenen differenziert werden: Gesamtgremium, einzelne Ausschüsse und die individuellen Aufsichtsratsmitglieder, wobei der Fokus dabei auf der Ebene des Gesamtgremiums bzw. auf der Ebene der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder liegt. Mögliche inhaltliche Schwerpunkte auf der Gesamtaufsichtsratsebene mit hoher Relevanz sind unter anderem: Zusammenarbeit mit Wirtschaftsprüfern (88 %), Informationsversorgung durch den Vorstand (87 %), Qualität der Diskussion im Aufsichtsrat (75 %), Zusammenwirken von Vorstand und Aufsichtsrat bei der Strategiefestlegung (73 %), Offenheit bei gemeinsamen Sitzungen von Vorstand und Aufsichtsrat (72 %), Organisation des Aufsichtsrates und des Sitzungsablaufs (71 %), Selbstverständnis des Aufsichtsratsvorsitzenden (71 %) und auch die fachliche Diversität im Aufsichtsrat (68 %). Diese Aufzahlung ist nicht abschließend.
Aus den Ergebnissen der Effizienzprüfung sollten klare Handlungsempfehlungen resultieren, welchen dann auch umgesetzt werden. Nur so können die gewonnenen Erkenntnisse effektiv genutzt werden und bleiben nicht fruchtlos. Voraussetzung dafür ist eine ausführliche und kritische Auseinandersetzung mit den Ergebnissen. Aufsichtsräte sollten darauf achten, dass die Empfehlungen der Effizienzprüfung und die daraus zu erfolgenden Handlungen für die zukünftige Aufsichtsratsarbeit systematisch erfasst werden, so dass sich deren Umsetzung überprüfen lässt.
Frankfurt am Main, den 10.05.2014 von Oliver Krautscheid
Der Aufsichtsrat hat bei der Frage der Vorstandshaftung gemäß §§ 111 Abs.1, 112 AktG neben personellen und organisatorischen Maßnahmen, auch die Obliegenheit im Namen der Gesellschaft eventuelle Schadensersatzansprüche gegen Mitglieder des Vorstandes nach § 93 Abs.2 Satz 1 AktG durchzuführen. Da die Anforderungen an das Tätigwerden des Aufsichtsrates nicht konkretisiert sind, bedürfen haftungsrelevante Sachverhalte besonderer Aufmerksamkeit, da sonst die Gefahr für den Aufsichtsrat besteht, selbst Schadensersatzansprüche gemäß § 116 Satz 1 i.V.m. § 93 Abs. 2 AktG ausgesetzt zu sein. Zur Prüfung, ob Schadensersatzansprüche geltend zu machen sind, gibt es dennoch, aus den Ausführungen des BGH-Urteils (ARAG/ Garmenbeck-Urteil vom 21.4.97 – II ZR 175/95) abgeleitete, konkret in Erwägung zu ziehende Punkte. Danach wird die Beantwortung der Frage, nach der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches, mittels einer zweistufigen Prüfung durchgeführt.
Auf erster Stufe wird geprüft, ob in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ein Schadenersatzanspruch nach dem AktG besteht und ob dieser hinsichtlich des Prozessrisikos und der Betreibbarkeit der Forderung durchsetzbar ist. Im Rahmen der Prozessrisikoanalyse obliegt dem Aufsichtsrat, neben der diesbezüglichen Darlegungs- und Beweislast, auch den etwaigen Einfluss anderweitiger Behörden- oder Gerichtsentscheidungen zu berücksichtigen. Eine gerichtliche Klagezulassung löst somit eine vertiefte Ermittlungspflicht des Aufsichtsrates aus. Die Feststellung der Betreibbarkeit der Forderung unterliegt derweil praktischen Problemen. Denn die Solvenz eines Vorstandsmitgliedes oder das Eingreifen einer D& O -Versicherung kann der Aufsichtsrat nur schwer beantworten. Es erfolgt in der Hinsicht, eine auf die dem Aufsichtsrat vorliegenden Informationen gestützte Prognosentscheidung.
Auf zweiter Stufe erfolgt dann eine Abwägung, ob nicht ausnahmsweise von einer Anspruchsverfolgung abgesehen wird. Denn der Aufsichtsrat hat die Verpflichtung stets im Unternehmensinteresse zu handeln, sodass in gewissen Konstellationen, wenn Interessen und Belange der Gesellschaft entgegenstehen, ein Unterbleiben der Anspruchsverfolgung geboten sein kann. Die Entscheidung hat der Aufsichtsrat letztendlich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen.
Anhaltspunkte für das Vorliegen von Sorgfaltspflichtverletzungen können sich z.B. aus dem Inhalt der Regelberichte, den mündlichen Erörterungen in der Sitzung, Hinweisen des Wirtschaftsprüfers, Aussagen des Lageberichts, Anmerkungen von Mitarbeitern der Gesellschaft, aber auch aus öffentlich bekannten Tatsachen oder privaten Hinweisen von dritter Seite ergeben.
In Bezug auf die Ermittlungspflicht ist nicht der Maßstab der StPO anzulegen und ein hinreichender Tatverdacht nach § 203 i.V.m. 170 Abs. 1 StPO zu fordern. Es bedarf lediglich eines sogenannten Anfangsverdachts, d.h. eine gewisse, wenn auch noch geringe Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines entsprechenden Pflichtverstoßes. Diese Wahrscheinlichkeit soll bei plausiblen Informationen eines glaubwürdigen Dritten gegeben sein. Vermutungen an sich reichen allerdings nicht aus, es sei denn, dass bereits die als wahr unterstellte Vermutung, geeignet ist, der Gesellschaft gravierende nachteilige Folgen zu zufügen.
Der konkrete Prüfungsumfang einer Schadensersatzpflicht ist eine Frage des Einzelfalls. Die Beantwortung der Frage hängt insbesondere vom Gewicht des potentiellen Fehlverhaltens und den Folgen für die Gesellschaft ab.
Sollte einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern Schadenersatz begründende Umstände bekannt werden, so ist umgehend der gesamte Aufsichtsrat zu informieren. Darüber hinaus kann sich der Aufsichtsrat zur Ermittlung der Schadensersatz begründenden Umstände eines Aufsichtsratsausschussen, sog. litigation committee bedienen. Bei der Organisation und Koordinierung der Überprüfung etwaiger Schadensersatzansprüche kommen dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates eine herausgehobene Funktion zu.
Seiner Pflicht zur Sachverhaltsfeststellung kann der AR nur gerecht werden, wenn er bezüglich seiner Berichts- und Einsichtsrechten, über ein entsprechendes Informationsniveau verfügt, dass ihm die Beurteilung der Sachlage ermöglicht. Der Vorstand ist daher nicht nur verpflichtet, das Einsichts- und Prüfungsrecht des Aufsichtsrates zu dulden, sondern er muss vielmehr diesem die Durchführung seines Auftrages ermöglichen und erleichtern.
Bei der Wahl des Mittels, also dem wie der Pflichterfüllung, steht dem Aufsichtsrat grundsätzlich ein Ermessen zu. Dieses unterliegt allerdings seiner Verpflichtung stets im Unternehmensinteresse zu handeln. Daher ist die Wahl an dem jeweiligen Verdachtsgrad und den eventuellen Folgen für die Gesellschaft auszurichten.
Zulässiges Mittel kraft Gesetz sind neben der persönlichen Befragung der betroffenen Vorstandsmitglieder, die Berichte des Vorstands an den Aufsichtsrat und die vom Abschlussprüfer der Gesellschaft geprüften Jahresabschlüsse nebst Konzernabschlüssen sowie den dazu gehörigen Berichten des Abschlussprüfers gemäß §§ 316 ff. HGB.
Sofern sich durch die gesetzlich zulässigen Mittel ein konkreter Verdachtsmoment nicht ausschließen lässt, sind weitere Prüfungsmaßnahmen vorzunehmen. Denkbar sind Maßnahmen wie z.B. die persönliche Befragung des Abschlussprüfers oder von Mitarbeitern. Auch die Hinzuziehung (externer) Berater ist denkbar. § 111 Abs. 2 AktG bietet dafür die Rechtsgrundlage. Dies resultiert daraus, dass dem Aufsichtsrat die Möglichkeit gegeben sein muss, sich gerade bei komplexen und unklaren Sachverhalten zur optimalen Erfüllung seiner Aufgabe besonderer Sachverständiger zu bedienen.
Dabei ist eine restriktive und diskrete Vorgehensweise gefragt um die Vertrauensbasis zum Vorstand weitgehend zu erhalten. Diese Maßnahmen verstehen sich als Sonderuntersuchungen, interne Ermittlungen oder auch Internal Investigations genannt. Sie erfordern einen entsprechenden Aufsichtsratsbeschluss.
Frankfurt am Main, den 10.05.2014 von Oliver Krautscheid
Die Überwachung der Geschäftsführung ist gemäß § 111 Absatz 1 AktG Aufgabe des Aufsichtsrates. Am 26. Juli 2002 ist das Transparenz- und Publizitätsgesetz (TransPuG) mit dem Ziel, die Transparenz der Unternehmensführung und -überwachung zu erhöhen in Kraft getreten. Im Zuge dessen verpflichtet der Gesetzgeber den Aufsichtsrat mit § 111 Absatz 4 Satz 2 AktG zu einer aktiveren Rolle. Neben einer ex-post Überwachung tritt mit dem Erlass von Zustimmungsvorbehalte eine ex-ante Kontrolle. Das mit den Zustimmungsvorbehalten einhergehende Vetorecht ist ein zentrales Kontrollinstrument der Corperate Governance.
Zustimmungsvorbehalte können in der Geschäftsordnung für den Vorstand aufgenommen werden. Nach der Regierungsbegründung zum TransPuG sind die Zustimmungsvorbehalte obligatorisch. Soweit die Hauptversammlung keine Zustimmungsvorbehalte in die Satzung aufnimmt, ist der Aufsichtsrat gefragt. Dabei ist zu beachten, dass die Zustimmungsvorbehalte für bestimmte Arten von Geschäften festgelegt werden. Die Vorbehalte müssen hinreichend bestimmt sein. Allgemein gehaltene, generalartige Klauseln wie etwa alle „bedeutenden Geschäfte“ sind unzulässig, weil sie zu unbestimmt sind. Gesetzliche Regelungen welche Geschäfte dem Zustimmungsvorbehalt unterliegen gibt es nicht. Nach geltendem Recht darf die Satzung den Aufsichtsrat jedenfalls nicht zum Geschäftsführungsorgan aufwerten. Allerdings muss der Aufsichtsrat um seine Aufgabe ordnungsgemäß nachzukommen vorhersehen, welche Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstands der Gesellschaft zum Verhängnis werden können. Dies kann er nur, wenn er seine Befugnisse auf die Verhältnisse der Gesellschaft zuschneiden darf. Das Kontrollinstrument hat aber dort seine Grenzen auf, wo der Vorstand im Routinegeschäft in seiner ihm nach § 76 AktG eingeräumten Befugnis zur selbstverantwortlichen Leitung der Gesellschaft eingeschränkt werden soll. Zustimmungsvorbehalte dürfen daher nur für bedeutende Angelegenheiten angeordnet werden, insbesondere bei fundamentalen Veränderungen der Vermögens-, Finanz-, und Ertragslage. Geschäfte des täglichen Lebens scheiden somit aus.
Zustimmungsvorbehalte werden nach ihrer rechtlichen Innen- und Außenwirkung unterschieden. Der Vorstand darf vor Erteilung der Zustimmung das zustimmungspflichtige Geschäft nicht vornehmen, aber er kann. Das Rechtsgeschäft entfaltet, mit Ausnahme der Fallgruppen zu § 242 BGB, Außenwirkung, denn die Versagung der Zustimmung durch den Aufsichtsrat betrifft nur das Innenverhältnis und stellt folglich eine Pflichtverletzung des Vorstandes gemäß § 82 Abs.2 AktG dar. Diese Pflichtverletzung ist ein wichtiger Grund zum Widerruf der Bestellung darstellt und berechtigt zur fristlosen Kündigung des Dienstvertrages. Dies gilt auch in Eilfällen, da gerade in Hinblick auf die Zulässigkeit fernmündlicher Beschlussfassungen und schriftlicher Stimmabgabe im Aufsichtsrat, eine Unzumutbarkeit der Einholung nicht gegeben sein wird. Nur wenn die Entscheidung keinen Aufschub duldet und die fernmündliche oder schriftliche Beschlussfassung zu spät käme, kann der Vorstand ausnahmsweise ohne Zustimmungsvorbehalt handeln. Dann ist er aber verpflichtet, den Aufsichtsrat umgehend zu informieren und nachträglich eine Genehmigung einzuholen. Liegen die Voraussetzungen der Ausnahmekonstellation vor, darf der Aufsichtsrat diese nicht verweigern. Die Satzung sollte entsprechende Regelungen für den Eilfall aufnehmen.
§ 111 Absatz 4 Satz 3 AktG regelt den Fall, wie bei Konflikten zwischen Aufsichtsrat und Vorstand mit dem Zustimmungvorbehalt hinsichtlich Anwendung und Reichweite, vorzugehen ist. Verweigert der Aufsichtsrat seine Zustimmung zu einer Geschäftsführungsmaßnahme, so der Vorstand verlangen, dass die Hauptversammlung über die Zustimmung beschließt. Der Vorstand muss dann die Zustimmung zum Tagesordnungspunkt auf der Hauptversammlung machen.
Frankfurt am Main, den 10.05.2014 von Oliver Krautscheid
Die Anforderungen an Aufsichtsratsgremien und deren Mitglieder sind hoch. Allerdings existieren nur sehr wenige Leitlinien, die eine praktische Hilfestellung für die Organisation der Umsetzung der verschiedenen Vorgaben geben.
Die Financial Experts Association e.V. (FEA) erarbeitet zusammen mit dem Deutschen Institut für Normen (DIN) spezifizierte Leitlinien für Geschäftsprozesse in Aufsichtsräte. Im Rahmen dieses Standardisierungsprojekts soll eine eindeutige Hilfestellung für Aufsichtsratsprozesse gegeben werden. Aus dem Projekt resultiert die DIN Spec 33456. Die DIN Spec ist eine nach dem sog. PAS-Verfahren öffentlich verfügbare Spezifikation, die Systeme und Prozesse beschreibt. Mit der Hilfe der DIN Spec sollen für den ordnungsgemäßen Betrieb der Aufsichtsratsfunktion notwendige Geschäftsprozesse identifiziert und im Rahmen einer Spezifikation als „Good / Best Practice“ in einer verbreiteten Geschäftsprozessmodellierungssprache dokumentiert werden. Damit wird ein Referenzmodell für die wichtigsten Prozesse als Empfehlung für einen ordnungsgemäßen Betrieb der Aufsichtsratsaufgaben geschaffen. Für die Unternehmen soll dabei ausreichend Freiheit und Flexibilität für eine individuelle unternehmerische Anpassung gewährleistet werden. Die Standards richten sich sowohl an die Aufsichtsräte von Kapitalgesellschaften, als auch an mittelständische und öffentliche Unternehmen sowie Familienunternehmen und Stiftungen.
Derartige Leitlinien bringen eine handhabbare Möglichkeit zur Automatisierung und Optimierung bestimmter Überwachungsroutinen mit sich, sie erleichtern die Überprüfbarkeit der Arbeit von Aufsichtsgremien und reduzieren das Risiko von Sorgfaltspflichtverletzungen sowie von Haftungs- und Reputationsrisiken. Ferner sind sie eine Effizienzsteigerung der Überwachungstätigkeit von Aufsichtsratsgremien in Hinblick auf Zeit und Kosten.
Inhaltlich wird der DIN Spec 33456 Standard die folgenden Prozesse spezifizieren:
Frankfurt am Main, den 10.05.2014 von Oliver Krautscheid
Unter Compliance versteht man die Einhaltung aller Gesetze, Verordnungen, Richtlinien, vertraglichen Verpflichtungen und freiwillig eingegangene Selbstverpflichtungen, durch Unternehmen, ihren Organmitgliedern und Mitarbeitern. Für viele Unternehmen stellt sich die Frage, wie Compliance im Allgemeinen sichergestellt und Korruption im speziellen in den Unternehmen wirksam und nachhaltig verhindert werden kann. Compliance ist einer der wichtigsten Bestandteile eine guten Corperate Governance und damit zentrale Aufgabe des Vorstandes als oberste Unternehmensebene. Der Vorstand hat eine umfassende Leitungsfunktion in der Unternehmensführung. Das Handeln eines jeden Vorstandsmitgliedes muss im umfassenden Sinne rechtskonform, sprich compliant sein. Es ist seine Aufgabe ein effizientes Compliance Systeme zu schaffen, um Risiken frühzeitig zu ermitteln und darauf zu achten, dass diese Organisation auf Schadensprävention und Risikokontrolle angelegt ist. Es kommt ihm folglich, die umfängliche Verantwortung der Gewährleistung und Rechtsbefolgung durch das Unternehmen, seine Organmitglieder und Mitarbeiter zu.
Das Urteil des LG München vom 10.12.2013 – 5HK O 1387/10 befasst sich mit dem Gegenstand der Compliance Pflicht, der Organisationsverantwortung des Vorstandes und bezüglich den Sorgfaltsmaßstäben bei Anhaltspunkten für Compliance Verstöße. Grundlage für die Entscheidung waren Mängel in der Compliance Organisation der Siemens AG in Bezug auf schwarze Kassen und Scheinberaterverträge.
Grundlage der Compliance Pflicht ist die Legalitätspflicht des Vorstands. Im Rahmen seiner Legalitätspflicht hat ein Vorstandsmitglied dafür Sorge zu tragen, dass das Unternehmen so organisiert und beaufsichtigt wird, dass keine Gesetzesverstöße wie Schmiergeldzahlungen an Amtsträger eines ausländischen Staates oder an ausländische Privatpersonen erfolgen. Jeder Rechtsverstoß im Außenverhältnis stellt sogleich eine Pflichtverletzung des Vorstands im Innenverhältnis dar. Davon erfasst sind eben auch ausländische Rechtsvorschriften. Allerdings folgt diese Verpflichtung nicht aus der Legalitätspflicht, wenn diese nicht innerstaatlich unmittelbar anwendbar sind, sondern in dem Fall aus der allgemeinen Sorgfaltspflicht des Vorstandes, die Interessen der Gesellschaft zu wahren und Schaden von ihr fernzuhalten.
Die Organisationsverantwortung des Vorstandes resultiert aus der Leitungsverantwortung gemäß § 76 Abs.1 AktG verbunden mit der Legalitätspflicht. Danach hat der Vorstand die Verantwortung Gesetzesverletzungen zu verhindern und regelwidriges Verhalten aufzudecken bzw. zu ahnden. Dieser Organisationspflicht genügt der Vorstand grundsätzlich nur wenn er eine auf Schadensprävention und Risikokontrolle angelegte Compliance Organisation einrichtet. Bei der Ausgestaltung kommt ihm ein weites Ermessen zu.
In Bezug auf Sorgfaltsmaßstäbe bei Anhaltspunkten für Compliance- Verstöße bzw. Kenntnis von tatsächlichen Verstößen gibt es klare Leitlinien. Der Vorstand hat zunächst die Pflicht geeignete Maßnahmen zur Aufklärung und Untersuchung des Sachverhalts, sowie zur Einstellung etwaiger Verstoße zu ergreifen. Bei Bestätigung des Verdachts ist der Vorstand zur Ahndung der betroffenen Mitarbeiter verpflichtet. Dann hat er kein Entschließungsermessen, also bezüglich des ob des Einschreitens. Hinsichtlich des wie, kommt ihm unter Beachtung seiner Verpflichtung auf das Unternehmenswohl ein Ermessensspielraum zu. Inhalt und Intensität richten sich dabei nach dem Ausmaß der Rechtsverletzung und den damit verbundenen Risiken für das Unternehmen.
Mit dem Prinzip der Gesamtverantwortung des Vorstandes, welches sich aus dem Bereich der Geschäftsleitungsaufgabe gemäß § 76 Abs. 1 AktG ergibt, haben sich Vorstandsmitglieder auch der Rechtmäßigkeit des Handelns ihrer Vorstandskollegen zu versichern. Für Defizite in diesem Bereich haftet jedes Vorstandsmitglied.
Eine Delegation, der mit der Schaffung eines Compliance System stehenden Aufgaben, an ein ressortverantwortliches Vorstandsmitglied oder auf eine nachgelagerte Unternehmensebene, ist soweit der Geschäftsleitungsbereich betroffen ist, ausgeschlossen. Vorbereitung und Ausführung, der vom Gesamtvorstand zu treffenden Entscheidungen bzw. Kontrollhandlungen, können im Rahmen der Ressortverteilung auf ein einzelnes Vorstandsmitglied übertragen werden. Der Gesamtvorstand ist dann dennoch für die Überwachung verantwortlich. Gleiches gilt wenn das Vorstandsmitglied sich bezüglich der delegationsfähigen Ausarbeitung von Entscheidungsvorschlägen einer nachgelagerten Unternehmensebene bedient. Es hat dann neben der reinen Überwachungstätigkeit auch die Pflicht die Vorschläge im Einzelnen zu überprüfen.
Für die Schaffung von effektiven Kontroll-, Berichts- und Eskalationsmechanismen ist sicherzustellen, dass die Berichtserstattung bis auf die Ebene des Gesamtvorstandes erfolgt. Denn nur bei Kenntnis ist der Gesamtvorstand in der Lage entsprechend zu agieren. Dazu sind anlassbezogene und regelmäßig quartalweise Berichte notwendig. Denn fehlende Berichtswege stellen bereits eine Pflichtverletzung des Gesamtvorstandes dar.
Frankfurt am Main, den 26.04.2014 von Oliver Krautscheid
Aufsichtsratsmitglieder sind für die Überwachung der Führung des Unternehmens durch den Vorstand verantwortlich. Dabei sind sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zur Wahrung der Unternehmensinteressen und damit dem Interesse aller Aktionäre verpflichtet. Eine unabhängige Amtsführung ist daher ein zentrales Element einer guten Corperate Governance. Die Unabhängigkeit zielt auf die Gewährleistung einer objektiven, unvoreingenommenen sowie unbefangenen Prüfung und Verfolgung des Unternehmensinteresses ab. Es soll verhindert werden, dass Aufsichtsratmitglieder in zwiespaltige Situationen geraten, wodurch die Gefahr geschaffen wird durch eine Drucksituation oder aus unangemessener Rücksichtnahme auf eigene oder fremde Interessen, das Unternehmenswohl aus den Augen zu verlieren oder zu verletzen. In diesem Zusammenhang stellen Vorstandsabhängigkeit und Interessenabhängigkeit, aufgrund von Beeinträchtigungen, die sich durch eventuelle Loyalitäts- oder Rollenkonflikte ergeben können, zwei Quellen für die potenzielle Gefährdung der Unabhängigkeit dar.
In Bezug auf die Vorstandsabhängigkeit ergeben sich Abhängigkeiten aus engen privaten Beziehungen von Aufsichtsratsmitgliedern zum Vorstand oder einzelnen seiner Mitglieder und insbesondere zum Vorstandsvorsitzenden. Dabei können familiäre oder vergleichbare Verbindungen vorliegen. Eine generelle Vorstandsunabhängigkeit soll Loyalitätskonflikte von vorneherein ausschließen. Daneben steht die Interessenabhängigkeit. Wenn über die Aufsichtsratstätigkeit hinaus, weitere Funktionen im Unternehmen wahrgenommen werden, bekleidet eine Personen verschiedene Rollen, die nicht unbedingt mit dem Unternehmensinteresse konform laufen, bzw. auch sich gegenüber gegenläufig sein können. Mit der Interessenunabhängigkeit soll daher verhindert werden das Partikularinteressen dem Unternehmensinteresse übergeordnet werden.
Unabhängigkeit und ihre Beurteilung
Einen Katalog mit Kriterien, wann ein Aufsichtsratsmitglied als abhängig gilt wurde nicht in den Deutschen Corperate Governance Kodex (DCGK) aufgenommen. Anhaltspunkte zur Präzisierung des unbestimmten Unabhängigkeitsbegriffs bieten aber unter anderem das Vorliegen von persönlichen sowie geschäftlichen Beziehungen. Bei persönlichen Beziehungen besteht die Gefahr, dass ein professionelles Kontrollverhältnis überlagert wird und sodann zum Beispiel bei entsprechenden Investitionsvorhaben keine kritische Hinterfragung mehr stattfindet, was zu einer Einbuße der Überwachungseffizienz führt. Geschäftliche Beziehungen umfassen dabei alle Arten ökonomischer Austauschverhältnisse. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um direkte oder indirekte Beziehungen handelt.
Daneben kann die Unabhängigkeit auch durch qualifizierte Interessenskonflikte entfallen. Bei einem qualifizierten Interessenskonflikt ist ein tatsächlicher Interessenskonflikt aufgrund der geschäftlichen Beziehung gar nicht erforderlich. Nach dem Kodex ist es ausreichend, wenn die entsprechende Geschäftsbeziehung einen Interessenskonflikt begründen kann. Es soll folglich der potentielle Interessenskonflikt bereits eine Unabhängigkeit entfallen lassen. Voraussetzung für den Wegfall der Unabhängigkeit ist allerdings zum einen, dass die geschäftliche Beziehung dauerhaft und nicht nur vorübergehend zu einem Interessenskonflikt führt und zum anderen muss es sich um einen wesentlichen Interessenskonflikt handeln. Wann ein Interessenskonflikt als wesentlich zu erachten ist, ist anhand einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln. Fraglich ist nur anhand welches Kriteriums die Betrachtung vorzunehmen ist. Der reinen Umsatz- oder Einkommensrelation zwischen Aufsitzratsmitglied und Gesellschaft soll dabei keine maßgebliche Bedeutung zukommen. Dem kann nur eine Indizwirkung zugesprochen werden. Vorzugsweise ist eine risikoorientierte Betrachtung vorzunehmen.
Beurteilungsperspektive für die Wesentlichkeit der Geschäftsbeziehung ist dabei sowohl die Sicht des Aufsichtsrates als auch der Gesellschaft, bei der die Aufsichtsratstätigkeit wahrgenommen wird. Als Zeitraum für die Betrachtung möglicherweise unabhängigkeitsgefährdender Beziehungen werden in etwa drei Jahre erachtet.
Frankfurt am Main, den 26.04.2014 von Oliver Krautscheid
Die Finanzkrise hat in Aufsichtsräten als Kontrollinstanz Schwachstellen aufgedeckt. Infolge der sich daraus ergebenen Erfahrungen haben sich seit dem Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) am 29. Mai 2009, die Anforderungen an die Zusammensetzung eines Aufsichtsrates erhöht. Mit § 100 Abs. 5 AktG sieht das Gesetz nun für kapitalmarktorientierte Gesellschaften im Sinne des § 264d HGB, ihn als festen Bestandteil des Aufsichtsrates vor. Den unabhängigen Finanzexperten. Damit soll die hohe Qualität der Aufsichtsratsarbeit, als wesentliche Voraussetzung für die Früherkennung unternehmerischer Irrwege, sichergestellt werden.
Er wird nicht als „Ober Finanzvorstand“ angesehen, sondern erfüllt seine Überwachungsaufgabe auf der persönlichen. Er muss nicht die Funktion des Vorstandes oder des Abschlussprüfers übernehmen. Er soll lediglich in der Lage sein, deren Angaben auf Plausibilität überprüfen. Es gehört zu seinen Aufgaben, die in § 107 Abs.3 Satz 2 AktG genannten Aufgaben und Prozesse aktiv zu verfolgen und die eigene Expertise zur Qualitätssteigerung einzubringen. Dazu ist ein sachverständiger Austausch mit dem Management unabdingbar. Bei seiner zugedachten Rolle kommt ihm allerdings organisationsrechtlich eine Sonderstellung zu. Der Finanzexperte ist die Schnittstelle zwischen dem Abschlussprüfer, der für den Aufsichtsrat wichtigster vorstandsunabhängiger Informant ist und dem Finanzvorstand. Bei der Abschlussprüfung hat der Finanzexperte zweckmäßigerweise den Vorsitz im Prüfungsausschuss inne. Neben der Überwachungspflicht des Prüfungsabschlusses zählt auch die kritische Bewertung des Einzel- und der Konzernabschlusses zu seinem Tätigkeitsfeld. Aus Sicht eines externen Abschlussprüfers ist der Finanzexperte ein besonders fachkundiger Gesprächspartner. Und auch gegenüber dem Finanzvorstand sollen sich mit ihm Gesprächspartner auf Augenhöhe begegnen.
Anforderungen an den unabhängigen Finanzexperten sind fachlich und persönlich nicht gesetzlich geregelt. Gefordert sind jedenfalls Unabhängigkeit und Sachverstand. Da es sich hierbei um unbestimmte Rechtsbegriffe handelt ist eine Auslegung erforderlich. Grundlage hierzu sind die Empfehlung der EU-Kommission vom 15. Februar 2005 und die Regierungsbegründung zum BilMoG. Über die Mindestanforderungen eines jeden Aufsichtsratsmitgliedes soll der Finanzexperte die Fachkenntnisse aufweisen, die für die Beurteilung komplexer Problemstellungen oder Geschäftsvorfälle ohne fremde Hilfe notwendig sind, sowie die die Fähigkeit, die vom Vorstand gegebenen Informationen kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls weitere Auskünfte einzuholen. [OLG München vom 28.04.2010 (23 U 5517/09)]
Mit der Unabhängigkeit des Finanzexperten ist eine geistige Unabhängigkeit gemeint, die sich durch eine innere Bereitschaft auszeichnet, Jahresabschlüsse und anderen Finanzinformationen nach bestem Wissen und Gewissen ausschließlich im Interesse der Gesellschaft frei von anderen Interessen zu kontrollieren. Aus Sicht der Praxis ist zudem eine finanzielle und zeitliche Unabhängigkeit erforderlich. Im Wesentlichen steht die Unabhängigkeit des Finanzexperten der Unabhängigkeit eines jeden anderen Aufsichtsratsmitglieds gleich, sodass er folglich in keiner geschäftlichen, familiären oder sonstigen Beziehung zu der Gesellschaft stehen darf, die ein Interessenskonflikt begründet, welche sein Urteilsvermögen beeinflussen könnte. Der Unabhängigkeit steht zum Beispiel entgegen, wenn ein ehemaliger Finanzvorstand, Vorsitzender des Prüfungsausschusses ist und seinerseits als Finanzexperte fungieren soll.
Mit Unabhängigkeit im Urteil und Integrität der Person als Grundvoraussetzung, sind grundsätzlich solche Personen geeignet, die sich beruflich intensiv mit der Rechnungslegung und/ oder der Abschlussprüfung befasst haben und befassen. Eindeutig entscheidend sind die Qualifikation und das Persönlichkeitsprofil, mithin erforderlich, dass ein breiter Erfahrungs- und Wissenshintergrund zur optimalen Bewältigung komplexer Sachverhalte vorhanden ist.
Frankfurt am Main, den 12.04.2014 von Oliver Krautscheid
Der Abhängigkeitsbericht ist ein Bericht des Vorstands einer abhängigen Gesellschaft über die Beziehungen mit dem herrschenden Unternehmen oder einem mit ihm verbundenden Unternehmen nach §§ 312 ff. AktG.
Die Berichtspflicht obliegt einer Aktiengesellschaft, die von einem anderen Unternehmen abhängig ist und zwischen denen kein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag besteht.
Der Abhängigkeitsbericht ist ein Kontrollinstrument zum Schutz des Besitzstandes von Minderheitsaktionären sowie dem Schutz von Gläubigerinteressen von abhängigen Gesellschaften, aber er dient auch der Selbstkontrolle des Vorstandes der abhängigen Gesellschaft, welcher über sich selbst Rechenschaft über die Erfüllung seiner organschaftlichen Pflichten zum Schutz der abhängigen Gesellschaft ablegen soll. Erforderlich ist er, da der Gesetzgeber gemäß § 311 Abs. 1 AktG die Ausübung eines beherrschenden Einflusses gegenüber dem abhängigen Unternehmen nicht ausschließt. Der Gesetzgeber verpflichtet jedoch das herrschende Unternehmen, die dem abhängigen Unternehmen entstandenen Nachteile auszugleichen.
Voraussetzungen für die Berichtspflicht ist, dass das Unternehmen den Abhängigkeitstatbestand gemäß § 17 Abs.1 AktG erfüllt, das Unternehmen als AG oder KGaA geführt wird und der Unternehmenssitz im Inland liegt.
Beherrschender Einfluss wird bei einer mehrheitlichen Beteiligung von mehr als 50 % widerlegbar vermutet. Darüber hinaus kann eine Minderheitsbeteiligung beherrschenden Einfluss vermitteln, wenn die Beteiligung in der Hauptversammlung unter 50 % liegt und weitere Umstände tatsächlicher oder rechtlicher Art eine Abhängigkeit im Sinne von § 17 Abs.1 AktG begründen. Dies geht aus der BGH Entscheidung vom 15.12.2011; Az. I ZR 12/11 hervor, so dass ein beherrschender Einfluss trotz fehlender Mehrheitsbeteiligung vorliegen kann, wenn die abstrakte Möglichkeit einer beständigen und umfassenden gesellschaftsrechtlich vermittelten Einflussnahme besteht.
Dies ist der Fall, wenn an der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft lediglich 50 % des Aktionärkreises tatsächlich teilnimmt und somit die weit unter 50 % liegende Beteiligung eines Minderheitsaktionärs ausreicht, um allein für einen längeren Zeitraum Beschlüsse mit einfacher Mehrheit durchzusetzen. Die faktische Hauptversammlungsmehrheit liegt sodann bei einem Unternehmeraktionär, der mit einer Sperrminorität von beispielsweise 28 % tatsächlich nur eine Minderheitsbeteiligung aufweist.
Sollte der Minderheitsbeteiligte seine faktische Handlungsmehrheit verlieren, so ist auch durch personelle Verflechtungen mit Aufsichtsratsmitgliedern an eine beherrschende Stellung zu denken. Diese allein reichen für die Begründung der Abhängigkeit jedoch nicht aus, sondern verstärken lediglich die bestehende Position als Minderheitsgesellschaft.
Die Abhängigkeit der AG von dem Minderheitsgesellschafter kann jedoch durch die Unterstützung Dritter im Aufsichtsrat unter der Voraussetzung begründet werden, dass die Mitwirkung Dritter abgesichert ist. Die Unterstützung des Dritten darf nicht zufällig auftreten, sondern muss auf ausreichend sicherer Grundlage von vornherein und beständig gesichert sein. Eine derartige Absicherung kann auf vertraglicher Grundlage z.B. belegt durch das tatsächliche Verhalten des betroffenen Mitglieds in der Vergangenheit, beruhen.
In der Vergangenheit unterlassene Abhängigkeitsberichte sind nachzuholen. Aktionäre und Gläubiger sind berechtigt, die Erstellung eines Abhängigkeitsberichtes zwangsweise durchzusetzen, sofern sie ein rechtliches Interesse vorweisen können. Ein solches besteht jedenfalls bis zum Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche aus §§ 317, 318 AktG. Die nachträglichen Abhängigkeitsberichten können für die Durchsetzung von Ansprüchen nach §§ 317, 318, 93 AktG dienlich sein.
Außenstehende Aktionäre und Gläubiger der abhängigen Gesellschaft können allerdings weder die Herausgabe noch die Einsicht in den Abhängigkeitsbericht verlangen. Der Abhängigkeitsbericht ist vertraulich. Dieser Bericht ist lediglich für den Abschlussprüfer (§ 313 AktG) und den Aufsichtsrat (§ 314 Abs.1 S.1 AkG) bestimmt. Nur die Schlusserklärung des Vorstandes gemäß § 312 Abs.3 AktG wird veröffentlicht. Der Aufsichtsrat muss den Abhängigkeitsbericht eingehend prüfen und in der Hauptversammlung über das Ergebnis Bericht erstatten und dort auch den Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers aufnehmen bzw. dessen Versagung mitteilen (§ 314 Abs.2 S.3 AktG). Bestehen Einwendungen so verbleibt jedem Aktionär die Möglichkeit eine Sonderprüfung zu beantragen (§315 AktG). Durch dieses Vorgehen erhält jeder Aktionär auf Verlangen eine Abschrift des Sonderprüfungsberichts.
Frankfurt am Main, den 27.06.2013 von Oliver Krautscheid
Der Arbeitskreis Externe und Interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach- Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V (AKEIÜ) trägt folgende Vorschläge zur Verbesserung der Effektivität und Effizienz der Aufsichtsratstätigkeit in einer börsennotierten Aktiengesellschaft im Sinne einer best practice. DIE AKEIÜ gibt Empfehlungen in Bezug auf die Erreichung eines ausgewogenen Verhältnisses von Unabhängigkeit und Qualifikation sämtlicher Aufsichtsratsmitglieder. Darüber hinaus wird die Auswahl der Aufsichtsratsmitglieder, deren Arbeitsweise und die Beendigung der Aufsichtsratstätigkeit beleuchtet.