Frankfurt am Main, den 07.07.2014 von Oliver Krautscheid
In einer nicht börsenorientierten Gesellschaft müssen gemäß § 130 Absatz 1 Satz 3 AktG als Ausnahme von § 130 Absatz 1 Satz 1 AktG Hauptversammlungsbeschlüsse nicht notariell beurkundet werden, sondern es genügt grundsätzlich eine vom Vorsitzenden des Aufsichtsrates unterzeichnete Niederschrift, sofern vom Gesetz für den entsprechenden Beschluss nicht mindestens eine Dreiviertelmehrheit gefordert wird. Es stellt sich daran anschließend die Frage, ob die privatschriftliche Niederschrift bzw. Unterzeichnung der Niederschrift zwingend durch den Aufsichtsratsvorsitzenden als Versammlungsleiter erfolgen muss oder wenn eine andere Person als der Aufsichtsratsvorsitzende in der Position als Versammlungsleiter den Beschluss unterzeichnet, dies ein Beurkundungsmangel nach § 241 Nr.2 AktG darstellt, welchen diesen nichtig werden lässt. Das OLG Karlsruhe urteilte mit seiner Entscheidung vom 9.10.2013, dass auch ein anderer Versammlungsleiter als der Vorsitzende wirksam tätig werden kann. Damit wurde zugunsten einer größeren Flexibilität dahingehend entschieden, nicht streng an die Person des Aufsichtsratsvorsitzenden anzuknüpfen. Das Abstellen auf den Versammlungsleiter ergibt sich aus dem Normzweck des § 130 Absatz 1 Satz 3 AktG und der Funktion des Versammlungsleiters. Ihm obliegt es die Ordentlichkeit der Hauptversammlung zu gewährleiste und dies im Protokoll erkennbar werden zu lassen. Darüber hinaus steht es weiter in seiner Verantwortung die Unterzeichnung vorzunehmen.
Nach dem OLG Karlsruhe bezieht sich die Ausnahmeregelung des § 130 Absatz 1 Satz 1 AktG nur auf solche Beschlüsse, die eine Dreiviertel-Kapitalmehrheit erfordern. Daher sei die Formerleichterung nicht auf § 103 Absatz 1 Satz 1 AktG anwendbar, welcher für die Abberufung eines Aufsichtsratsmitgliedes eine Dreiviertelmehrheit fordert, da diese als Dreiviertel- Stimmenmehrheit verstanden wird. Diese Auffassung wird von der h.M. und Literatur geteilt, ist allerdings auch umstritten. Gestützt wird die Auffassung auf die Gesetzesbegründung. So soll die Formerleichterung der privatschriftlichen Niederschrift nicht für Grundlagenbeschlüsse gelten. In der Beispielsaufzählung, die vom Rechtsausschuss als abschließend bezeichnet wurde, finden sich u.a. die Normen § 179 Absatz 1 Satz 1 AktG und § 182 Absatz 1 Satz 1 AktG, nicht aber § 103 Absatz 1 Satz 2 AktG. Folglich kann der Beschluss zur Abberufung eines Aufsichtsratsmitgliedes gemäß § 103 Absatz 1 Satz 2 AktG in einer nichtbörsenorientierten Gesellschaft privatschriftlich erfolgen. Denn dieser Beschluss wird als „Routinebeschluss“ und nicht als Grundlagenbeschluss verstanden.
Frankfurt am Main, den 06.07.2014 von Oliver Krautscheid
Der Vorstand hat die Möglichkeit, nach genehmigtem Kapital ohne nochmalige Befassung der Hauptversammlung, das Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen und kann dadurch die mindestens zweiwöchige Ausübungsfrist nach § 186 Absatz 1 Satz 2 AktG vermeiden. Dadurch kann die Gesellschaft flexibel und schnell von günstigen Kapitalmarktbedingungen profitieren. Der Bezugsrechtsausschluss kann auf verschiedenen Wegen erfolgen. Möglich ist ein Direktausschluss durch die Aktionäre (§§ 203 Absatz 1 Satz 1 AktG, 186 Absatz 3 AktG) oder die Ausschlussermächtigung zugunsten des Vorstands durch die Aktionäre (§§ 203 Absatz 2 Satz 1 AktG, 186 Absatz 3 AktG), jeweils entweder durch die Gründer (§ 202 Absatz 1 AktG) oder durch satzungsändernden Beschluss der Hauptversammlung (§ 202 Absatz2 Satz 1 AktG). In der Praxis wird jedenfalls am häufigsten der Weg über die Ausschlussermächtigung gewählt.
Entgegen der Kali + Salz Rechtsprechung muss, mit der neuen Siemens/ Nold Rechtsprechung des BGH, der Bezugsrechtsausschluss nicht im Zeitpunkt der Schaffung des genehmigten Kapitals durch die Hauptversammlung materiell gerechtfertigt sein. Es genügt zu diesem Zeitpunkt im Vorfeld der Hauptversammlung, dass die Kapitalmaßnahme allgemein im Vorstandsbericht umschrieben wird und im Interesse der Gesellschaft liegt.
Nutzt der Vorstand jedoch ein genehmigtes Kapital bezugsrechtsfrei aus, hat er die Pflicht die konkreten Umstände auf der zeitlich nächsten, auf die Ausnutzung der Ermächtigung folgenden ordentlichen Hauptversammlung, mündlich und aktiv in seinem Bericht darzulegen und insbesondere auch, inwieweit er sich dabei im Rahmen der Ermächtigung der Hauptversammlung gehalten hat und der Bezugsrechtsausschluss sachlich gerechtfertigt ist.
Dies ist die sogenannte Nachberichtserstattung, welche dahin begründet wird, dass ein Bezugsrechtsausschluss in Art. 14 GG eingreift und daher immer rechtfertigungsbedürftig ist. An einer gesetzlichen Rechtsgrundlage fehlt er indes. § 186 Absatz 4 AktG betrifft einzig die beschlussfassende Hauptversammlung, wie schon der BGH in seinem Urteil Mangusta/ Commerzbank I feststellte. Eine analoge Anwendung dieser Norm scheidet mangels Vergleichbarkeit der Interessenslage ebenfalls aus. Denn bei § 186 Absatz 4 Satz2 AktG soll primär eine ausreichende Information der Aktionäre bei der Beschlussfassung sicherstellen und ihnen eine sachgerechte Entscheidung über den Ausschluss des Bezugsrechts ermöglichen. Hingegen ist der Sinn und Zweck der Pflicht zur Nachberichtserstattung die Absicherung des Rechtsschutzes und die Kontrolle des Vorstandes. Da nach der Siemens/ Nold Rechtsprechung des BGH im Vorstandsbericht vor der Beschlussfassung der Hauptversammlung nur noch allgemeine Angaben gemacht werden müssen, folgt aus gerade diesem Umstand, nämlich dass zu diesem Zeitpunkt noch keine Aussage über die Ausnutzung des genehmigten Kapitals gemacht werden kann, eine nachgelagerte Berichtspflicht.
Rechtsfolgen von Mängeln der Berichtserstattung
Unstreitig sind die Konsequenzen, wenn der Vorstand seiner Berichtserstattungspflicht im Zusammenhang mit dem Hauptversammlungsbeschluss zur Schaffung genehmigter Kapitalerhöhungen gar nicht, inhaltlich unvollständig oder nicht formgerecht nachkommt bzw. dieser Bericht nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht wird. In diesen Fällen ist der Hauptversammlungsbeschluss über das genehmigte Kapital anfechtbar. Das OLG Frankfurt hat sich zu der Frage geäußert, welche Rechtsfolgen drohen, wenn die Nachberichtspflicht nach der bezugsrechtsfreien Ausnutzung des genehmigten Kapitals nicht oder mangelhaft erfolgt. Nach Auffassung des OLG Frankfurt ist eine ordnungsgemäße Abwicklung früherer Kapitalerhöhungen Voraussetzung für die rechtmäßige Schaffung neuer genehmigter Kapitalerhöhungen. Das OLG Frankfurt vertritt, dass Mängel in der Berichtserstattung nach der bezugsfreien Ausnutzung des genehmigten Kapitals, auf eine neue Kapitalerhöhung durchschlägt bzw. diese „infiziert“. Diese Auffassung könnte sich daher erklären, dass lediglich Hauptversammlungsbeschlüsse Gegenstand einer Anfechtungsklage sein können, § 243 Absatz 1 AktG, nicht jedoch die spätere Entscheidung der Verwaltung zur Ausnutzung der durch den Beschluss genehmigten Kapitalerhöhung. Begründet wird dies damit, dass eine ordnungsgemäße Abwicklung vergangener Kapitalerhöhungen für die Entscheidung der Aktionäre über die Genehmigung neuer Kapitalmaßnahmen entscheidend sei.
Dieser Auffassung werden allerdings viele ablehnende Argumente entgegen gebracht. So spricht vor allem gegen ein „Durchschlagen“, dass dies zur erheblichen Unsicherheiten für die solide Eigenkapitalfinanzierung der Aktiengesellschaft führt. Ferner kann den Urteilen des BGH auch keine Grundlage für dieses Vorgehen entnommen werden. Auch spricht dagegen, dass bei Mangelhaftigkeit des Nachberichtes, dem Vorstand die Entlastung verweigert werden oder seine Entlastung anfechtbar sein kann. Weiteres Rechtschutzmittel ist eine Feststellungsklage bzw. wenn der Vorstand die konkreten Voraussetzungen für den Bezugsrechtsausschluss missachtet und eine Vermeidung dieses Verhaltes noch möglich ist, die Unterlassungsklage. Darüber hinaus sind ggfs. Schadensersatzansprüche der Aktionäre gegen die Gesellschaft und auch die verantwortlichen Organmitglieder denkbar.
Festgehalten werden kann daher, dass Berichtsmängeln in abgeschlossenen Kapitalerhöhungen, sich nicht auf neue genehmigte Kapitalia durchschlagen und diese folglich nicht anfechtbar machen.
Frankfurt, den 05.07.2014 von Oliver Krautscheid
Das Gesetz legaldefiniert Übernahmeangebote in § 29 Absatz 1 WpÜG als Angebote, die auf den Erwerb der Kontrolle gerichtet sind. Mit dem Erreichen von 30 % an der Zielgesellschaft wird die Kontrolle erreicht, § 29 Absatz 2 WpÜG. Wird diese Kontrollschwelle auf anderem Wege als über ein freiwilliges Übernahmeangebot erreicht oder überschritten, ist der Bieter gemäß § 35 Absatz 2 WpÜG zur Abgabe eines Pflichtangebotes verpflichtet.
Bei der Vorbereitung von Übernahmen hat die Wahrung strikter Vertraulichkeit eine besonders wichtige Bedeutung. Bei Bruch ist der Finanzinvestor Unwägbarkeiten beim Kaufpreis wegen des üblicherweise höheren Anteils an Fremdkapital ausgesetzt. Diese Unwägbarkeiten resultieren aus den Spekulationen über eine Übernahmeprämie, die nach Bekanntwerden des Kaufinteresses stattfinden und so zur Steigerung des Börsenkurses und auch des gesetzlichen Mindestpreises beitragen. Um dieses Risiko abzuwenden, empfiehlt sich eine strikte Vertraulichkeitsvereinbarung mit der Zielgesellschaft und den an der Transaktion beteiligten Aktionären zu schließen.
Eine Möglichkeit zur Sicherung des Vertrauensverhältnisses ist der Abschluss einer Exklusivvereinbarung mit dem Zielunternehmen. In Betracht kommen verschiedene Formen. Denkbar wäre eine „no talk provision“, sprich ein Verbot jeder Form von Gesprächen mit anderen Interessenten oder einer „no shop provision“, dem Verbot der aktiven Suche nach anderen Interessenten bzw. der Abgabe von Konkurrenzangeboten. Aber auch die Vereinbarung eines „Break up Fee“ oder einer Kostenbeteiligung im Falle eines Abbruchs der Gespräche.
Entsprechende Vereinbarungen werden typischerweise vor Mitteilung nach § 10 WpÜG getroffen. Regelmäßig dürfte von diesen Möglichkeiten nur eine temporäre „no shop“-Klausel zulässig sein. Bei der Entscheidung des Vorstandes ist dieser nach den allgemein geltenden aktienrechtlichen Grundsätzen an das Unternehmensinteresse gebunden. Ist die Übernahme durch einen Finanzinvestor besonders vorteilhaft und lässt eine deutliche Steigerung des Unternehmenswertes erwarten oder ist die Gesellschaft auf die finanziellen Ressourcen angewiesen, dürfte eine solche Vereinbarung im Unternehmensinteresse liegen und ist daher zulässig. Dagegen wäre eine „no- talk“ Klausel schon nicht mit der Pflicht des Vorstandes vereinbar, seine Entscheidungen auf einer hinreichenden Informationsgrundlage zu treffen und daher unzulässig. Eine „break up fee“ oder eine Kostenbeteiligung wäre lediglich bei niedrigen Beträgen denkbar, da sonst Verstöße gegen § 71 a Absatz 1 AktG sowie § 57 Absatz 1 AktG drohen.
In vielen Fällen dürfte die Strukturierung der Transaktion über ein freiwilliges Übernahmeangebot attraktiver als über ein Pflichtangebot sein.
Als Vorteile des freiwilligen Übernahmeangebotes sind zu nennen, dass diese Angebote unter objektive Bedingungen zu stellen sind und der Angebotspreis eingefroren wird. Mögliche objektive Bedingungen sind die Festlegung einer Mindestannahmequote sowie eine hinreichend klar definierte und objektiv feststellbare MAC-Klausel. Nicht zulässig ist ein Angebot unter subjektive Bedingungen, deren Eintritt allein vom Bieter herbeigeführt werden kann, wie zum Beispiel ein Angebot unter dem Vorbehalt der Zustimmung eines Gremiums auf Seiten des Private-Equity Investors. Auch ein sogenannter Finanzierungsvorbehalt, also ein Angebot unter der Bedingung, dass die Finanzierung gelingt („financing out“) ist problematisch, da es allein in der Verantwortung des Bieters liegt, bereits bei Veröffentlichung der Angebotsunterlagen sicherzustellen, dass ihm die zur Angebotserfüllung erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen, § 13 WpÜG. Die Sicherstellung der Finanzierung darf daher nicht auf die Aktionäre abgewälzt werden. Ein Finanzierungsvorbehalt ist daher in der Regel eine unzulässige subjektive Bedingung. Damit kann auch festgehalten werden, dass mit der Veröffentlichung der Übernahmeabsicht ein einseitiger Rückzug des Bieters von seinem Angebot weitestgehend ausgeschlossen ist. Ausnahmsweise wird dem Bieter eine Ausstiegsmöglichkeit bei einem atypischen Geschehensverlauf der zum Fortfall der Finanzierung führt, eröffnet.
Innerhalb der gesamten Bieterstruktur ist darauf zu achten, dass keine Aktien an der Zielgesellschaft gekauft werden, ohne dass der Finanzinvestor davon erfährt bzw. dies kontrollieren kann, da die jeweilige Gegenleistung die Untergrenze des gesetzlichen Mindestkaufpreises bildet.
Die Durchführung eines Leverage Buy-out (LBO) zielt darauf ab, dass die Mittel zur Ablösung der Finanzierung und damit letztlich für den Erwerb der Zielgesellschaft aus deren Cashflow aufgebracht werden. Aus übernahmerechtlicher Sicht wird teilweise vertreten, dass dieser mit dem LBO verbundene Rückgriff auf die Mittel der Zielgesellschaft nicht mit § 13 WpÜG vereinbar ist, da seine Zulässigkeit mit rechtlichen Unwägbarkeiten verbunden sei. Dies wird jedoch abgelehnt und vertreten, dass es nach Prüfung im Einzelfall trotz aktienrechtlicher Vorgaben möglich sein kann, wenn ein Rückgriff ermöglicht wird. Das kann zum Beispiel über den Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages geschehen.
Die Angebotsunterlagen selbst müssen die zur Sicherstellung der Finanzierung ergriffenen Maßnahmen enthalten, § 11 Absatz 2 Satz 3 Nr.1 WpÜG. Auch die Absichten des Bieters hinsichtlich der Verwendung des Vermögens der Zielgesellschaft und ihrer künftigen Verpflichtungen sind darzulegen, § 11 Absatz 2 Satz 3 Nr.2 WpÜG.
Für den Finanzinvestor kann eine Managementbeteiligung des Vorstandes des Zielunternehmens, über die reguläre Vergütung hinaus interessant sein, indem er diese an das Unternehmen bindet und zu einer Steigerung des Unternehmens motiviert. In Zuge dessen ist der Zeitpunkt des in Aussicht maßgeblich und danach zu differenzieren. Wird eine Managementbeteiligungen nach Vollzug des Angebotes in Aussicht gestellt, gelten die allgemeinen aktienrechtlichen Voraussetzungen an Vergütungsleistungen Dritter. Es darf folglich kein Anreiz zu einem den Gesellschaftsinteressen zuwiderlaufenden Verhalten geschaffen werden. Vor Vollzug des Angebots ist § 33d WpÜG zu beachten. Danach ist es dem Bieter und den mit ihm gemeinsam handelnden Personen verboten, Vorstands- oder Aufsichtsratsmitgliedern der Zielgesellschaft im Zusammenhang mit dem Angebot, ungerechtfertigte Geldleistungen oder andere ungerechtfertigte geldwerte Vorteile zu gewähren oder in Aussicht zu stellen.
Frankfurt, den 05.07.2014 von Oliver Krautscheid
Das Aktiengesetz von 1937 verteilte die Aufgaben zwischen den Organen der AG neu. Dem Vorstand kam danach eine Leitungsfunktion und dem Aufsichtsrat eine Überwachungsfunktion zu. Die Hauptversammlung konnte aus eigener Initiative keinen Einfluss mehr auf die Geschäftsführung nehmen. Die ausschließliche Zuständigkeit für die Abberufung und Bestellung von Vorstandsmitgliedern liegt von dort an beim Aufsichtsrat.
Durch die Reform 1937 wurde bewusst eine unabhängige Stellung des Vorstandes eingeführt. Die Abberufung von Vorstandsmitgliedern soll nicht frei möglich sein, sondern setzt das Vorliegen eines wichtigen Grundes voraus. Dies soll eine unabhängige Position des Vorstandes stärken und ihn nicht einer Drucksituation aussetzen, willkürlich einer Abberufung ausgesetzt zu sein, was sich wiederum auf die Vornahme von Geschäftsführungsmaßnahmen auswirken würde.
Ein Abberufungsgrund kann gemäß § 84 Absatz 3 Satz 2 AktG der Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung sein. Entgegen der Aufgabenverteilung nach der Reform 1937 ist damit nun doch eine Einflussmöglichkeit der Hauptversammlung bei Personalentscheidungen auf Vorstandsebene gegeben.
Problematisch ist auch, dass es sich bei dem Begriff Vertrauensentzug, um ein kaum justiziables psychologisches Tatbestandsmerkmal handelt, welches die Gefahr mit sich bringt nur vorgeschoben zu werden um unliebsame Vorstandsmitglieder los zu werden. § 84 Absatz 2 Satz 3 AktG bestimmt allerdings, dass dann kein wichtiger Grund vorliegt, wenn das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist. Für die Tatsache, dass der Vertrauensentzug aus offenbar unsachlichen Gründen erfolgte, ist das Vorstandsmitglied bei gerichtlicher Geltendmachung beweispflichtig.
Bei einem größeren Aktionärskreis ohne Mehrheitsaktionär wird dies auch für sachgerecht gehalten, da dort der Beschluss der Hauptversammlung über den Vertrauensentzug grundsätzlich seine Richtigkeitsgewähr in sich trägt.
Problematischer ist es bei einer Aktiengesellschaft mit einem Aktionär, der die Hauptversammlungsmehrheit besitzt und möglicherweise selbst im Aufsichtsrat sitzt. In dieser Konstellation besteht die Gefahr, dass der Mehrheitsaktionär das Mittel des Vertrauensentzugs benutzt, um ihm nicht genehme Vorstandsmitglieder abzuberufen. Dies kann vor allem dann der Fall sein, wenn eine Geschäftsführungsmaßnahme nicht dem Willen des Mehrheitsaktionärs entspricht. Den Hauptversammlungsbeschluss könnte der Mehrheitsaktionär allein herbeiführen. Dieses Missbrauchsverhalten würde der Wertung des § 117 AktG widersprechen und einen offenbar unsachlichen Grund i.S.d. § 84 Absatz 2 Satz 3 AktG darstellen. Wenn hier dem Vorstandsmitglied die Beweislast aufzuerlegen wäre, hätte dieser wohl kaum eine Chance dem willkürlichen Vertrauensentzug entgegenzuwirken. Daher wird es als sachgerecht erachtet, die Regeln der sekundären Darlegungs- und Beweislast anzuwenden. Das heißt, wenn das Vorstandsmitglied substantiiert darlegt, dass die Abberufung aus anderen Gründen als einem Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung erfolgte, muss die Gesellschaft im Rahmen ihrer sekundären Darlegungs- und Beweispflicht sachliche Gründe darlegen, aufgrund derer die Hauptversammlung dem Vorstandsmitglied das Vertrauen entzogen hat.
Die Beschlussfassung über den Vertrauensentzug kann nur auf Antrag von Aktionären zum Gegenstand der Tagesordnung einer Hauptversammlung gemacht werden, nicht hingegen durch die Verwaltung.
Frankfurt am Main, den 28.06.2014 von Oliver Krautscheid
Der Börsengang eines mittelständischen Unternehmens (sog. Listing) kann unterschiedliche Motive aufweisen. Denkbar wäre, dass nach erfolgreicher Etablierung des Geschäftsmodells, für ein stärkeres Wachstum weitere finanzielle Mittel erforderlich sind. Eine Finanzierung durch Fremdkapital könnte zu diesem Zeitpunkt noch ungünstig sein, so dass die Finanzierung des Wachstums durch die Ausgabe von Aktien attraktiv erscheint. Darüber hinaus kann durch einen Börsengang die Bekanntheit des Unternehmens gesteigert werden.
In der Sphäre der Börsennotierung unterliegt das Unternehmen aber auch einem Sonderrecht, in aktien- als auch aufsichtsrechtlicher Hinsicht. So sind die Unternehmen zur Einhaltung der Vorgaben und Formalitäten verpflichtet, welche einen nicht unerheblichen Aufwand mit sich ziehen. Darunter fällt u.a. der Konzern- und Halbjahresabschluss nach IFRS, gefolgt von einem nicht geringen Compliance-Aufwand zum Einhalten der Zulassungsfolgepflichten. Auch zu nennen ist, dass bei börsennotierten Unternehmen restriktive Anforderungen an die Vorstandsvergütung bestehen und dass Schadensersatzansprüche gegen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder erst nach zehn statt fünf Jahren verjähren.
Für einen Börsenrückzug (sog. Delisting) können ebenfalls verschiedene Motive in Betracht kommen. Wenn die Aktie einen zu geringen Streubesitz aufweist und sowieso kein aktiver Handel mehr stattfindet, kann ein Listing nicht nur sinnlos, sondern auch belastend sein. Auch in Restrukturierungssituationen binden gerade die umfangreichen Zulassungsfolgepflichten Managementkapazitäten und erschweren oft den wünschenswerten Einstieg eines neuen Großaktionärs nach einem Kapitalschnitt. So könnte insgesamt durch ein Delisting auch die Übernahme seitens eines anderen Hauptaktionärs erleichtert werden. Zudem sind in diesem Zeitpunkt neue Aktien nicht plazierbar, da der Ausgabepreis unter dem aktienrechtlichen Mindestausgabepreis von 1 € läge. Ferner wird es bei vielen mittelständischen Unternehmen so sein, dass sie nach erfolgreichem Aufbau ihres Geschäfts keine zusätzlichen Eigenkapitalmittel benötigen und eine Fremdfinanzierung durch Bankdarlehen oder Anleihen nunmehr attraktiver und günstiger ist. Auch die durch ein Listing ersparten Kosten, können in das Wachstum des Geschäfts investiert werden.
Der Vollzug des Delistings unterliegt den gesetzlichen Regelungen des Börsengesetzes und der jeweils geltenden Börsenordnung. Mit Berücksichtigung des Anlegerschutzes wird der Antrag auf Rückzug von der Börse erst nach einem Zeitraum von sechs Monaten wirksam. Nach der neuen „Frosta-Entscheidung“ des BGH (2012) bedarf es dazu keines Hauptversammlungsbeschlusses mehr, sowie ein im Spruchverfahren überprüfbares Abfindungsangebot an die Aktionäre. Der BGH führte dazu aus, dass die gesteigerte Verkehrsfähigkeit einer Aktie aufgrund des Börsenhandels nicht vom grundgesetzlichen Eigentumsschutz erfasst wird. Zwar schütze das Eigentumsrecht den Bestand, nicht aber den wirtschaftlichen Vorteil aus einer Börsennotiereung oder eben dessen Verkehrsfähigkeit bei Börsenrückzug. Einzig die Düsseldorfer Börsenordnung sieht ein solches Verfahren, nach der sog. alten „Macrotron- Entscheidung“ bzw. diese Voraussetzungen für den Rückzug noch vor.
Durch den Börsenrückzug ergibt sich mithin für mittelständische Unternehmen insofern ein Nachteil, dass in nicht erwünschten Übernahmesituationen der potenzielle Erwerber eben nicht an die Vorschriften des WpÜG gebunden ist. So könnte es mangels anderweitiger Auswegsmöglichkeiten dazu kommen, dass jedes Erwerbsangebot zu einem einigermaßen vernünftigen Preis sicherlich durchschlagenden Erfolg haben wird. Darüber hinaus bedeutet ein Delisting für die Gesellschaft im Falle einer Kapitalerhöhung ein höherer Aufwand in Bezug auf die Veröffentlichung eines Wetpapierprospektes. Denn eine Prospektbefreiung für öffentliche Angebote gibt es nur für börsennotierte Gesellschaften, für Bezugsangebote in einem maximalen Umfang von 5 Mio. €. Damit geht gerade bei kleineren Kapitalerhöhungen ein erheblicher Aufwand einher.
Frankfurt am Main, den 28.06.2014 von Oliver Krautscheid
Besteht ein unsicherer Umstand sprich ein Verdacht, dass ein Vorstandsmitglied eine Straftat oder eine Pflichtverletzung begangen hat, so ist es für den Aufsichtsrat von Interesse, ob dies bereits zum Widerruf der Bestellung eines Vorstandsmitgliedes gemäß § 84 Absatz 3 AktG berechtigt. § 84 Absatz 3 Satz 1 AktG bestimmt, dass der Aufsichtsrat zur Abberufung eines Vorstandsmitglieds nur berechtigt ist, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Als solch einen wichtigen Grund nennt § 84 Absatz 3 Satz 2 AktG grobe Pflichtverletzungen, die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung oder Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung. Somit ist fraglich, ob bereits der Verdacht eines Fehlverhaltens einen wichtigen Grund darstellen kann. Zieht man eine Parallele zur arbeitsrechtlichen Verdachtskündigung als etabliertes Parallelinstitut, so kann nach dem BAG, der auf objektive Tatsachen gegründete, dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung einen wichtigen Grund zur Kündigung i.S.v. § 626 Absatz 1 BGB darstellen. Nach dem BGH lassen sich die Grundsätze zur arbeitsvertraglichen Verdachtskündigung auf sämtliche personenbezogene Dauerschuldverhältnisse übertragen, so zum einen beim Geschäftsführer einer GmbH und zum anderen konsequenterweise beim Anstellungsvertrag des Vorstandmitglieds bei der AG. Dies ergibt sich ferner aus § 84 Absatz 3 Satz 5 AktG, der auf die allgemeinen Vorschriften und damit eben auch auf § 626 BGB für den Anstellungsvertrag Bezug nimmt.
Festgehalten werden kann damit, dass bei Verdacht eines grob pflichtwidrigen Verhaltens des Vorstandsmitglieds, der Aufsichtsrat die Bestellung aus wichtigem Grund gemäß § 84 Absatz 3 Satz 1 AktG wiederrufen kann. Ebenso wenn ein Verdacht besteht, der die Fortsetzung des Organverhältnisses bis zum Ende der Amtszeit unzumutbar macht. Der Verlust des Vertrauens durch die Hauptversammlung kann aufgrund der durch die organrechtlichen Beziehung zwischen Organwalter und Gesellschaft geschaffene Vertrauensstellung, den Fortbestand des Mandats unzumutbar machen.
Ob der in Frage stehende Verdacht bereits einen wichtigen Grund darstellt, bemisst sich einzig an den Interessen der Gesellschaft. Aufgrund der Doppelstellung des Vorstandes als treuhänderische Vertrauensperson und imageprägender Repräsentant der Aktiengesellschaft, kann schon die Öffentlichkeitswirkung der Gesellschaft einen Verdacht begründen, der zum wichtigen Grund für die Abberufung führt. Durch diesen Maßstab kann auch ein Unschuldiger von einer Verdachtsabberufung betroffen sein. Die Grenze ist daher bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten zu ziehen.
Zu beachten ist allerdings, dass die Abberufung nur auf einen Verdacht gestützt werden kann, wenn dieser auf objektiv nachprüfbare Tatsachen beruht. Dies ist einem effektiven Rechtsschutz des betroffenen Organwalters geschuldet. Ferner ist es eine prozessuale Wirksamkeitsvoraussetzung, dass das Vorstandsmitglied vor der Abberufung angehört wird. Hierin liegt ebenfalls eine Parallele zur arbeitsrechtlichen Verdachtskündigung, denn der Arbeitgeber ist verpflichtet alles ihm zumutbare zu unternehmen um den Sachverhalt aufzuklären. Die Verdachtsabberufung unterliegt keiner Frist, lediglich den Grundsätzen der Verwirkung und ist grundsätzlich formlos und ohne Begründung möglich.
Abschließend sei noch erwähnt, dass sollte sich der Verdacht nach Abschluss des Wiedereinstellungsverfahrens als unbegründet herausstellen, dem Vorstandsmitglied kein Wiedereinstellungsanspruch gegen die AG zusteht. Hingegen sind solche Umstände, die nach der Abberufung bekannt werden und das Vorstandsmitglied entlasten im Wiedereinstellungsprozess zu berücksichtigen.
Im Verhältnis zur Suspendierung, stellt letztere noch nicht eine Verdichtung der Verdachtsmomente dar, welche für eine Verdachtsabberufung zu fordern ist. Die Suspendierung wird als Verbot der Amtsausübung bei gleichzeitig fortbestehendem Mandat verstanden. Die Dauer einer Suspendierung unterliegt engen zeitlichen Grenzen und kommt allenfalls für die Zeit der Sachverhaltsaufklärung durch die Gesellschaft in Betracht.
Frankfurt am Main, den 21.06.2014 von Oliver Krautscheid
Primärer Adressat bei Handlungspflichten der Gesellschaft ist der Vorstand gemäß §§ 76, 111 Absatz 4 Satz 1 AktG- auch in der Krise. An der regulär geltenden Aufgabenverteilung ändert sich in der Krise nichts. Kernpflicht des Vorstandes ist gemäß § 15a Absatz 1 InsO die Antragspflicht auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei zahlungsunfähig oder Überschuldung ohne Fortführungsmöglichkeit der Gesellschaft. Der Antrag ist vom Vorstand ohne schuldhaftes Zögern, spätestens jedoch drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu stellen. Die drei Wochen Frist ist dabei als Höchstfrist zu verstehen und darf nur in Anspruch genommen werden, wenn aussichtsreiche Sanierungsbemühungen laufen. So ist es Pflicht des Vorstandes in Krisenzeiten der Gesellschaft ständig zu prüfen, ob Zahlungsunfähigkeit oder ggfs. eine rechtlich relevante Überschuldung gemäß § 19 InsO vorliegt. Bei der Beurteilung hat er neben der kurzfristigen Liquidität auch die mittelfristige Liquidität in seine Prüfung mit einzubeziehen.
Ab Eintritt von Zahlungsunfähigkeit oder rechtlich relevanter Überschuldung existiert ein absolutes Auszahlungsverbot gemäß § 92 Absatz 2 Satz 1 AktG. Dies gilt nach § 92 Absatz 2 Satz 2 nicht für Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind, das heißt für solche Zahlungen, die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Vermögen der Gesellschaft bringen oder Zahlungen, die erforderlich sind um Sanierungsbemühungen nicht von vorneherein auszuschließen. Beweis- und Darlegungspflichtig in diesem Zusammenhang ist der Vorstand.
Verstößt der Vorstand gegen § 92 Absatz 2 Satz 1 AktG, so ist er zur Erstattung der Auszahlungen verpflichtet. Zwar ist bei Zahlung bestehender Verbindlichkeiten der Gesellschaft kein Schaden zugefügt worden, aber Sinn und Zweck des absoluten Auszahlungsverbotes ist der Schutz der zukünftigen Insolvenzgläubiger.
Neben der Schadensersatzpflicht stellt die verspätete Stellung eines Insolvenzantrages gemäß § 15a Absatz 4, 5 InsO auch ein strafrechtlich relevantes Verhalten dar. Selbst die fahrlässige Verkennung der Lage, sog. „ignorierte Insolvenzantragspflicht“ führt zur Strafbarkeit. Bei dessen Vorliegen kommt es in der Praxis nach § 153a StPO häufig – unter Zahlung einer hohen Geldauflage- zur Einstelllung des Strafverfahrens.
Neben der Insolvenzantragspflicht hat die allgemeine Sorgfaltspflicht des Vorstandes nach § 93 Ansatz 1 AktG ebenfalls besondere Bedeutung. Bei seinen Entscheidungen hat er einen erheblichen Beurteilungsspielraum, ist jedoch angehalten seine Entscheidungen aufgrund von hinreichenden Informationen zu treffen und kein übergroßes Risiko einzugehen. (sog. „Business Jugement Rule“)
Im Falle eines Schadensersatzprozesses hat die Gesellschaft den entstandenen Schaden zu beweisen. Den in Anspruch genommenen trifft dahingehend die Darlegungs- und Beweislast, dass er nicht pflichtwidrig gehandelt hat bzw. der Schaden bei pflichtgemäßen Verhalten ebenso eingetreten wäre und daher nicht kausal ist. Daher sollte der Vorstand auf eine umfassende qualifizierte Dokumentation achten, bei der sowohl der zugrundeliegende Sachverhalt, als auch die darauf aufbauenden Erwägungen ggfs. ergänzt durch Sachverständigen Gutachten enthalten sind.
Neben der Haftung und Verantwortlichkeit des Vorstandes tritt die Verantwortlichkeit des Aufsichtsrates. Ihn trifft die allgemein anerkannte Überwachungspflicht über den Vorstand, allerdings in der Krise mit erhöhten Anforderungen. So reicht es nicht aus, dass er sich mit unplausiblen Auskünften des Vorstandes zufrieden gibt, sondern er muss ggf. nachfragen. Aus dem Fragerecht gemäß § 90 Absatz 3 AktG, welches sich gerade auch auf die zukünftigen Geschäftsentwicklung und –planung richtet, erwächst in der Krise die Pflicht, diese Auskünfte auch tatsächlich einzufordern. Darüber hinaus hat der Aufsichtsrat bezüglichen den Entscheidungen die der Vorstand in einer Sanierung treffen muss, diesen besonders zu beraten sowie die Pflicht ihn darauf aufmerksam zu machen, dass er seine Entscheidungen auf Basis ausreichender Information und unter sorgfältiger Abwägung der absehbaren Chancen und Risiken trifft.
Kommt der Vorstand in Krisenzeiten der Gesellschaft, welche eine Zahlungsfähigkeit begründen, seiner Antragspflicht zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht nach, so wandelt sich die Überwachungspflicht des Aufsichtsrates in eine Handlungspflicht um. Der Aufsichtsrat hat in diesem Fall dann darauf hinzuwirken, dass der Vorstand seine Verpflichtung erfüllt und es unterlässt unzulässige Zahlungen zu leisten. Führt dies zu keinem Erfolg ist der Aufsichtsrat verpflichtet den Vorstand abzulösen. Denn in der Nichtbeachtung begründeter Einwendungen des Aufsichtsrates ist regelmäßig ein wichtiger Grund zur Abberufung zu sehen.
Eine eigene insolvenzantragspflicht trifft den Aufsichtsrat nur, wenn die Gesellschaft führungslos ist. Dies kann durch Tod oder Amtsniederlegung des Vorstandes eintreten. Die Führungslosigkeit der Gesellschaft stellt einen gesetzlich normierten Sonderfall nach § 15a Absatz 3 InsO dar. Zu beachten ist, dass die rein faktische Unerreichbarkeit des Vorstandes keine Führungslosigkeit der Gesellschaft darstellt. Da der Aufsichtsrat im Falle eines Schadens ebenfalls ersatzpflichtig ist und ihm bei gerichtlicher Inanspruchnahme der Gesellschaft, im Prozess die Beweis- und Darlegungspflicht trifft ist die Tätigkeit bei der Überwachung des Vorstandes zu dokumentieren. Dafür reicht nicht eine bloße Ergebnisprotokolierung aus. Vielmehr sollte der Aufsichtsrat die wesentlichen Gründe seiner Entscheidung und vor allem seine Bemühungen um ausreichende Informationen festhalten.
Die Haftung von Vorstand und Aufsichtsrat erfolgt im Außenverhältnis gegenüber der Gesellschaft als Gesamtschuldner. Im Innenverhältnis haften sie jedoch nach dem Maß der Verursachung und dem Grad des Verschuldens. Dabei kann im Falle einfacher Fahrlässigkeit, die Haftung auf eine D & O- Versicherung abgewälzt werden.
Frankfurt am Main, den 21.06.2014 von Oliver Krautscheid
Mit wachsender Krise der Gesellschaft erhöht sich die Intensität der Überwachungs-, Kontroll- und Beratungspflicht des Aufsichtsrates nach § 111 Absatz 1 AktG über den Vorstand. Der Aufsichtsrat hat die Pflicht sich ein genaues Bild von der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft zu machen. Dazu stehen ihm insbesondere alle nach §§ 90 Absatz 3, 111 Absatz 2 AktG genannten Erkenntnisquellen zur Verfügung. Daraus können verstärkte Berichtsanforderungen, eine Erhöhung der Anzahl der Aufsichtsratssitzungen, eine zunehmende Anforderung der Abgaben von den Vorstand verpflichtenden Stellungnahmen sowie häufigere Einberufung der Hauptversammlung resultieren.
Verstößt der Aufsichtsrat gegen seine Pflichten aus § 111 AktG, so kann die Gesellschaft Schadensersatzansprüche gegen ihn geltend machen. Darüber hinaus kann sich eine deliktische Haftung aus § 823 Absatz 1, § 823 Absatz 2 BGB in Verbindung mit einem Schutzgesetz ergeben.
Neben der zivilrechtlichen Haftung, kann sich zusätzlich eine Strafbarkeit aus dem Insolvenzstrafrecht ergeben. Insolvenzstraftaten umfassen diejenigen Vorschriften, die mit Mitteln des Strafrechts die Gesamtvollstreckung sämtlicher gläubiger im Insolvenzverfahren sichern. Darunter fallen im engeren Sinn die §§ 283- 283d StGB (Bankrott, Verletzung der Buchführungspflicht, Gläubiger- und Schuldnerbegünstigung) sowie die Insolvenzverschleppung nach § 15a InsO. Im weiteren Sinn die §§ 263 (Betrug), 265 b (Kreditbetrug), 266 (Untreue), 266 a (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt) , 156 StGB (falsche Versicherung an Eides statt) sowie die Steuerhinterziehung nach § 370 AO.
Eine Insolvenzantragspflicht besteht für den Aufsichtsrat bei Führungslosigkeit der Gesellschaft sowie bei faktischer Unternehmensbeherrschung. In diesem Zusammenhang kann sich der faktische Unternehmensleiter nach allen Insolvenzdelikten strafbar machen.
Bei Jahresabschlüssen ist es eine der wichtigsten Aufgaben des Aufsichtsrates, den Rechnungslegungsprozess zu überwachen und zu prüfen, in rechtlicher sowie zweckmäßiger Hinsicht. Bilanzstrafrechtliche Konsequenzen ergeben sich nach § 400 AktG für den Aufsichtsrat, wenn er unter anderem Übersichten über den Vermögensstand unrichtig wiedergibt oder verschleiert. Für die Verletzung von Buchführungspflichten ergibt sich die Strafbarkeit aus §§ 283 Absatz 1 Nr. 5 bis 7 und 283 b StGB.
Darüber hinaus kann für den Aufsichtsrat eine Strafbarkeit als Teilnehmer an der Strafbarkeit des Vorstandes in Betracht kommen. Diese Konstellation meint die Situation, wenn der Vorstand die Insolvenzanzeigepflicht trägt. Denkbar ist dabei, sowohl Beihilfe in Form psychischer Beihilfe als auch eine Anstiftung, bei Einwirken des Aufsichtsrates auf den Vorstand, die Antragstellung zu unterlassen. Ohne ein Hinwirken des Aufsichtsrates, den Vorstand dazu zu bewegen seine Antragspflicht zu erfüllen, kann daneben auch eine strafrechtliche Beihilfe zur Insolvenzverschleppung treten.
Im gesamten kann damit festgehalten werden, dass Aufsichtsratsmitglieder in Zeiten einer wirtschaftlichen Krise einer Gesellschaft rechtlichen Beistand ersuchen, um mögliche strafrechtliche Risiken zu vermeiden.
Frankfurt am Main, den 31.05.2014 von Oliver Krautscheid
Eine turbulente Hauptversammlung kann durch interne wie externe Umstände hervorgerufen werden. Denkbar sind Störungen wie unbefugtes Eindringen, Bombendrohungen, Lärm, Zwischenrufe und Tätlichkeiten.
Bei den Maßnahmen entgegen den Störungen ist jeweils die Verhältnismäßigkeit zu beachten. Das heißt zunächst ist das mildeste Mittel, wie zum Beispiel ein Aufmerksammachen auf die Störung vorzunehmen, weiter hat eine Ermahnung zu folgen, danach eine weitere Ermahnung mit der Androhung von Konsequenzen steigert bis hin zum Ausschluss aus der Hauptversammlung. Die Intensität der Maßnahme steigt folglich mit dem Eskalationsgrad.
Interne Störungen
Tritt eine Störung durch Zwischenrufe oder Überschreitung der Redezeit bzw. Lärm auf, sollte der Vorsitzende zunächst um Unterlassung bitten. Bei erneuter Störung oder Fortsetzung der Gleichen sollte die Bitte wiederholt und Konsequenzen, wie ein Verweis aus dem Versammlungsbereich angekündigt werden. Wenn dann immer noch die Störung fortgesetzt wird erfolgt der Verweis mit Hinweis, dass der Störer sich trotz Verweises mittels einer Vollmacht vertreten lassen kann, um sein Stimmrecht auszuüben. Des Weiteren er sich aber wegen Hausfriedensbruch strafbar macht, wenn er dem Verweis nicht folge leistet. Bei Weigerung kann der Verweis notfalls auch durch den Saalordner durchgeführt werden.
Sollte eine Unterbrechung der Hauptversammlung erfolgen ist daran zu denken, dass die Teilnehmer ihre Stimmkartenbögen mitzunehmen haben, denn die Präsenz hat erneut festgestellt zu werden.
Lässt sich eine physische Störung nicht Vorort beseitigen, so ist eine Verlegung des Versammlungsortes vorzunehmen.
Rederecht, Fragerecht
Wie bereits erwähn stellt auch die Redezeitüberschreitung eines Redners eine Störung dar. Der Vorsitzende sollte den Redner darauf aufmerksam machen und seine Rede in 5- 10 Minuten beenden lassen. Wird die Rede in der zugestandenen Zeit nicht beendet, so darf der Vorsitzende dem Redner das Rederecht entziehen. Weigert sich der Redner nach der Entziehung an seinen Platz zurück zu kehren, so erfolgt eine Androhung ihn vom Rednerpult geleiten zu lassen und notfalls bei weiterer Störung der Verweis von der Versammlung. Bezüglich dem daraus folgenden Hinweis und die Anmerkung an die Teilnehmer im Falle einer Unterbrechung sei auf die oben genannten Ausführungen hingewiesen.
Eine generelle Beschränkung der Rede- oder Fragezeit ist nur bei Ermächtigung in der Satzung möglich. Bei Anträgen eines Aktionärs auf Redezeitbeschränkung, Schließung der Rednerliste bzw. der Debatte sei angemerkt, dass diese Entscheidungen allein dem Versammlungsleiter obliegen.
Externe Störungen
Bei Bombendrohungen empfiehlt sich die Situation ernst zu nehmen und um die Gefahr für die Versammlungsteilnehmer zu gewährleisten, eine Unterbrechung zu veranlassen.
Im Falle sogenannter „schädigender Ereignisse“ wie zum Beispiel Rettungsmaßnahmen oder Ermittlungen von Behörden empfehlen sich ebenfalls eine Unterbrechung der Hauptversammlung und eine Fortsetzung nach Wegfall der Störung.
Auch besteht die Möglichkeit die Hauptversammlung zu stören, indem ein Aktionär Anträge, wie zum Beispiel einen Antrag auf Verschiebung der Hauptversammlung wegen zu hoher Temperaturen stellt. In diesem Fall kann der Vorsitzende als Leiter der Hauptversammlung entscheiden, ob darüber abgestimmt werden soll oder der Antrag abgewiesen wird.
Vorkehrungen
Vorkehrungen sind wegen der breiten Möglichkeit an Störungen schwer zu treffen. Der Schwerpunkt der Vorbereitungen auf Störungen sollte deshalb im organisatorischen Bereich liegen, sodass durch Sicherheitsmechanismen ein ordentlicher Versammlungsablauf gewährleistet werden kann. Dazu sind in jedem Fall Saaldiener erforderlich. Diese können als äußerstes Mittel die Störung, mit der Durchsetzung des Hausverbotes bewältigen und bei Bombendrohungen Evakuierungen einleiten.
Möglich ist jedenfalls auch zur Hauptversammlung auf zwei Tage einzuladen, um im Falle das Störungen über den Tag hinaus dauern, die Unwirksamkeit von […] zu verhindern.
Frankfurt am Main, den 17.05.2014 von Oliver Krautscheid
Mit dem Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) vom 31.7.2009 wurden rechtliche Vorgaben an die Vorstandsvergütung reformiert. Durch die Einfügung der Sätze 2 und 3 in § 87 Abs. 1 AktG wurde festgelegt, dass die Vorstandsvergütungsstruktur bei börsennotierten Aktiengesellschaften auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung auszurichten ist und damit einhergehend variable Vergütungsbestandteile auf einer mehrjährigen Bemessungsgrundlage fußen müssen. Die konkrete Ausgestaltung des Systems, also die Art und Weise, wie die geforderte Nachhaltigkeit der Verhaltensanreize geschaffen wird, überlässt das Gesetz dem Aufsichtsrat. Vorgegeben ist lediglich die mehrjährige Bemessungsgrundlage.
Nach einer Ausgestaltung als Bonus-Malus-System würde für das jeweilige Geschäftsjahr ein Teil der Vergütung einbehalten und erst mit nachhaltigem Erfolg ausgezahlt werden. Diese Konstellation ist für ein Vorstandsmitglied wenig attraktiv, da er im ersten Jahr seiner Tätigkeit einem Abzug in der Vergütung ausgesetzt ist. Aus Sicht des Vorstandsmitgliedes erscheint es vorzugwürdig, die volle verdiente variable Vergütung im jeweiligen Geschäftsjahr, unter einem Rückforderungsvorbehalt bei negativer Entwicklung, zu erhalten. Es gibt Stimmen, die diese Konstellation für nicht zulässig erachten, denn so trage die Gesellschaft das Risiko einer späteren Durchsetzung der Rücktrittsforderung. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass dies allenfalls eine Gefahr dieser Konstellation darstellt, aber nicht gleich zu dessen Unzulässigkeit führt. Darüber hinaus bleibt der Gesellschaft immer noch die Möglichkeit zur Aufrechnung gegen Ansprüche des Vorstandsmitgliedes.
Die Gestaltung als Bonus-Malus-System erfüllt die Anforderungen des § 87 Absatz 2 Sätze 2 und 3 AktG in Hinblick auf Mehrjährigkeit und Langfristigkeit. Die variable Vergütung ist dabei nicht als Abschlagszahlung, sondern als Teil der dem Vorstandsmitglied zustehenden, festgesetzten Vorstandsbezüge anzusehen. Damit fehlt es bei der Auszahlung an einer Entnahme i.S.d. § 89 Abs. 4 AktG und es müssen demnach nicht die Voraussetzungen des Abs. 1 eingehalten werden. Bei dem Modell Bonus-Malus mit Rückforderungsvorbehalt ergibt sich beim Ausscheiden des Vorstandsmitgliedes ein Nachlauf der Vergütung. Daher sollte der Aufsichtsrat eine abschließende Regelung, zu der noch unter dem Vorbehalt der Rückforderung stehenden variablen Vergütungsteile treffen. Bei dieser Entscheidung ist das Aufsichtsratsmitglied nicht völlig frei. Es hat im ersten Schritt eine grobe Prognose über die Zielerreichung zu erfolgen und in einem zweiten Schritt kann dann nach einer Regelung, sowohl für die reguläre als auch für die vorzeitige Beendigung des Anstellungsvertrages, getroffen werden. Eine Abrechnung im Zeitpunkt des Ausscheidens ohne Berücksichtigung des Bonus-Malus-Systems würde dazu führen, dass die Vorstandsmitglieder in den letzten Jahren ihrer Amtszeit ganz überwiegende variable Vergütungskomponenten mit nur kurzfristiger Anreizwirkung erhielten. Für den Abschluss und die Verlängerung von Anstellungsverträgen ist hinsichtlich der darin enthaltenen Vergütungsbestimmungen der Aufsichtsratsplenum zuständig. Konkrete Vergütungsentscheidungen resultierend aus dem Anstellungsvertrag sind ebenfalls vom Aufsichtsratsplenum zu beschließen, soweit es nicht um das Ergebnis einer rechnerischen Ermittlung geht, sondern als Entscheidung basierend auf ihren Ermessensspielraum. Gleiches gilt für die Festlegung der Zielvereinbarung. Die Ziele für eine variable Vergütungskomponente können vorab im Anstellungsvertrag oder in einer separaten Vereinbarung separat vertraglich geregelt werden. Dabei kann die Festlegung der Zielvereinbarung, als Vorschlag, also rechtlich unverbindlich, allein vom Aufsichtsratsvorsitzenden getroffen werden. Die Zielvereinbarung ist aber erst mit Beschluss des Aufsichtsratsplenums am Ende des Geschäftsjahres rechtlich verbindlich. Erst dann entsteht der Anspruch des Vorstandsmitglieds auf Auszahlung. Darauf sollte das Vorstandsmitglied hingewiesen werden um eventuelle Schadensersatzansprüche zu vermeiden. Eine von einem Aufsichtsratsausschuss getroffener Beschluss über eine Vergütungsentscheidung ist wegen des Delegationsverbotes nach § 107 Abs.3 Satz 3 AktG nichtig. Der Verstoß gegen das Delegationsverbot begründet für die Aufsichtsratsmitglieder eine Schadensersatzpflicht gegenüber der Gesellschaft. Allerdings kann es aufgrund einer zulässigen nachträglichen Genehmigung an einem ersatzfähigen Schaden der Gesellschaft fehlen.
Frankfurt am Main, den 10.05.2014 von Oliver Krautscheid
Die Effizienzprüfung ist weit verbreitet als Kontrollinstrument der Aufsichtsratsarbeit. Es soll die Arbeit des Aufsichtsratsgremiums intensiv untersucht werden und konkret die Arbeitsweise des Gremiums und seiner Ausschüsse durchleuchtet werden. Empfohlen wird regelmäßig alle zwei Jahre eine solche Prüfung durchzuführen. Initiator für die Durchführung einer Effizienzprüfung ist bei 75 % aller Unternehmen der Aufsichtsratsvorsitzende. Alle Aufsichtsratsmitglieder können sich aktiv am Prozess beteiligen und so den inhaltlichen Schwerpunkt beeinflussen. Häufigstes verwendetes Format bei der Durchführung einer Effizienzprüfung ist der Fragebogen mit 81 %, dahinter liegt mit 71 % die offene Diskussion über die Aufsichtsratsarbeit im Gesamtgremium. Bei der inhaltlichen Ausgestaltung sind zahlreiche Themen denkbar. Dabei kann zunächst nach Ebenen differenziert werden: Gesamtgremium, einzelne Ausschüsse und die individuellen Aufsichtsratsmitglieder, wobei der Fokus dabei auf der Ebene des Gesamtgremiums bzw. auf der Ebene der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder liegt. Mögliche inhaltliche Schwerpunkte auf der Gesamtaufsichtsratsebene mit hoher Relevanz sind unter anderem: Zusammenarbeit mit Wirtschaftsprüfern (88 %), Informationsversorgung durch den Vorstand (87 %), Qualität der Diskussion im Aufsichtsrat (75 %), Zusammenwirken von Vorstand und Aufsichtsrat bei der Strategiefestlegung (73 %), Offenheit bei gemeinsamen Sitzungen von Vorstand und Aufsichtsrat (72 %), Organisation des Aufsichtsrates und des Sitzungsablaufs (71 %), Selbstverständnis des Aufsichtsratsvorsitzenden (71 %) und auch die fachliche Diversität im Aufsichtsrat (68 %). Diese Aufzahlung ist nicht abschließend.
Aus den Ergebnissen der Effizienzprüfung sollten klare Handlungsempfehlungen resultieren, welchen dann auch umgesetzt werden. Nur so können die gewonnenen Erkenntnisse effektiv genutzt werden und bleiben nicht fruchtlos. Voraussetzung dafür ist eine ausführliche und kritische Auseinandersetzung mit den Ergebnissen. Aufsichtsräte sollten darauf achten, dass die Empfehlungen der Effizienzprüfung und die daraus zu erfolgenden Handlungen für die zukünftige Aufsichtsratsarbeit systematisch erfasst werden, so dass sich deren Umsetzung überprüfen lässt.
Frankfurt am Main, den 10.05.2014 von Oliver Krautscheid
Der Aufsichtsrat hat bei der Frage der Vorstandshaftung gemäß §§ 111 Abs.1, 112 AktG neben personellen und organisatorischen Maßnahmen, auch die Obliegenheit im Namen der Gesellschaft eventuelle Schadensersatzansprüche gegen Mitglieder des Vorstandes nach § 93 Abs.2 Satz 1 AktG durchzuführen. Da die Anforderungen an das Tätigwerden des Aufsichtsrates nicht konkretisiert sind, bedürfen haftungsrelevante Sachverhalte besonderer Aufmerksamkeit, da sonst die Gefahr für den Aufsichtsrat besteht, selbst Schadensersatzansprüche gemäß § 116 Satz 1 i.V.m. § 93 Abs. 2 AktG ausgesetzt zu sein. Zur Prüfung, ob Schadensersatzansprüche geltend zu machen sind, gibt es dennoch, aus den Ausführungen des BGH-Urteils (ARAG/ Garmenbeck-Urteil vom 21.4.97 – II ZR 175/95) abgeleitete, konkret in Erwägung zu ziehende Punkte. Danach wird die Beantwortung der Frage, nach der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches, mittels einer zweistufigen Prüfung durchgeführt.
Auf erster Stufe wird geprüft, ob in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ein Schadenersatzanspruch nach dem AktG besteht und ob dieser hinsichtlich des Prozessrisikos und der Betreibbarkeit der Forderung durchsetzbar ist. Im Rahmen der Prozessrisikoanalyse obliegt dem Aufsichtsrat, neben der diesbezüglichen Darlegungs- und Beweislast, auch den etwaigen Einfluss anderweitiger Behörden- oder Gerichtsentscheidungen zu berücksichtigen. Eine gerichtliche Klagezulassung löst somit eine vertiefte Ermittlungspflicht des Aufsichtsrates aus. Die Feststellung der Betreibbarkeit der Forderung unterliegt derweil praktischen Problemen. Denn die Solvenz eines Vorstandsmitgliedes oder das Eingreifen einer D& O -Versicherung kann der Aufsichtsrat nur schwer beantworten. Es erfolgt in der Hinsicht, eine auf die dem Aufsichtsrat vorliegenden Informationen gestützte Prognosentscheidung.
Auf zweiter Stufe erfolgt dann eine Abwägung, ob nicht ausnahmsweise von einer Anspruchsverfolgung abgesehen wird. Denn der Aufsichtsrat hat die Verpflichtung stets im Unternehmensinteresse zu handeln, sodass in gewissen Konstellationen, wenn Interessen und Belange der Gesellschaft entgegenstehen, ein Unterbleiben der Anspruchsverfolgung geboten sein kann. Die Entscheidung hat der Aufsichtsrat letztendlich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen.
Anhaltspunkte für das Vorliegen von Sorgfaltspflichtverletzungen können sich z.B. aus dem Inhalt der Regelberichte, den mündlichen Erörterungen in der Sitzung, Hinweisen des Wirtschaftsprüfers, Aussagen des Lageberichts, Anmerkungen von Mitarbeitern der Gesellschaft, aber auch aus öffentlich bekannten Tatsachen oder privaten Hinweisen von dritter Seite ergeben.
In Bezug auf die Ermittlungspflicht ist nicht der Maßstab der StPO anzulegen und ein hinreichender Tatverdacht nach § 203 i.V.m. 170 Abs. 1 StPO zu fordern. Es bedarf lediglich eines sogenannten Anfangsverdachts, d.h. eine gewisse, wenn auch noch geringe Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines entsprechenden Pflichtverstoßes. Diese Wahrscheinlichkeit soll bei plausiblen Informationen eines glaubwürdigen Dritten gegeben sein. Vermutungen an sich reichen allerdings nicht aus, es sei denn, dass bereits die als wahr unterstellte Vermutung, geeignet ist, der Gesellschaft gravierende nachteilige Folgen zu zufügen.
Der konkrete Prüfungsumfang einer Schadensersatzpflicht ist eine Frage des Einzelfalls. Die Beantwortung der Frage hängt insbesondere vom Gewicht des potentiellen Fehlverhaltens und den Folgen für die Gesellschaft ab.
Sollte einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern Schadenersatz begründende Umstände bekannt werden, so ist umgehend der gesamte Aufsichtsrat zu informieren. Darüber hinaus kann sich der Aufsichtsrat zur Ermittlung der Schadensersatz begründenden Umstände eines Aufsichtsratsausschussen, sog. litigation committee bedienen. Bei der Organisation und Koordinierung der Überprüfung etwaiger Schadensersatzansprüche kommen dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates eine herausgehobene Funktion zu.
Seiner Pflicht zur Sachverhaltsfeststellung kann der AR nur gerecht werden, wenn er bezüglich seiner Berichts- und Einsichtsrechten, über ein entsprechendes Informationsniveau verfügt, dass ihm die Beurteilung der Sachlage ermöglicht. Der Vorstand ist daher nicht nur verpflichtet, das Einsichts- und Prüfungsrecht des Aufsichtsrates zu dulden, sondern er muss vielmehr diesem die Durchführung seines Auftrages ermöglichen und erleichtern.
Bei der Wahl des Mittels, also dem wie der Pflichterfüllung, steht dem Aufsichtsrat grundsätzlich ein Ermessen zu. Dieses unterliegt allerdings seiner Verpflichtung stets im Unternehmensinteresse zu handeln. Daher ist die Wahl an dem jeweiligen Verdachtsgrad und den eventuellen Folgen für die Gesellschaft auszurichten.
Zulässiges Mittel kraft Gesetz sind neben der persönlichen Befragung der betroffenen Vorstandsmitglieder, die Berichte des Vorstands an den Aufsichtsrat und die vom Abschlussprüfer der Gesellschaft geprüften Jahresabschlüsse nebst Konzernabschlüssen sowie den dazu gehörigen Berichten des Abschlussprüfers gemäß §§ 316 ff. HGB.
Sofern sich durch die gesetzlich zulässigen Mittel ein konkreter Verdachtsmoment nicht ausschließen lässt, sind weitere Prüfungsmaßnahmen vorzunehmen. Denkbar sind Maßnahmen wie z.B. die persönliche Befragung des Abschlussprüfers oder von Mitarbeitern. Auch die Hinzuziehung (externer) Berater ist denkbar. § 111 Abs. 2 AktG bietet dafür die Rechtsgrundlage. Dies resultiert daraus, dass dem Aufsichtsrat die Möglichkeit gegeben sein muss, sich gerade bei komplexen und unklaren Sachverhalten zur optimalen Erfüllung seiner Aufgabe besonderer Sachverständiger zu bedienen.
Dabei ist eine restriktive und diskrete Vorgehensweise gefragt um die Vertrauensbasis zum Vorstand weitgehend zu erhalten. Diese Maßnahmen verstehen sich als Sonderuntersuchungen, interne Ermittlungen oder auch Internal Investigations genannt. Sie erfordern einen entsprechenden Aufsichtsratsbeschluss.
Frankfurt am Main, den 10.05.2014 von Oliver Krautscheid
Die Überwachung der Geschäftsführung ist gemäß § 111 Absatz 1 AktG Aufgabe des Aufsichtsrates. Am 26. Juli 2002 ist das Transparenz- und Publizitätsgesetz (TransPuG) mit dem Ziel, die Transparenz der Unternehmensführung und -überwachung zu erhöhen in Kraft getreten. Im Zuge dessen verpflichtet der Gesetzgeber den Aufsichtsrat mit § 111 Absatz 4 Satz 2 AktG zu einer aktiveren Rolle. Neben einer ex-post Überwachung tritt mit dem Erlass von Zustimmungsvorbehalte eine ex-ante Kontrolle. Das mit den Zustimmungsvorbehalten einhergehende Vetorecht ist ein zentrales Kontrollinstrument der Corperate Governance.
Zustimmungsvorbehalte können in der Geschäftsordnung für den Vorstand aufgenommen werden. Nach der Regierungsbegründung zum TransPuG sind die Zustimmungsvorbehalte obligatorisch. Soweit die Hauptversammlung keine Zustimmungsvorbehalte in die Satzung aufnimmt, ist der Aufsichtsrat gefragt. Dabei ist zu beachten, dass die Zustimmungsvorbehalte für bestimmte Arten von Geschäften festgelegt werden. Die Vorbehalte müssen hinreichend bestimmt sein. Allgemein gehaltene, generalartige Klauseln wie etwa alle „bedeutenden Geschäfte“ sind unzulässig, weil sie zu unbestimmt sind. Gesetzliche Regelungen welche Geschäfte dem Zustimmungsvorbehalt unterliegen gibt es nicht. Nach geltendem Recht darf die Satzung den Aufsichtsrat jedenfalls nicht zum Geschäftsführungsorgan aufwerten. Allerdings muss der Aufsichtsrat um seine Aufgabe ordnungsgemäß nachzukommen vorhersehen, welche Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstands der Gesellschaft zum Verhängnis werden können. Dies kann er nur, wenn er seine Befugnisse auf die Verhältnisse der Gesellschaft zuschneiden darf. Das Kontrollinstrument hat aber dort seine Grenzen auf, wo der Vorstand im Routinegeschäft in seiner ihm nach § 76 AktG eingeräumten Befugnis zur selbstverantwortlichen Leitung der Gesellschaft eingeschränkt werden soll. Zustimmungsvorbehalte dürfen daher nur für bedeutende Angelegenheiten angeordnet werden, insbesondere bei fundamentalen Veränderungen der Vermögens-, Finanz-, und Ertragslage. Geschäfte des täglichen Lebens scheiden somit aus.
Zustimmungsvorbehalte werden nach ihrer rechtlichen Innen- und Außenwirkung unterschieden. Der Vorstand darf vor Erteilung der Zustimmung das zustimmungspflichtige Geschäft nicht vornehmen, aber er kann. Das Rechtsgeschäft entfaltet, mit Ausnahme der Fallgruppen zu § 242 BGB, Außenwirkung, denn die Versagung der Zustimmung durch den Aufsichtsrat betrifft nur das Innenverhältnis und stellt folglich eine Pflichtverletzung des Vorstandes gemäß § 82 Abs.2 AktG dar. Diese Pflichtverletzung ist ein wichtiger Grund zum Widerruf der Bestellung darstellt und berechtigt zur fristlosen Kündigung des Dienstvertrages. Dies gilt auch in Eilfällen, da gerade in Hinblick auf die Zulässigkeit fernmündlicher Beschlussfassungen und schriftlicher Stimmabgabe im Aufsichtsrat, eine Unzumutbarkeit der Einholung nicht gegeben sein wird. Nur wenn die Entscheidung keinen Aufschub duldet und die fernmündliche oder schriftliche Beschlussfassung zu spät käme, kann der Vorstand ausnahmsweise ohne Zustimmungsvorbehalt handeln. Dann ist er aber verpflichtet, den Aufsichtsrat umgehend zu informieren und nachträglich eine Genehmigung einzuholen. Liegen die Voraussetzungen der Ausnahmekonstellation vor, darf der Aufsichtsrat diese nicht verweigern. Die Satzung sollte entsprechende Regelungen für den Eilfall aufnehmen.
§ 111 Absatz 4 Satz 3 AktG regelt den Fall, wie bei Konflikten zwischen Aufsichtsrat und Vorstand mit dem Zustimmungvorbehalt hinsichtlich Anwendung und Reichweite, vorzugehen ist. Verweigert der Aufsichtsrat seine Zustimmung zu einer Geschäftsführungsmaßnahme, so der Vorstand verlangen, dass die Hauptversammlung über die Zustimmung beschließt. Der Vorstand muss dann die Zustimmung zum Tagesordnungspunkt auf der Hauptversammlung machen.
Frankfurt am Main, den 10.05.2014 von Oliver Krautscheid
Die Anforderungen an Aufsichtsratsgremien und deren Mitglieder sind hoch. Allerdings existieren nur sehr wenige Leitlinien, die eine praktische Hilfestellung für die Organisation der Umsetzung der verschiedenen Vorgaben geben.
Die Financial Experts Association e.V. (FEA) erarbeitet zusammen mit dem Deutschen Institut für Normen (DIN) spezifizierte Leitlinien für Geschäftsprozesse in Aufsichtsräte. Im Rahmen dieses Standardisierungsprojekts soll eine eindeutige Hilfestellung für Aufsichtsratsprozesse gegeben werden. Aus dem Projekt resultiert die DIN Spec 33456. Die DIN Spec ist eine nach dem sog. PAS-Verfahren öffentlich verfügbare Spezifikation, die Systeme und Prozesse beschreibt. Mit der Hilfe der DIN Spec sollen für den ordnungsgemäßen Betrieb der Aufsichtsratsfunktion notwendige Geschäftsprozesse identifiziert und im Rahmen einer Spezifikation als „Good / Best Practice“ in einer verbreiteten Geschäftsprozessmodellierungssprache dokumentiert werden. Damit wird ein Referenzmodell für die wichtigsten Prozesse als Empfehlung für einen ordnungsgemäßen Betrieb der Aufsichtsratsaufgaben geschaffen. Für die Unternehmen soll dabei ausreichend Freiheit und Flexibilität für eine individuelle unternehmerische Anpassung gewährleistet werden. Die Standards richten sich sowohl an die Aufsichtsräte von Kapitalgesellschaften, als auch an mittelständische und öffentliche Unternehmen sowie Familienunternehmen und Stiftungen.
Derartige Leitlinien bringen eine handhabbare Möglichkeit zur Automatisierung und Optimierung bestimmter Überwachungsroutinen mit sich, sie erleichtern die Überprüfbarkeit der Arbeit von Aufsichtsgremien und reduzieren das Risiko von Sorgfaltspflichtverletzungen sowie von Haftungs- und Reputationsrisiken. Ferner sind sie eine Effizienzsteigerung der Überwachungstätigkeit von Aufsichtsratsgremien in Hinblick auf Zeit und Kosten.
Inhaltlich wird der DIN Spec 33456 Standard die folgenden Prozesse spezifizieren:
Frankfurt am Main, den 10.05.2014 von Oliver Krautscheid
Unter Compliance versteht man die Einhaltung aller Gesetze, Verordnungen, Richtlinien, vertraglichen Verpflichtungen und freiwillig eingegangene Selbstverpflichtungen, durch Unternehmen, ihren Organmitgliedern und Mitarbeitern. Für viele Unternehmen stellt sich die Frage, wie Compliance im Allgemeinen sichergestellt und Korruption im speziellen in den Unternehmen wirksam und nachhaltig verhindert werden kann. Compliance ist einer der wichtigsten Bestandteile eine guten Corperate Governance und damit zentrale Aufgabe des Vorstandes als oberste Unternehmensebene. Der Vorstand hat eine umfassende Leitungsfunktion in der Unternehmensführung. Das Handeln eines jeden Vorstandsmitgliedes muss im umfassenden Sinne rechtskonform, sprich compliant sein. Es ist seine Aufgabe ein effizientes Compliance Systeme zu schaffen, um Risiken frühzeitig zu ermitteln und darauf zu achten, dass diese Organisation auf Schadensprävention und Risikokontrolle angelegt ist. Es kommt ihm folglich, die umfängliche Verantwortung der Gewährleistung und Rechtsbefolgung durch das Unternehmen, seine Organmitglieder und Mitarbeiter zu.
Das Urteil des LG München vom 10.12.2013 – 5HK O 1387/10 befasst sich mit dem Gegenstand der Compliance Pflicht, der Organisationsverantwortung des Vorstandes und bezüglich den Sorgfaltsmaßstäben bei Anhaltspunkten für Compliance Verstöße. Grundlage für die Entscheidung waren Mängel in der Compliance Organisation der Siemens AG in Bezug auf schwarze Kassen und Scheinberaterverträge.
Grundlage der Compliance Pflicht ist die Legalitätspflicht des Vorstands. Im Rahmen seiner Legalitätspflicht hat ein Vorstandsmitglied dafür Sorge zu tragen, dass das Unternehmen so organisiert und beaufsichtigt wird, dass keine Gesetzesverstöße wie Schmiergeldzahlungen an Amtsträger eines ausländischen Staates oder an ausländische Privatpersonen erfolgen. Jeder Rechtsverstoß im Außenverhältnis stellt sogleich eine Pflichtverletzung des Vorstands im Innenverhältnis dar. Davon erfasst sind eben auch ausländische Rechtsvorschriften. Allerdings folgt diese Verpflichtung nicht aus der Legalitätspflicht, wenn diese nicht innerstaatlich unmittelbar anwendbar sind, sondern in dem Fall aus der allgemeinen Sorgfaltspflicht des Vorstandes, die Interessen der Gesellschaft zu wahren und Schaden von ihr fernzuhalten.
Die Organisationsverantwortung des Vorstandes resultiert aus der Leitungsverantwortung gemäß § 76 Abs.1 AktG verbunden mit der Legalitätspflicht. Danach hat der Vorstand die Verantwortung Gesetzesverletzungen zu verhindern und regelwidriges Verhalten aufzudecken bzw. zu ahnden. Dieser Organisationspflicht genügt der Vorstand grundsätzlich nur wenn er eine auf Schadensprävention und Risikokontrolle angelegte Compliance Organisation einrichtet. Bei der Ausgestaltung kommt ihm ein weites Ermessen zu.
In Bezug auf Sorgfaltsmaßstäbe bei Anhaltspunkten für Compliance- Verstöße bzw. Kenntnis von tatsächlichen Verstößen gibt es klare Leitlinien. Der Vorstand hat zunächst die Pflicht geeignete Maßnahmen zur Aufklärung und Untersuchung des Sachverhalts, sowie zur Einstellung etwaiger Verstoße zu ergreifen. Bei Bestätigung des Verdachts ist der Vorstand zur Ahndung der betroffenen Mitarbeiter verpflichtet. Dann hat er kein Entschließungsermessen, also bezüglich des ob des Einschreitens. Hinsichtlich des wie, kommt ihm unter Beachtung seiner Verpflichtung auf das Unternehmenswohl ein Ermessensspielraum zu. Inhalt und Intensität richten sich dabei nach dem Ausmaß der Rechtsverletzung und den damit verbundenen Risiken für das Unternehmen.
Mit dem Prinzip der Gesamtverantwortung des Vorstandes, welches sich aus dem Bereich der Geschäftsleitungsaufgabe gemäß § 76 Abs. 1 AktG ergibt, haben sich Vorstandsmitglieder auch der Rechtmäßigkeit des Handelns ihrer Vorstandskollegen zu versichern. Für Defizite in diesem Bereich haftet jedes Vorstandsmitglied.
Eine Delegation, der mit der Schaffung eines Compliance System stehenden Aufgaben, an ein ressortverantwortliches Vorstandsmitglied oder auf eine nachgelagerte Unternehmensebene, ist soweit der Geschäftsleitungsbereich betroffen ist, ausgeschlossen. Vorbereitung und Ausführung, der vom Gesamtvorstand zu treffenden Entscheidungen bzw. Kontrollhandlungen, können im Rahmen der Ressortverteilung auf ein einzelnes Vorstandsmitglied übertragen werden. Der Gesamtvorstand ist dann dennoch für die Überwachung verantwortlich. Gleiches gilt wenn das Vorstandsmitglied sich bezüglich der delegationsfähigen Ausarbeitung von Entscheidungsvorschlägen einer nachgelagerten Unternehmensebene bedient. Es hat dann neben der reinen Überwachungstätigkeit auch die Pflicht die Vorschläge im Einzelnen zu überprüfen.
Für die Schaffung von effektiven Kontroll-, Berichts- und Eskalationsmechanismen ist sicherzustellen, dass die Berichtserstattung bis auf die Ebene des Gesamtvorstandes erfolgt. Denn nur bei Kenntnis ist der Gesamtvorstand in der Lage entsprechend zu agieren. Dazu sind anlassbezogene und regelmäßig quartalweise Berichte notwendig. Denn fehlende Berichtswege stellen bereits eine Pflichtverletzung des Gesamtvorstandes dar.
Frankfurt am Main, den 26.04.2014 von Oliver Krautscheid
Aufsichtsratsmitglieder sind für die Überwachung der Führung des Unternehmens durch den Vorstand verantwortlich. Dabei sind sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zur Wahrung der Unternehmensinteressen und damit dem Interesse aller Aktionäre verpflichtet. Eine unabhängige Amtsführung ist daher ein zentrales Element einer guten Corperate Governance. Die Unabhängigkeit zielt auf die Gewährleistung einer objektiven, unvoreingenommenen sowie unbefangenen Prüfung und Verfolgung des Unternehmensinteresses ab. Es soll verhindert werden, dass Aufsichtsratmitglieder in zwiespaltige Situationen geraten, wodurch die Gefahr geschaffen wird durch eine Drucksituation oder aus unangemessener Rücksichtnahme auf eigene oder fremde Interessen, das Unternehmenswohl aus den Augen zu verlieren oder zu verletzen. In diesem Zusammenhang stellen Vorstandsabhängigkeit und Interessenabhängigkeit, aufgrund von Beeinträchtigungen, die sich durch eventuelle Loyalitäts- oder Rollenkonflikte ergeben können, zwei Quellen für die potenzielle Gefährdung der Unabhängigkeit dar.
In Bezug auf die Vorstandsabhängigkeit ergeben sich Abhängigkeiten aus engen privaten Beziehungen von Aufsichtsratsmitgliedern zum Vorstand oder einzelnen seiner Mitglieder und insbesondere zum Vorstandsvorsitzenden. Dabei können familiäre oder vergleichbare Verbindungen vorliegen. Eine generelle Vorstandsunabhängigkeit soll Loyalitätskonflikte von vorneherein ausschließen. Daneben steht die Interessenabhängigkeit. Wenn über die Aufsichtsratstätigkeit hinaus, weitere Funktionen im Unternehmen wahrgenommen werden, bekleidet eine Personen verschiedene Rollen, die nicht unbedingt mit dem Unternehmensinteresse konform laufen, bzw. auch sich gegenüber gegenläufig sein können. Mit der Interessenunabhängigkeit soll daher verhindert werden das Partikularinteressen dem Unternehmensinteresse übergeordnet werden.
Unabhängigkeit und ihre Beurteilung
Einen Katalog mit Kriterien, wann ein Aufsichtsratsmitglied als abhängig gilt wurde nicht in den Deutschen Corperate Governance Kodex (DCGK) aufgenommen. Anhaltspunkte zur Präzisierung des unbestimmten Unabhängigkeitsbegriffs bieten aber unter anderem das Vorliegen von persönlichen sowie geschäftlichen Beziehungen. Bei persönlichen Beziehungen besteht die Gefahr, dass ein professionelles Kontrollverhältnis überlagert wird und sodann zum Beispiel bei entsprechenden Investitionsvorhaben keine kritische Hinterfragung mehr stattfindet, was zu einer Einbuße der Überwachungseffizienz führt. Geschäftliche Beziehungen umfassen dabei alle Arten ökonomischer Austauschverhältnisse. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um direkte oder indirekte Beziehungen handelt.
Daneben kann die Unabhängigkeit auch durch qualifizierte Interessenskonflikte entfallen. Bei einem qualifizierten Interessenskonflikt ist ein tatsächlicher Interessenskonflikt aufgrund der geschäftlichen Beziehung gar nicht erforderlich. Nach dem Kodex ist es ausreichend, wenn die entsprechende Geschäftsbeziehung einen Interessenskonflikt begründen kann. Es soll folglich der potentielle Interessenskonflikt bereits eine Unabhängigkeit entfallen lassen. Voraussetzung für den Wegfall der Unabhängigkeit ist allerdings zum einen, dass die geschäftliche Beziehung dauerhaft und nicht nur vorübergehend zu einem Interessenskonflikt führt und zum anderen muss es sich um einen wesentlichen Interessenskonflikt handeln. Wann ein Interessenskonflikt als wesentlich zu erachten ist, ist anhand einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln. Fraglich ist nur anhand welches Kriteriums die Betrachtung vorzunehmen ist. Der reinen Umsatz- oder Einkommensrelation zwischen Aufsitzratsmitglied und Gesellschaft soll dabei keine maßgebliche Bedeutung zukommen. Dem kann nur eine Indizwirkung zugesprochen werden. Vorzugsweise ist eine risikoorientierte Betrachtung vorzunehmen.
Beurteilungsperspektive für die Wesentlichkeit der Geschäftsbeziehung ist dabei sowohl die Sicht des Aufsichtsrates als auch der Gesellschaft, bei der die Aufsichtsratstätigkeit wahrgenommen wird. Als Zeitraum für die Betrachtung möglicherweise unabhängigkeitsgefährdender Beziehungen werden in etwa drei Jahre erachtet.
Frankfurt am Main, den 26.04.2014 von Oliver Krautscheid
Die Finanzkrise hat in Aufsichtsräten als Kontrollinstanz Schwachstellen aufgedeckt. Infolge der sich daraus ergebenen Erfahrungen haben sich seit dem Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) am 29. Mai 2009, die Anforderungen an die Zusammensetzung eines Aufsichtsrates erhöht. Mit § 100 Abs. 5 AktG sieht das Gesetz nun für kapitalmarktorientierte Gesellschaften im Sinne des § 264d HGB, ihn als festen Bestandteil des Aufsichtsrates vor. Den unabhängigen Finanzexperten. Damit soll die hohe Qualität der Aufsichtsratsarbeit, als wesentliche Voraussetzung für die Früherkennung unternehmerischer Irrwege, sichergestellt werden.
Er wird nicht als „Ober Finanzvorstand“ angesehen, sondern erfüllt seine Überwachungsaufgabe auf der persönlichen. Er muss nicht die Funktion des Vorstandes oder des Abschlussprüfers übernehmen. Er soll lediglich in der Lage sein, deren Angaben auf Plausibilität überprüfen. Es gehört zu seinen Aufgaben, die in § 107 Abs.3 Satz 2 AktG genannten Aufgaben und Prozesse aktiv zu verfolgen und die eigene Expertise zur Qualitätssteigerung einzubringen. Dazu ist ein sachverständiger Austausch mit dem Management unabdingbar. Bei seiner zugedachten Rolle kommt ihm allerdings organisationsrechtlich eine Sonderstellung zu. Der Finanzexperte ist die Schnittstelle zwischen dem Abschlussprüfer, der für den Aufsichtsrat wichtigster vorstandsunabhängiger Informant ist und dem Finanzvorstand. Bei der Abschlussprüfung hat der Finanzexperte zweckmäßigerweise den Vorsitz im Prüfungsausschuss inne. Neben der Überwachungspflicht des Prüfungsabschlusses zählt auch die kritische Bewertung des Einzel- und der Konzernabschlusses zu seinem Tätigkeitsfeld. Aus Sicht eines externen Abschlussprüfers ist der Finanzexperte ein besonders fachkundiger Gesprächspartner. Und auch gegenüber dem Finanzvorstand sollen sich mit ihm Gesprächspartner auf Augenhöhe begegnen.
Anforderungen an den unabhängigen Finanzexperten sind fachlich und persönlich nicht gesetzlich geregelt. Gefordert sind jedenfalls Unabhängigkeit und Sachverstand. Da es sich hierbei um unbestimmte Rechtsbegriffe handelt ist eine Auslegung erforderlich. Grundlage hierzu sind die Empfehlung der EU-Kommission vom 15. Februar 2005 und die Regierungsbegründung zum BilMoG. Über die Mindestanforderungen eines jeden Aufsichtsratsmitgliedes soll der Finanzexperte die Fachkenntnisse aufweisen, die für die Beurteilung komplexer Problemstellungen oder Geschäftsvorfälle ohne fremde Hilfe notwendig sind, sowie die die Fähigkeit, die vom Vorstand gegebenen Informationen kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls weitere Auskünfte einzuholen. [OLG München vom 28.04.2010 (23 U 5517/09)]
Mit der Unabhängigkeit des Finanzexperten ist eine geistige Unabhängigkeit gemeint, die sich durch eine innere Bereitschaft auszeichnet, Jahresabschlüsse und anderen Finanzinformationen nach bestem Wissen und Gewissen ausschließlich im Interesse der Gesellschaft frei von anderen Interessen zu kontrollieren. Aus Sicht der Praxis ist zudem eine finanzielle und zeitliche Unabhängigkeit erforderlich. Im Wesentlichen steht die Unabhängigkeit des Finanzexperten der Unabhängigkeit eines jeden anderen Aufsichtsratsmitglieds gleich, sodass er folglich in keiner geschäftlichen, familiären oder sonstigen Beziehung zu der Gesellschaft stehen darf, die ein Interessenskonflikt begründet, welche sein Urteilsvermögen beeinflussen könnte. Der Unabhängigkeit steht zum Beispiel entgegen, wenn ein ehemaliger Finanzvorstand, Vorsitzender des Prüfungsausschusses ist und seinerseits als Finanzexperte fungieren soll.
Mit Unabhängigkeit im Urteil und Integrität der Person als Grundvoraussetzung, sind grundsätzlich solche Personen geeignet, die sich beruflich intensiv mit der Rechnungslegung und/ oder der Abschlussprüfung befasst haben und befassen. Eindeutig entscheidend sind die Qualifikation und das Persönlichkeitsprofil, mithin erforderlich, dass ein breiter Erfahrungs- und Wissenshintergrund zur optimalen Bewältigung komplexer Sachverhalte vorhanden ist.
Frankfurt am Main, den 12.04.2014 von Oliver Krautscheid
Am 27. November 2013 hat sich die große Koalition entschlossen, das Vorhaben einer gesetzlichen Frauenquote in Aufsichtsräten, in den Koaliationsvertrag aufzunehmen. Von der Regelung betroffen wären börsennotierte sowie voll mitbestimmungspflichtige Unternehmen, also solche mit mehr als 2000 Arbeitnehmern in Deutschland. Dies sind in etwa 100 Unternehmen.
Im Folgenden findet sich eine Darstellung der aktuellen Entwicklungen.
EU- Kommissarin Viviane Reding setzte am 14.11.2013 ein Gesetzesentwurf zur Frauenquote für Europas börsennotierte Unternehmen im zweiten Anlauf bei der EU- Kommissiondurch. Danach sollen alle börsennotierten Unternehmen bis 2020 einen Frauenanteil von 40 % in ihren Aufsichtsräten aufweisen. Rund 5000 europäische Unternehmen wären von der neuen Regelung betroffen.
Die neuen Regeln sollen nicht für börsennotierte mittelständische Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern oder weniger als 50 Millionen Euro Jahresumsatz gelten. Sanktionen im Falle der Nichteinhaltung der Quote gibt es nicht. Strafen waren ursprünglich vorgesehen, wenn die Unternehmen bei der Berufung von Aufsichtsräten gegen „objektive“ Kriterien und gegen Transparenzregeln verstoßen. Dann sollten Maßnahmen wie Geldbußen, sowie die Annullierung der Wahl oder der teilweise Ausschluss von öffentlichen Aufträgen erfolgen. Von diesen Sanktionsmöglichkeiten wurde jedoch Abstand genommen. Damit ist die Frauenquote eine freiwillige Selbstverpflichtung.
Redings Vorschlag bedarf jedoch um vollgültiges Recht zu werden noch der Zustimmung vom Europaparlament und EU- Ministerrat.
Derzeitiger Stand der Diskussion um eine gesetzliche Frauenquote in Deutschland ist das Vorliegen von Leitlinien für ein „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“, ausgearbeitet von Familienministerin Manuela Schwesig und Justizminister Heiko Maas. Geplant ist derweil, dass das neue Gesetz im Wesentlichen folgende drei Komponenten aufweisen.
Nr. 1: Eine feste Quote von 30 % für die Aufsichtsräte von voll mitbestimmungspflichtigen und börsennotierten Unternehmen (etwa 100 Konzerne). Diese feste Quote soll für Aufsichtsräte anzuwenden sein, die ab dem Jahr 2016 neu besetzt werden. Wird die Quote nicht erreicht, sollen als Konsequenz die für das unterrepräsentierte weibliche Geschlecht vorgesehenen Stühle im Aufsichtsrat frei bleiben müssen.
Nr.2: Die verbindlich aber der Höhe nach flexible Selbstverpflichtung für börsennotierte oder mitbestimmungspflichtige Unternehmen (rund 3500 Firmen). Unternehmen sollen diese „verbindlichen Zielgrößen“ noch in der aktuellen Wahlperiode des Deutschen Bundestagserreichen und nicht nach unten berichtigen dürfen. Ausnahmen sind auch eingeplant. Branchen in denen typischerweise wenig Frauen arbeiten soll nicht abverlangt werden eine Quote von 30 % zu erfüllen. Diese Unternehmen müssten dann darlegen, warum sie die Quote verfehlt haben.
Nr.3: Des Weiteren ist eine Reform des Gleichstellungsgesetzes vorgesehen. Damit soll der Eindruck vermittelt werden, dass nicht mit zweierlei Maß gemessen wird. Die Vorgaben für die Wirtschaft sollen auch für den öffentlichen Dienst des Bundes gelten. Vom Bundesgleichstellungsgesetz sollen auch solche Unternehmen erfasst sein, an welche der Staat mit mehr als 50 % beteiligt ist- unabhängig davon, ob sie öffentlich-rechtliche oder privatwirtschaftliche Aufgaben wahrnehmen. Davon sind beispielsweise die Deutsche Bahn AG (100% Beteiligung) und die Fraport AG (51 % Beteiligung) betroffen.
Gegner der Frauenquote, wie unter anderem der Präsident des CDU-Wirtschaftsrates, Kurt Lauk, halten diese für reine Symbolpolitik. Das Geschlecht dürfe danach keinen Ersatz für eine richtige Qualifikation sein. Beispielhaft im negativen Sinne zeige der VW Konzern, dass eine Frauenquote dann auch schnell mal zur Ehefrauenquote werden kann. Noch eher aus gesellschaftlichem Druck als gesetzlicher Verpflichtung wurde eine Frau in den Aufsichtsrat des Konzerns berufen. Und zwar die Ehefrau von Ferdinand Piëch, dem Chef des Europas größten Autobauers, Ursula Piëch. Dieser Schritt wurde in diesem Falle jedoch nicht aus großzügiger, frauenfreundlicher Unternehmenspoltik vorgenommen, sondern um die Machtverhältnisse im Unternehmen zu sichern und das Unternehmen über den Tod von Ferdinand Piëch hinaus in der Familie zu halten. Die nicht vorzuweisende Qualifikation von Frau Piëch ist in diesem Fall unbedeutend. Frauenquote als Konzernstrategie. So kann die Quote auch ad absurdum geführt werden.
Wenn das Geschlecht bei der Besetzung eines Gremiums entscheidend ist und damit die Herkunft anstatt der Leistung, so stellt dies jedenfalls ein Rückschritt zu einem mittelalterlichen Prinzip dar. Die Frauenquote als Denkansatz für eine andere Unternehmenspolitik ist jedoch sehr zu begrüßen.
Ob es wirklich eine gesetzliche Regelung dazu geben wird und wie diese dann konkret aussieht, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehen. Es bleibt abzuwarten.
Pro
Contra
Frankfurt am Main, den 12.04.2014 von Oliver Krautscheid
Der Abhängigkeitsbericht ist ein Bericht des Vorstands einer abhängigen Gesellschaft über die Beziehungen mit dem herrschenden Unternehmen oder einem mit ihm verbundenden Unternehmen nach §§ 312 ff. AktG.
Die Berichtspflicht obliegt einer Aktiengesellschaft, die von einem anderen Unternehmen abhängig ist und zwischen denen kein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag besteht.
Der Abhängigkeitsbericht ist ein Kontrollinstrument zum Schutz des Besitzstandes von Minderheitsaktionären sowie dem Schutz von Gläubigerinteressen von abhängigen Gesellschaften, aber er dient auch der Selbstkontrolle des Vorstandes der abhängigen Gesellschaft, welcher über sich selbst Rechenschaft über die Erfüllung seiner organschaftlichen Pflichten zum Schutz der abhängigen Gesellschaft ablegen soll. Erforderlich ist er, da der Gesetzgeber gemäß § 311 Abs. 1 AktG die Ausübung eines beherrschenden Einflusses gegenüber dem abhängigen Unternehmen nicht ausschließt. Der Gesetzgeber verpflichtet jedoch das herrschende Unternehmen, die dem abhängigen Unternehmen entstandenen Nachteile auszugleichen.
Voraussetzungen für die Berichtspflicht ist, dass das Unternehmen den Abhängigkeitstatbestand gemäß § 17 Abs.1 AktG erfüllt, das Unternehmen als AG oder KGaA geführt wird und der Unternehmenssitz im Inland liegt.
Beherrschender Einfluss wird bei einer mehrheitlichen Beteiligung von mehr als 50 % widerlegbar vermutet. Darüber hinaus kann eine Minderheitsbeteiligung beherrschenden Einfluss vermitteln, wenn die Beteiligung in der Hauptversammlung unter 50 % liegt und weitere Umstände tatsächlicher oder rechtlicher Art eine Abhängigkeit im Sinne von § 17 Abs.1 AktG begründen. Dies geht aus der BGH Entscheidung vom 15.12.2011; Az. I ZR 12/11 hervor, so dass ein beherrschender Einfluss trotz fehlender Mehrheitsbeteiligung vorliegen kann, wenn die abstrakte Möglichkeit einer beständigen und umfassenden gesellschaftsrechtlich vermittelten Einflussnahme besteht.
Dies ist der Fall, wenn an der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft lediglich 50 % des Aktionärkreises tatsächlich teilnimmt und somit die weit unter 50 % liegende Beteiligung eines Minderheitsaktionärs ausreicht, um allein für einen längeren Zeitraum Beschlüsse mit einfacher Mehrheit durchzusetzen. Die faktische Hauptversammlungsmehrheit liegt sodann bei einem Unternehmeraktionär, der mit einer Sperrminorität von beispielsweise 28 % tatsächlich nur eine Minderheitsbeteiligung aufweist.
Sollte der Minderheitsbeteiligte seine faktische Handlungsmehrheit verlieren, so ist auch durch personelle Verflechtungen mit Aufsichtsratsmitgliedern an eine beherrschende Stellung zu denken. Diese allein reichen für die Begründung der Abhängigkeit jedoch nicht aus, sondern verstärken lediglich die bestehende Position als Minderheitsgesellschaft.
Die Abhängigkeit der AG von dem Minderheitsgesellschafter kann jedoch durch die Unterstützung Dritter im Aufsichtsrat unter der Voraussetzung begründet werden, dass die Mitwirkung Dritter abgesichert ist. Die Unterstützung des Dritten darf nicht zufällig auftreten, sondern muss auf ausreichend sicherer Grundlage von vornherein und beständig gesichert sein. Eine derartige Absicherung kann auf vertraglicher Grundlage z.B. belegt durch das tatsächliche Verhalten des betroffenen Mitglieds in der Vergangenheit, beruhen.
In der Vergangenheit unterlassene Abhängigkeitsberichte sind nachzuholen. Aktionäre und Gläubiger sind berechtigt, die Erstellung eines Abhängigkeitsberichtes zwangsweise durchzusetzen, sofern sie ein rechtliches Interesse vorweisen können. Ein solches besteht jedenfalls bis zum Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche aus §§ 317, 318 AktG. Die nachträglichen Abhängigkeitsberichten können für die Durchsetzung von Ansprüchen nach §§ 317, 318, 93 AktG dienlich sein.
Außenstehende Aktionäre und Gläubiger der abhängigen Gesellschaft können allerdings weder die Herausgabe noch die Einsicht in den Abhängigkeitsbericht verlangen. Der Abhängigkeitsbericht ist vertraulich. Dieser Bericht ist lediglich für den Abschlussprüfer (§ 313 AktG) und den Aufsichtsrat (§ 314 Abs.1 S.1 AkG) bestimmt. Nur die Schlusserklärung des Vorstandes gemäß § 312 Abs.3 AktG wird veröffentlicht. Der Aufsichtsrat muss den Abhängigkeitsbericht eingehend prüfen und in der Hauptversammlung über das Ergebnis Bericht erstatten und dort auch den Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers aufnehmen bzw. dessen Versagung mitteilen (§ 314 Abs.2 S.3 AktG). Bestehen Einwendungen so verbleibt jedem Aktionär die Möglichkeit eine Sonderprüfung zu beantragen (§315 AktG). Durch dieses Vorgehen erhält jeder Aktionär auf Verlangen eine Abschrift des Sonderprüfungsberichts.
Frankfurt am Main, den 09.04.2014 von Oliver Krautscheid
Die neuste Rechtssprechungsänderung durch die Frosta- Entscheidung des BGH vom 8.10.2013, II ZB 26/12 bringt zwei grundlegende Änderungen mit sich. Zum einen braucht reguläres Delisting, sowie Downgrading fortan keinen Hauptversammlungsbeschluss mehr und zum anderen fällt die Pflicht eines angemessenen im Spruchverfahren nachprüfbaren Abfindungsangebotes an die Aktionäre im Zuge eines regulären Delistings weg.
Der Emittent kann somit ohne Hauptversammlungsbeschluss die Zulassung der Aktien zum Handel an der Börse widerrufen. Ein Anspruch der Aktionäre auf eine im Spruchverfahren nachprüfbare Barabfindung in Höhe des Verkehrswertes gibt es nicht mehr. Damit wurden die Grundsätze der alten Macrotron- Rechtsprechung des BGH vom 25.11.2002 zum Delisting, die beides vorsahen aufgegeben. Die Entscheidung eines Delistings oder Downgradings ist nur eine reine Geschäftsführungsmaßnahme, wie sich actus contrarius mangels Aufnahme in den Katalog der Hauptversammlungskompetenzen in § 119 Abs.1 AktG ergibt. Ferner geht mit der Delisting-Entscheidung auch kein Mediatisierungseffekt einher, der eine ungeschriebene Alleinzuständigkeit der Hauptversammlung begründen würde. Als Geschäftsführungsmaßnahmen können Delisting und Downgrading allerding ggfs. der Zustimmung des Aufsichtsrates gemäß § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG unterliegen, deren Voraussetzungen allein durch die BörsG und die Börsenordnungen bestimmt werden.
Folglich hat der Emittent in Zukunft lediglich die kapitalmarktrechtlichen Vorgaben aus § 39 Abs.2 BörsG (potenzielles Risiko) zu beachten, wonach der Widerruf der Zulassung zum Handel im regulierten Markt nicht dem Schutz der Aktionäre widersprechen darf. Einzelheiten der Voraussetzungen und Ausnahmen sind in der jeweils geltenden regionalen Börsenordnung geregelt.
Früher wurde mit der Macrotron- Rechtsprechung des BGH vom 25.11.2002 vertreten, dass der Wert einer Aktie durch die Möglichkeit sie zu handeln geprägt ist.
Der Verkehrswert und die jederzeitige Möglichkeit seiner Realisierung seien Eigenschaften des Aktieneigentums, die wie dieses selbst verfassungsrechtlichen Schutz genössen. Daher war nach alter Rechtsprechung zum hinreichenden Schutz der Aktionäre durch Art. 14 Abs.1 GG, ein Hauptversammlungsbeschluss mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich und den Aktionären sollte ein Pflichtangebot durch die Gesellschaft oder Großaktionär gemacht werden, dass dem vollen Wert des Aktieneigentums entspricht und darüber hinaus in einem Spruchverfahren der gerichtlichen Kontrolle unterworfen ist.
Diese für Unternehmen erhebliche Hürde zur Durchführung eines Delisting, die aber zugleich auch dem Schutz des Aktieneigentums der Minderheitsaktionäre diente, wurde mit der neuen Rechtsprechung abgebaut. Der Wechsel eines Unternehmens in ein niedrigeres Börsensegment, wie den „Entry Standard“ (Frankfurt), den m:access (München), „Freiverkehr Plus“ (Stuttgart) oder in den regulären Freiverkehr, als auch die Realisierung eines Börsenrückzugs wurden infolgedessen unter formellen, zeitlichen und finanziellen Aufwand erheblich erleichtert.
Der Widerruf der Börsenzulassung ohne Hauptversammlungsbeschluss und Barabfindungszahlung stellt auch in beiden Konstellationen kein Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG dar. Denn zu dem geschützten Bestand von Art. 14 Abs.1 GG zählt nur die rechtliche Verkehrsfähigkeit, während die tatsächliche Handelbarkeit, also tatsächliche Verkehrsfähigkeit eine schlichte Ertrags- und Handelschance ist, die nicht vom Schutzbereich erfasst ist.
Als Schutz verbleibt den betroffenen Aktionären lediglich sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mit Widerspruch oder Anfechtungsklage gegen den Widerruf der Zulassung zu wehren.
Das derzeit bekannteste vom Delisting betroffene Unternehmen ist die Air Berlin AG, daneben stehen weitere Unternehmen, wie Solarpraxis AG, EPG AG, Schuler AG, Swarco Traffic Holding AG.
Frankfurt am Main, den 27.06.2013 von Oliver Krautscheid
Der Arbeitskreis Externe und Interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach- Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V (AKEIÜ) trägt folgende Vorschläge zur Verbesserung der Effektivität und Effizienz der Aufsichtsratstätigkeit in einer börsennotierten Aktiengesellschaft im Sinne einer best practice. DIE AKEIÜ gibt Empfehlungen in Bezug auf die Erreichung eines ausgewogenen Verhältnisses von Unabhängigkeit und Qualifikation sämtlicher Aufsichtsratsmitglieder. Darüber hinaus wird die Auswahl der Aufsichtsratsmitglieder, deren Arbeitsweise und die Beendigung der Aufsichtsratstätigkeit beleuchtet.